Nicht jeder hat Lust oder die Möglichkeit, im Sommer zu verreisen. Aber der alte Satz “Warum in die Ferne schweifen, siehe, das Gute liegt so nah“ hat auf jeden Fall seine Berechtigung. Die Lüneburger Rundschau stellt in einer neuen Serie jede Woche Ziele für den Urlaub daheim vor. In dieser Woche Museen. Heute: Das Lüneburger Salzmuseum.
Lüneburg. Hätten Sie nicht Lust, ihre Tomaten - womöglich eigene Ernte aus dem heimischen Garten - auch noch mit selbst hergestelltem Salz zu bestreuen? Kein Problem, das Lüneburger Salzmuseum macht es möglich.
Salz - der Inbegriff allen Gewürzes. Klar, die meisten essen davon heutzutage zuviel. Doch es gab Zeiten, in denen Salz eine teure Kostbarkeit war und nur Fürsten damit würzen ließen. Das weiße Gold, Lüneburg verdankte ihm im Mittelalter seinen Reichtum.
Die Stadt war der größte Salzhersteller Europas. Die Saline, erstmals 956 erwähnt, erzeugte den begehrten Stoff. Mehr als 500 Beschäftigte arbeiteten dort, ein industriell organisierter Betrieb lange vor dem eigentlichen Beginn des Industriezeitalters. Mehr als 1000 Jahre überdauerte der Betrieb, bis 1980 die Saline geschlossen wurde.
Heute ist sie ein Museum, das auf anschauliche Weise den Besuchern nahe bringt, was es für eine Knochenarbeit war, Salz zu gewinnen. Vom ständigen Durst bei dieser Arbeit einmal ganz zu schweigen.
"Die Saline prägt das Stadtbild Lüneburgs in ähnlicher Weise wie die Patrizierhäuser und die Kirchen", sagt Museumsleiter Christian Lamschus. Es sei deshalb nur konsequent gewesen, die Gebäude zu erhalten - sie sind eines der ersten deutschen Industriedenkmäler. "Wir verstehen uns als Museum zum Anfassen", betont Lamschus. Und so werden die Besucher bei ihrem Rundgang durch alles Stationen der Salzgewinnung geführt: Bergung, Siedung, Trocknung und Lagerung des weißen Goldes.
Die Reise beginnt in Lüneburgs Unterwelt, bei den Solequellen. Über eine Rampe gelangen die Besucher in das Untergeschoß, wo sie sich durch einen finsteren Gang vorantasten, an dessen Ende ein Becken mit sprudelnder Sole steht. Der Gang ist der originalgetreue Nachbau einer Fahrt. So lautet der Fachbegriff für die unterirdischen Stollen. Durch die Fahrten wurden die Solequellen erschlossen, aus denen die Sole in den Sod, den Solebrunnen, geleitet wurde.
Zwischen 1276 und 1797 wurde das Lüneburger Salz in 54 Siedehütten gesotten, die je vier Bleipfannen enthielten. Auf diese Weise wurden mehr als 20 000 Tonnen Salz pro Jahr hergestellt. Das 1924 erbaute Siedehaus ist heute Teil des Museums und wurde bis 1939 mit sechs Siedepfannen ausgestattet. Die letzte steht noch heute an ihrem ehemaligen Wirkungsort. Die 160 Quadratmeter große Pfanne stammt aus dem Jahr 1923 und war bis zur Schließung 1980 noch in Betrieb. Sogar die alten Raker, die stetig das am Boden der Pfanne abgesetzte Salz abtrugen, funktionieren noch.
Salz gibt es im Museum selbstverständlich auch immer noch. Und wer es gern selber herstellen möchte, hat auch dazu die Gelegenheit. Nach vorheriger Anmeldung können Gruppen in einer kleinen Siedehütte ihre Fähigkeiten erproben.
Weil das Museum einen ganzheitlichen Ansatz hat, spielt nicht nur die Herstellung, sondern auch der Transport des Salzes eine Rolle. Pferde- und Eselfuhrwerke verteilten den Soff einst über die Landwege. Doch die größten Mengen wurden über das Wasser transportiert, in so genannten Ewern, flach gehenden Segelschiffen mit großer Ladekapazität. So ein Salzewer wird gerade am Museumsgelände originalgetreu nachgebaut und soll im November im Lüneburger Hafen zu Wasser gelassen werden.
Dritte wichtige Säule der Ausstellung ist die Sozialgeschichte. Sie ist eng mit der Salzherstellung verknüpft. Speziell die jüngere Geschichte ist dabei Thema eine Sonderausstellung, die seit Mai 2007 ihren Platz im ehemaligen Eselstall der Saline gefunden hat. Dort ist eine komplett eingerichtete Drei-Zimmer-Wohnung aus den 50er-Jahren aufgebaut. Vom Nierentisch bis zur Illustrierten - nichts fehlt im typischen Ambiente westdeutscher Aufbaujahre. Christian Lamschus will diesen Museumsteil in Zukunft stärker ausbauen. "Dann wird es auch Ausstellungen zu den 20er und 30er Jahren geben", sagt er.