Studenten finden vor allem mithilfe des Stellenwerks gute Nebenjobs - ein Mindestlohn ist garantiert
Raya Ruppert kellnert, um sich ihr Studium zu finanzieren. Die 23-jährige BWL-Studentin hat einen Job direkt in Campusnähe gefunden. Mittendrin. Sie arbeitet in der Pony Bar - einem beliebten Treffpunkt für Studenten.
Christina hingegen hat es mehr ins Nachtleben gezogen. Das Motiv ist dasselbe: Geld. Dass Christina bei ihrem allerersten Versuch, ein Tablett mit fünf randvollen Cocktailgläsern durch eine singende Gruppe alkoholisierter Jugendlicher zu balancieren, mit einer guten Bilanz überstanden hat, das verrät sie gerne. Ihren richtigen Namen und ihr Foto möchte sie allerdings lieber für sich behalten. Es wäre ihr dann doch unangenehm, wenn die Kommilitonen sie in pinkfarbener Schürze und mit bierbefleckter Bluse sehen würden. Und wenn sich dann doch mal einer hierher verirren würde, in diesen viel zu lauten und viel zu großen Tanzklub, wie sie sagt, dann, nun dann wäre er oder sie ja immerhin selber Teil der mitgrölenden Masse.
Christina ist 23 Jahre alt, studiert Jura und muss jobben, um sich ihr Studium leisten zu können. Es ist ihr unangenehm, denn es geht ihr dabei um alles, nur nicht um Luxus, sagt sie und zieht ein paar schwere rot eingebundene Gesetzestexte aus ihrer Handtasche. "Das kostet eine Menge Geld." Und nicht nur die Gesetzestexte sind kostspielig: auch die monatliche Miete, die semesterfälligen Studiengebühren und das Leben hier in Hamburg allgemein. Besonders in der Gastronomie prägen die Studenten das Bedienungsbild. Um an ihren Job zu kommen, hat sich Christina einfach so beworben, ist von Klub zu Klub getingelt, immer lieber etwas außerhalb, nicht so gerne im Zentrum, und hat gefragt, ob man nicht irgendwo eine Kellnerin benötige.
Sie wurde benötigt. Acht Euro Stundenlohn bekommt sie jetzt, und arbeiten kann sie, wenn sie nicht lernen muss, nämlich nachts, und das sei "richtig gut", sagt sie.
Einen Studentenjob in Hamburg zu finden ist nicht schwer, berichtet Christina. Die Nachfrage sei groß, die Jobs sind ja meist befristet und nicht allzu gut bezahlt. Sie empfiehlt jedem, sich einfach zu bewerben - "ohne Lebenslauf und solchem Quatsch". Ein Studentenjob ist eben ganz unkompliziert. Neben Zeitungsannoncen und schwarzen Brettern gibt es in Hamburg für arbeitswillige Studenten auch ein ganz besonderes Angebot, das denselben Gesetzen der Einfachheit unterliegt: das Stellenwerk.
Das Stellenwerk ist ein Jobvermittlungsportal, welches alle Angebote für Studenten zentral sammelt und Interessierten einfach und problemlos zur Verfügung steht. "Der Gedanke dahinter entstand vor einigen Jahren, als die Universität darauf aufmerksam wurde, wie versteckt Jobangebote im Internet oftmals auf den Unterseiten oder bei einzelnen Fakultäten waren. Teilweise gab es Dopplungen, teilweise wurden die Angebote über Monate nicht aktualisiert", berichtet Ron Iden, Leiter des Stellenwerks. Man kam auf die Idee, alle Jobs zentral anzubieten. Das Geheimnis von Stellenwerk: Es funktioniert ganz einfach. Auf der Homepage kann man sich ohne Anmeldung durch die aktuellen Angebote klicken.
"Das Projekt wurde schnell zu einem riesigen Erfolg", berichtet Iden. Pro Tag gibt es mittlerweile bis zu 60 Jobangebote, die auf über 5000 Zugriffe von Interessierten kommen. Das Stellenwerk ist eine Unternehmung der Universität Hamburg Marketing GmbH. "Das hat den Vorteil, dass wir wissen, wie die Uni denkt und was sie braucht." So müssen sich etwa alle Anbieter von Jobs darauf verständigen, dass sie einen Mindeststundenlohn von 7,50 Euro bezahlen. "Und auch Praktika müssen grundsätzlich bezahlt werden. Wir finden das nur fair", sagt Iden.
Inserieren kann übrigens jeder. Ob Privatpersonen, die einen kleinen Job zu vergeben haben, oder ein großer Weltkonzern, der qualifizierte Absolventen sucht. "Gartenarbeit, Praktikant, Projektleiter - alles ist drin", sagt Iden. "Ab und zu gibt es auch unseriöse Jobangebote. Darum werden alle Anzeigen von uns gesichtet und erst dann freigeschaltet." Das wissen die Studenten zu schätzen. Besonders beliebt sind momentan Jobs, die eine Verbindung mit dem Studieninhalt haben. Nachhilfe zum Beispiel. Juristen jobben gern in Anwaltskanzleien, zukünftige Sportlehrer betätigen sich aktiv. "Und was immer geht, sind unsere Quickies", lacht Iden. "Jobs, die kurzfristig vermittelt werden, wenn man als Student mal schnell Geld braucht. Hilfe bei einem Umzug etwa. Ein Wochenende mit anpacken und schnelles Geld verdienen." Genau diese Sparte will das Stellenwerk künftig noch ausbauen. Die Jobs sollen mobil abrufbar werden. Noch schneller, noch einfacher.
Auch Christina nutzt das Stellenwerk. "Ich habe zwar einen Job, aber wenn ich mir am Wochenende durch Babysitten gelegentlich noch etwas dazuverdienen kann, nehme ich das gerne in Anspruch", sagt Christina. "Ich muss nur aufpassen, die 400-Euro-Marke nicht zu reißen." 400 Euro darf ein Student monatlich verdienen, ohne Steuern abführen zu müssen.
Überhaupt, die Steuern. Da gibt es viele Missverständnisse. Entgegen dem Klischee, ist der Student an sich nämlich nicht steuerbefreit. Sobald er mehr als 400 Euro verdiene, müsse auch er Steuern abführen, sagt Ute Mascher, selbstständige Steuerberaterin, vereidigte Buchprüferin und Präsidentin des Hamburger Steuerberaterverbandes. "Student sein ist kein Status an sich." Aber: Solange man vor dem Studentenleben noch keinen Job mit einem Verdienst über 400 Euro monatlich hatte, muss man keine Steuererklärung ausfüllen.
Trinkgeld rechnet Christina da übrigens exklusive. "Wäre ja noch schöner", ruft sie der lauten Musik entgegen. "Ne, das ist eine Sonderleistung", lächelt die angehende Juristin dann alle Eventualitäten weg und zieht sich wieder ihre pinkfarbene Schürze über die befleckte Bluse. Die Pause ist vorbei.