Die Region im Wandel der Zeit: Museumsleiter zieht Bilanz. Für Donnerstag ist ein großer Festakt im Kulturforum geplant.

Lüneburg. Es war nur eine kleine Zeitungsmeldung in den "Lüneburgschen Anzeigen": In der Ausgabe vom 1. April 1885 gab die Königliche Landdrostei das Inkrafttreten der "Kreisordnung im Sinne der preußischen Kreisverfassung" bekannt. Das war die Geburtsstunde des Landkreises Lüneburg.

Im Grunde sei das aber lediglich eine Bestätigung bestehender Verhältnisse gewesen, sagt Eckhard Michael, Leiter des Museums für das Fürstentum Lüneburg. "Die Strukturen sind die gleichen geblieben." Deutliche Veränderungen kamen nach Angaben des promovierten Historikers erst mit der Verwaltungsreform im Jahre 1932: Die Landkreise Lüneburg und Bleckede fusionierten. Damit waren fortan auch Dahlenburg und Amt Neuhaus Lüneburger Gemeinden. Michael sagt: "Die Bleckeder wehrten sich damals mit allen Mitteln, reichten eine Sammelklage ein - und scheiterten."

Die Neu-Lüneburger befürchteten, dass der Zusammenschluss die Kaufkraft im ehemaligen Landkreis Bleckede schwächen könnte und die Region zu vereinsamen drohe. In Bezug auf die heutige Debatte um die Fusion der Gemeinde Bleckede mit Dahlenburg und Amt Neuhaus sagt Michael: "Damals argumentierte man genau anders als heute." Denn wie berichtet begründeten die Befürworter der Fusion ihr Anliegen jetzt unter anderem damit, dass der Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsstandort Bleckede gestärkt werde. Den Zusammenschluss von 1932 zählt Michael aus heutiger Sicht zu den Sternstunden der Landkreisgeschichte. Denn: Der Landkreis Lüneburg wuchs damit deutlich.

Weitere zentrale Veränderungen ergab die Verwaltungsreform 1974. "Das wichtigste war, dass die Stadt Lüneburg ihre Kreisfreiheit verlor," erinnert Michael. Ab diesem Zeitpunkt zählt die Stadt zum Landkreis. Außerdem veränderten sich die Kreisgrenzen, die Gemeinden bildeten größere Einheiten, die sogenannten Samtgemeinden.

Sonst ist die Kreisgeschichte eingebettet in die allgemeinen Entwicklungen der Region und Gesamtdeutschland. An das wohl düsterste Kapitel, die Zeit des Nationalsozialismus und Lüneburg als Gauhauptstadt, erinnern heute die Gedenkstätte auf dem Gelände der psychiatrischen Klinik, Denkmäler und Stolpersteine.

"Ein weiterer Tiefpunkt war auch die Situation nach dem zweiten Weltkrieg", schildert der Museumschef. Der Kreis sei durch die vielen Flüchtlinge überbevölkert gewesen: Die Schule fiel monatelang aus, weil die Räume als Notunterkünfte dienten, die Lebensmittel waren knapp.

Die größte Zäsur in der Verwaltung stand an. Michael: "Ich sag es mal platt: Die Alt-Nazis wurden entfernt." Unter britischer Führung wurden demokratische Strukturen geschaffen, im Herbst 1945 gab es den ersten gewählten Kreistag. Der zweite Weltkrieg bringt auch räumliche Verluste mit sich. Die Gemeinde Amt Neuhaus fällt in die sowjetische Besatzungszone, wird später DDR-Gebiet. Erst 1993 wurde die Gemeinde wieder Teil des Landkreises Lüneburg, eine bundesweit einmalige Rückgliederung.

Heute eint der Landkreis Lüneburg 43 Gemeinden, verbindet 177 000 Menschen - Tendenz steigend. Denn schon für das Jahr 2020 sind 195 000 Einwohner prognostiziert. Viele ziehen wegen des guten Ausbildungsangebotes - von Krippen bis hin zur Leuphana Universität - in den Landkreis. Hinzu kommen Berufstätige aus Hamburg, die hier leben möchten. Dass Lüneburg seit 2004 an das Netz der Hamburger Verkehrsverbundes angeschlossen ist trägt dazu ebenso bei wie das im Vergleich günstige Mietniveau.

Auch zukünftig könnten sich Veränderungen ergeben. Denn Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) macht keinen Hehl daraus, dass er einer Fusion mit dem Nachbarkreis Harburg favorisiert.