Wentorf. Seit 40 Jahren rücken die Katastrophenschützer von hier in die ganze Welt aus. Nun kommt das Technische Hilfswerk an seine Grenzen.

Wenn nach großen Katastrophen Sachverstand und schweres, technisches Gerät benötigt wird, sind die Helfer vom Technischen Hilfswerks Bergedorf schnell vor Ort – egal, ob in der Region, in anderen Teilen Deutschlands oder weltweit. So rückten sie bei dem mehrtägigen Großbrand im Gewerbegebiet Rothenburgsort vor zwei Wochen an, beim Hochwasser in Bergedorf im vergangenen Februar und im Ahrtal 2021 halfen sie mit Hochleistungspumpen und körperlichen Einsatz mehrere Wochen vor Ort aus.

Die nötige Technik dafür lagert auf dem THW-Gelände am Sollredder in Wentorf. Hier proben die 86 Freiwilligen aus Bergedorf, Wentorf und Umgebung regelmäßig den Ernstfall. „Wir sind der einzige Ortsverband, der seine Dienststelle in einem anderen Bundesland hat“, sagt Curlyn-Annina Beckmann, Ortsbeauftragte des THW Bergedorf. Auf die Hilfseinsätze hat das aber keinen Einfluss.

Technisches Hilfswerk: Wentorfer Standort ist ideal

Vor 40 Jahren hatte das THW Bergedorf seine Liegenschaft am Ende des Sollredders in Wentorf bezogen. „Das hat geschichtliche Gründe“, sagt Beckmann. Die Liegenschaft sowie die damaligen Kasernen drum herum gehörten dem Bund. Zwar sind die Kasernen verschwunden, die Flächen mit Wohnungen und Gewerbe bebaut. Das THW, das dem Bundesministerin des Innern und für Heimat untergeordnet ist, aber ist geblieben – und will auch bleiben.

„Wir fühlen uns sehr wohl in Wentorf“, sagt Beckmann, die seit zehn Jahren den Ortsvorsitz ehrenamtlich inne hat. Beckmann ist eine von wenigen, die auch hauptamtlich für den Katastrophenschutz im Einsatz ist. Sie koordiniert in der Hamburger Regionalstelle die Einsätze – auch die ihrer Ortsgruppe in Wentorf. „Ich habe mich quasi schon selbst in den Einsatz geschickt“, sagt sie.

Gelände ist auch bei Feuerwehren in der Umgebung sehr beliebt

Ein Vorteil des Wentorfer Standortes am Rand des Gewerbegebiets ist, dass „wir hier niemanden stören, wenn wir ausrücken“, sagt Beckmann. Das Gelände sei ideal, hat durch den alten Baumbestand einen besonderen Charme und ist auch bei Feuerwehren in der Umgebung sehr beliebt. „In und an unserem Übungsteich wird gern die Deichverteidigung geprobt“, sagt Hanno Arland. Der Aumühler ist Beckmanns Stellvertreter.

Auch technisch ist der Ortsverband bestens ausgerüstet, das schwere Gerät immer auf dem neusten Stand. „Allerdings stoßen wir in unserer Fahrzeughalle und im Sozialtrakt seit Längerem an unsere Grenzen“, sagt Beckmann. So sind die Sanitäreinrichtungen veraltet, die gesetzlich geforderte Schwarz-Weiß-Trennung (sauber/dreckig) in den Umkleiden kann nicht eingehalten werden. Der Ortsverband würde auf dem Gelände gern neu bauen und befindet sich dafür aktuell in Gesprächen mit der Gemeinde.

Gemeinde unterstützt Erweiterungspläne konstruktiv

„Wir unterstützen die Erweiterungspläne, wollen das Vorhaben in jedem Fall konstruktiv begleiten. Katastrophenschutz ist ein wichtiges Thema, und die Frauen und Männer im THW machen einen Superjob“, sagt Torsten Dreyer (Grüne), stellvertretender Vorsitzender des Liegenschaftsausschusses.

Jugendbetreuerin Sarah Schröder (v.l.) bereitet den THW-Nachwuchs Lukas Saalfeld und Jason Schletter (r.) mit Übungen auf spätere Katastropheneinsätze vor.
Jugendbetreuerin Sarah Schröder (v.l.) bereitet den THW-Nachwuchs Lukas Saalfeld und Jason Schletter (r.) mit Übungen auf spätere Katastropheneinsätze vor. © U.Gerullis | Undine Gerullis

2666 Stunden waren die 86 Helfer im vergangenen Jahr im Einsatz. „Wenn wir gerufen werden, ist wirklich etwas los“, bringt es Beckmann auf den Punkt. Genau das ist der Grund, warum sich Jason Schletter (14) aus Bergedorf gegen ein Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr und für eine Mitgliedschaft im THW entschieden hat. Zu seinem ersten Einsatz darf er allerdings frühestens in vier Jahren: Die Erfahrungen bei Hochwasserkatastrophen oder in Erdbebengebieten können psychisch sehr belastend sein.

Jahrzehntelanges Engagement ist bei der Helferorganisation keine Seltenheit

Damit kein Trauma zurückbleibt und die Helfer weiter einsatzbereit sind, gibt es eine Traumaprävention, die Hanno Arland übernimmt. „Ein riesiges Aufgabenfeld“, sagt der 49-Jährige. Der Aumühler kam vor 30 Jahren als Alternative zur Bundeswehr zum THW und blieb. Jahrzehntelanges Engagement ist bei der Helferorganisation keine Seltenheit. „Das mag an dem guten Zusammenhalt liegen“, sagt Beckmann, die großen familiären Rückhalt erfährt, wenn sie mal mehrere Tage im Einsatz ist. Ihr Mann ist ebenfalls THW-Mitglied, ihre beiden Kinder auch.

Auch Lukas Saalfeld brauchte nicht lange überzeugt werden. Der 14-jährige Bergedorfer hat vor fünf Jahren eine TV-Dokumentation über die Katastrophenschützer gesehen und Lust bekommen. Spannend findet er schon jetzt die Übungen von Jugendbetreuerin Sarah Schröder. Die 21-Jährige kommt vom THW in Eckernförde.

Mit ihrem Umzug nach Bergedorf wechselte sie in den hiesigen Ortsverband und erfährt hier jede Menge Rückendeckung. Weitere neue Mitstreiter werden ständig gesucht. Wer Lust hat, mehr über das Engagement zu erfahren, hat beim Maibaumfest am 1. Mai im Zentrum von Reinbek dazu Gelegenheit. Das THW Bergedorf ist mit einem Stand vertreten.