Wentorf. Wolfgang Warmer hatte sich schon von der Politik verabschiedet, wird nun mit 78 Jahren erneut Spitzenkandidat. Das wirft Schlaglichter.

Die Wentorfer SPD startet mit einem politischen Urgestein an der Spitze in die nächste Kommunalwahl im Mai: Wolfgang Warmer (78) wird mit Listenplatz eins den Wahlkampf anführen. Kommunalpolitische Kompetenz kann der Wentorfer und Vater des Reinbeker Bürgermeisters Björn Warmer in jedem Fall vorweisen: Über 50 Jahre ist er SPD-Mitglied, mehr als 40 Jahre hat der pensionierte Polizist in der Gemeinde und im Kreistag in Ratzeburg Politik gemacht. Er hatte so ziemlich alle Ämter inne, die man inne haben konnte, saß in allen Ausschüssen, war Vorsitzender der SPD-Fraktion, des SPD-Ortsvereins und viele Jahre stellvertretender Bürgermeister. Für sein langjähriges Engagement hat die Gemeinde ihn 2019 zu ihrem Ehrenbürger ernannt.

In Politikdingen und beim Schmieden von Mehrheiten kennt sich Warmer also aus. Ein Grund mehr, warum die Wentorfer Genossen erleichtert waren, als sich Warmer nach zwei Legislaturperioden kommunalpolitischer Abstinenz bereit erklärte, zurückzukehren und ab Mai sogar den Fraktionsvorsitz der drittstärksten Fraktion der Gemeindevertretung übernehmen soll. „Andere Interessenten gab es nicht“, gibt Jan-Christoph Schultchen, Sprecher des SPD-Ortsvereins mit rund 50 Mitgliedern, offen zu. „Wir waren froh, dass wir die zwölf Wahlkreise problemlos besetzen konnten“, sagt Schultchen.

„Demokratie nicht verschludern lassen“

Der bisherige Fraktionschef Lucas Siemers verlässt die Gemeinde zieht und nach Hamburg. Der 26-Jährige war zehn Jahre für die SPD aktiv, hatte drei Jahre den Fraktionsvorsitz inne und will seiner Partei auch nach seinem Weggang treu bleiben, wie er versichert. Das ist angesichts eines seit Jahren anhaltenden Mitgliederschwunds bei den Genossen auch dringend notwendig. 2022 zählte die Partei laut Rechenschaftsbericht landesweit 15.167 Mitglieder. Das sind 872 weniger als ein Jahr zuvor. Das Hauptproblem ist die Überalterung, viele Austritte sind Todesfälle, zeigt der Landesverband auf.

Der neue SPD-Vorstand: Justus Gumny (v.l.n.r.), Jan-Christoph Schultchen, Uschi Jonca, Ilhan Farrenkopf, Uwe Kraft, Ralf Hinrichs, Frauke Heitmann, Corinna Beeker
Der neue SPD-Vorstand: Justus Gumny (v.l.n.r.), Jan-Christoph Schultchen, Uschi Jonca, Ilhan Farrenkopf, Uwe Kraft, Ralf Hinrichs, Frauke Heitmann, Corinna Beeker © SPD | SPD Ortsverein Wentorf

Wolfgang Warmer beobachtet diese Entwicklung genau, will die doch so wertvolle Demokratie nicht „verschludern lassen“ und fühlt sich fit genug für die teils abendfüllenden Sitzungen. Unterstützung erhält er von dem jüngst neu gewählten Vorstands des Ortsvereins: Anwendungsentwickler Uwe Kraft (60) und Projektmanager Ilhan Farrenkopf (46) übernehmen den Ortsvorsitz. Zum Vorstand zählen auch die Angestellte Corinna Beeker (57), die Lehrerin Frauke Heitmann (57), der Abteilungsleiter Ralf Hinrichs (53), der Freiberufler Jan-Christoph Schultchen (58), die pensionierte Exportkauffrau Ursula Jonca (69) und der 17-jährige Schüler Justus Gumny, der erst im November in die Partei eintrat.

Bildung ist in Wentorf ein ganz großes Thema

Die Genossen sind gerade dabei, ihr Wahlprogramm aufzustellen. „Statt großen Schlagwörtern soll es um ganz konkrete Projekte gehen“, verspricht Pressesprecher Schultchen. „Bildung wird ein ganz großes Thema: Vor jeder Schule in Wentorf stehen Container, sind die Gebäude zu klein. Da müssen wir ran.“

Warmer ist zuversichtlich, dass das gelingen wird. Seit jeher war sein Grundsatz beim Politikmachen, Menschen zueinander zu führen – in der eigenen Fraktion und fraktionsübergreifend. „Das gelingt am besten mit Humor. Dazu gehört, dass man über sich selbst lachen kann“, sagt er. Der große Vorteil im Alter sei, dass man großzügiger mit sich und anderen sei.