Nach dem Tod eines Babys vor einer Babyklappe wächst die Kritik an dem Hilfsangebot. Das Land Niedersachsen will aber daran festhalten.
Hannover. Die kritischen Stimmen zu den umstrittenen Babyklappen mehren sich, trotzdem will das Land Niedersachsen das Angebot für verzweifelte Mütter in Not beibehalten. Das Angebot der Babyklappen befindet sich in einer rechtlichen Grauzone.
„Jedes Leben, das durch eine Babyklappe gerettet wird, rechtfertigt ihre Existenz“, sagte der Sprecher des Sozialministeriums, Thomas Spieker, am Dienstag. Es sei ein Trugschluss zu glauben, man könne ganz auf die Babykörbchen verzichten. Das Bundesfamilienministerium will Babyklappen und anonyme Geburten in einem Gesetz neu regeln. Hintergrund ist eine Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI), wonach der Verbleib von etwa 200 anonym geborenen oder in Babykörbchen abgelegten Säuglingen nicht nachvollziehbar ist.
+++ Neue Studie: Sind Babyklappen wirklich sinnvoll? +++
In Niedersachsen können Mütter ihre Babys in Hannover, Braunschweig, Rotenburg/Wümme, Nordhorn und Osnabrück anonym in Babyklappen legen. Der Deutsche Ethikrat hält die Angebote für moralisch fragwürdig, das Kinderhilfswerk Terre des Hommes bezeichnet sie gar als wirkungslos, weil seit ihrer Einführung in Deutschland nicht weniger Babys getötet wurden.
Auch der niedersächsische Kinderschutzbund lehnt Babyklappen ab. „Es ist der völlig falsche Ansatz, Eltern den Irrweg aufzuzeigen, sie könnten ihr Kind abgeben und sind es dann los“, sagte der Vorsitzende Johannes Schmidt am Dienstag. Für die Identitätsentwicklung des Kindes sei es eine große Katastrophe, nie etwas über seine Wurzeln erfahren zu können. Bei der vertraulichen Geburt hingegen wird den Müttern für zehn Jahre Anonymität zugesichert, danach können die Kinder ihre Herkunft erfahren. Auch das niedersächsische Sozialministerium begrüßt das angekündigte Bundesgesetz zur vertraulichen Geburt.
+++ Kleines Mädchen in Babyklappe gefunden +++
Der Chef des Kinderschutzbundes forderte vom Land eine sofortige Überprüfung der fünf Babyklappen. „Es ist höchst verdächtig, dass sich bundesweit 20 Prozent der Einrichtungen nicht an der Evaluation des DJI beteiligt haben.“ Die Träger der Babykörbchen in Niedersachsen hatten sich nach dem tragischen Tod eines Säuglings vor der Babyklappe in Hannover auf einheitliche Qualitätsstandards geeinigt. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte die unbekannte Mutter in der eisigen Januarnacht 2008 noch versucht, die klemmende Klappe zu öffnen.
Das Babykörbchen sei nur ein Element in einem Netz von Hilfsangeboten für ungewollt Schwangere, betonte Judith Rohde, Koordinatorin des Netzwerks Mirjam in Hannover. Etwa 80 Anrufe gehen monatlich bei der rund um die Uhr besetzten Telefon-Hotline für Schwangere und Mütter in Not ein. „Es ist ein Problem für die Kinder, dass sie nicht wissen, wo sie herkommen“, räumte Rohde ein. Dennoch hält sie das Babykörbchen in Hannover für unersetzbar. Elf Säuglinge wurden hier seit 2001 abgelegt, drei von ihnen wurden von den Eltern zurückgeholt.
Mit Material von dpa