Die Bundeskanzlerin und der chinesische Regierungschef eröffneten am Sonntag die weltgrößte Industrieschau. China ist in diesem Jahr Partnerland.
Hannover. Der China-Boom hält an: Ministerpräsident Wen Jiabao hat zu Beginn der Hannover Messe Sorgen über eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums seines Landes eine Absage erteilt. „Chinas Industrialisierung wird sich noch lange schnell entwickeln“, sagte der Politiker am Sonntag in Hannover. Die Produkte aus China stünden immer noch im unteren Mittelfeld der weltweiten Erzeugungskette, sagte der Regierungschef. China aber wolle weiter aufholen, erklärte Wen Jiabao zu Eröffnung der Messe, dessen Partnerland China dieses Jahr ist.
Wens Aussagen zielten auf Sorgen ab, nach denen sich das chinesische Wachstum abschwächen könne, was möglicherweise große Konsequenzen für die ganze Weltwirtschaft haben könnte. Die vom Wachstum verwöhnte Volkswirtschaft war im ersten Quartal nur um knapp mehr als acht Prozent gewachsen. In der Vergangenheit waren diese Werte durch die Bank zweistellig. Wen sagte, sein Land werde „an beschleunigter Umstrukturierung der Wirtschaft“ hin zu höherwertigen Produkten festhalten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hob zur Messeeröffnung die aktuellen wirtschaftlichen Erfolge Deutschlands hervor. „Insgesamt fällt die Hannover Messe in eine Zeit, in der es der deutschen Wirtschaft recht gut geht, in der wir sowohl im Exportbereich, aber auch durch die Binnennachfrage eine ordentliche Entwicklung haben“, sagte sie bei der Eröffnungsveranstaltung. Deutschland müsse „wenig Sorge haben, dass unsere Güter nicht gekauft werden“.
Der chinesische Regierungschef war am Nachmittag in der niedersächsischen Landeshauptstadt angekommen. Am Montag geht er mit Merkel über die Messe, bevor Wen zu einem Besuch des VW-Werks nach Wolfsburg weiterreist. Nach Veranstalterangaben präsentieren sich in Hannover rund 5.000 Unternehmen aus 69 Ländern, davon 500 aus China.
Die Bundeskanzlerin ging auch auf die Herausforderung der deutschen Industrie durch den Aufstieg Chinas ein: Deutschland müsse „wenig Sorge haben, dass unsere Güter nicht gekauft werden“. Allerdings zeige die Entwicklung des Messe-Partnerlands China, wie schnell andere Länder aufholten könnten. „Wir wissen, wir müssen weiterarbeiten, wir müssen dranbleiben“, betonte die Kanzlerin.
China sei vor 25 Jahren schon einmal Partnerland der Hannover Messe gewesen – „damals mit zwei Dutzend Unternehmen, heute mit über 500“. Das zeige die Entwicklung, die China seither genommen habe.
Vor der Halle der Eröffnungsfeier machten Aktivisten von Amnesty International und anderen Organisationen auf die kritische Menschenrechtssituation in China aufmerksam. Mehrere Hundert Demonstranten forderten Freiheit für politische Gefangene und eine Verbesserung der Lebenssituation für die muslimischen Uiguren im Nordwesten Chinas. Wen und Merkel gingen auf die Proteste nicht ein.
Der deutsche Maschinenbau kündigte eine kräftige Erhöhung der China-Exporte an. Nach 19 Milliarden Euro Umsatz in China im Vorjahr erwarte der Maschinenbau dieses Jahr „einen Umsatzzuwachs auf dem chinesischen Markt von zwei bis drei Milliarden Euro“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Hannes Hesse der Nachrichtenagentur dapd.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warb für mehr chinesische Investitionen in der Bundesrepublik. China und Deutschland wüssten, dass eine auf extremen Exportüberschüssen beruhende Wirtschaft auf Dauer kein Geschäftsmodell sein könne, sagte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel. Zu den Exporten müssten sich „die Direktinvestitionen im jeweils anderen Land gesellen“. (dapd/abendblatt.de)