Niedersächsisches Umweltministerium beruft sich auf “neuere Erkenntnisse über Tatmittel und Täterverhalten“, die im Falle eines Anschlags zur “Freisetzung von großen Mengen radioaktiver Stoffe“ führen könnten.

Dannenberg/Gorleben. Das niedersächsische Umweltministerium (NMU) in Hannover hat Greenpeace eine zuvor erteilte Teilgenehmigung zur Einsicht in Akten zu Strahlenmessungen am Zwischenlager Gorleben wieder entzogen. "Der Antrag auf Zugang zu diesen Informationen muss vollumfänglich abgelehnt werden, da er sich auf Informationen bezieht, deren Bekanntgabe nachteilige Auswirkungen auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit hätte“, heißt es in einem Brief des Ministeriums an die Umweltorganisation.

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Im Zuge "neuerer Erkenntnisse über Tatmittel und Täterverhalten“ seien im Juni dieses Jahres insgesamt 102 Castorbehälter im Zwischenlager umgestellt worden. Der betreffende Schriftverkehr könne nicht offen gelegt werden. Die Kenntnis über die Systematik der Umlagerung würde "einem oder mehreren potentiellen Täter(n) Hinweise für die Zielerreichung (Freisetzen großer Mengen von radioaktiven Stoffen) geben“. Ein Greenpeace-Sprecher wertete das Ministeriumsschreiben als "Beleg, dass das Zwischenlager in Gorleben einem Terrorangriff nicht standhalten würde.“ Nach Ansicht der Umweltschutzorganisation geht aus dem ablehnenden Bescheid hervor, dass das Zwischenlager dringend bauliche Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz vor Anschlägen benötige. "Diese wurden noch nicht umgesetzt", beklagt Greenpeace.

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"Das NMU gibt zu, dass das Zwischenlager in Gorleben einem Terrorangriff nicht standhalten würde. In dieser Situation einen Castortransport mit hochradioaktivem Müll dorthin rollen zu lassen, ist eine unverantwortliche Gefährdung der betroffenen Bevölkerung“, sagt Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace. Als erste Sicherheitsmaßnahme sei im Juni dieses Jahres bislang lediglich eine Umstellung der Behälter in der Castorhalle veranlasst worden. Bei Kenntnis der Lagerbelegung, so das NMU, könnte es Terroristen möglich sein, einen Anschlag zu verüben. Dieser hätte möglicherweise zur Folge, dass große Mengen an Radioaktivität freigesetzt würden.

Greenpeace vermutet nun, dass nach einer Anweisung des Bundesumweltministeriums unter Minister Norbert Röttgen (CDU) alle Atommüllzwischenlager in Deutschland bautechnisch nachgerüstet werden müssen. "Trotz besseren Wissens lässt Umweltminister Röttgen diesen Castortransport in ein unsicheres Zwischenlager fahren. Seine Atommüllpolitik ist durch und durch verlogen. Wir fordern den Minister auf, diesen Transport sofort zu stoppen“, sagt Edler.

Am 8. November hatte das Umweltministerium Niedersachsen Greenpeace Zugang zumindest zu einem Teil der Akten zur Umgebungsüberwachung am Zwischenlager Gorleben gewährt. Nun wurde der Zugang zu Messdaten und innerbehördlichen Schriftverkehr komplett untersagt. Greenpeace hatte Einsicht in Schriftverkehr des NMU mit verschiedenen Behörden zur Umgebungsüberwachung am Zwischenlager und zur Umstellung der Castorbehälter gefordert.

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Die Einsicht in entscheidende Unterlagen wurde Greenpeace nach eigenen Angaben von vorneherein verwehrt. Dazu gehörten die kompletten Messergebnisse der PTB und der Schriftverkehr mit der Messbehörde, die den Strahlenskandal mit ihrer Warnung vor einer Überschreitung des Strahlengrenzwertes am Zwischenlager ausgelöst hatte.

Mit Material von dapd