Wentorf. Das Woods Art Institute (WAI) zeigt eine Retrospektive auf das Schaffen des Malers. In seinen Werken geht es immer um Gewalt.

Verstörend und heftig wirken Wolfgang Petricks Werke: Wesen, oft halb Mensch, halb Tier, tummeln sich in seinem bildnerischen Kosmos. Sie stehen unter Spannung, wirken verzerrt, manchmal deformiert, irgendwie verdreht, sind häufig Gewalt und Kräften außerhalb ihrer Kontrolle ausgesetzt. Am Sonntag, 8. Mai, eröffnet das Woods Art Institute eine Retrospektive auf das Werk des 83 Jahre alten Malers, Zeichners und Bildhauers.

Zusammengestellt hat die Ausstellung Kunstsammler und WAI-Gründer Rik Reinking. Dabei konnte er aus dem Vollen schöpfen. Denn er sammelt Petricks Werke bereits seit etwa 15 Jahren. Lediglich zwei wichtige Werke musste er aus zwei anderen Sammlungen ausleihen. Mit den Werken aus den 90er-Jahren hat sich der Schwerpunkt seiner Auswahl von der Malerei Petricks auf die dreidimensionalen Werke verschoben. Zu bewundern ist in der Ausstellung aber auch Petricks jüngster Gemälde-Zyklus „Back to paradise“ direkt aus dem Berliner Atelier des Künstlers. Die Assemblage „Hexagramm“, ein übermalter und überzeichneter digitaler Druck, war noch nass, als sie in Wentorf angeliefert wurde.

Wolfgang Petrick: Ein Thema zieht sich durch 64 Schaffensjahre

Durch Petricks schon etwa 64 Jahre dauernde Schaffenszeit ziehen sich viele Brüche, aber auch eine Konstante: „Wolfgang Petricks Werke haben immer mit Gewalt zu tun. Oder mit der Frage: Wie gehen Menschen miteinander um?“, stellt Rik Reinking bei einer Vorabbesichtigung der Ausstellung fest.

Alle Interessierten sind am Sonntag von 11 bis 18 Uhr eingeladen, sich durch die 16 Räume der Ausstellung führen zu lassen, um die Entwicklung des Oeuvres von 1958 bis in die heutige Zeit zu verfolgen. Wolfgang Petrick wird selbst auch vor Ort sein und freut sich auf Fragen der Besucher. Er hat seine Entwicklung in einem Interview des Magazins Kunstleben Berlin einmal als eine „von innen nach außen bis hin zu einer Realität, die ich mir selber geschaffen habe“ beschrieben.

In den 50er-Jahren musste sich seine Kunst erst mal emanzipieren

In seiner Jugendzeit in den späten 50er-Jahren musste sich seine Kunst erst einmal emanzipieren „von dieser offiziellen Ideologie der abstrakten Kunst“, wie er erzählt. „Figur war nicht angesagt.“ Erst die Begegnung mit Werken anderer Künstler etwa von Jean Dubuffet, der Art Brut, vor allem aber mit der Malerei von James Ensor haben ihn beeinflusst. „Eine Retrospektive über ihn war mein Erweckungserlebnis“, erzählt der 83-Jährige. In den 60er Jahren habe es eine regelrechte Aufbruchstimmung gegeben. Wolfgang Petrick gründete unter anderem mit Markus Lüpertz den „Kritischen Realismus“. Parallel entstand in den 60er-Jahren die Pop-Art in England und in den USA. Auch mit Vorbildern wie Richard Lindner experimentierte der Künstler, doch das Grelle, Plakative war ihm zu dominant.

Gasmasken, Friseurhauben, aber auch Spritzen und viele albtraumhafte Zutaten spielen in seinen Bildwelten eine große Rolle. „Der Sammler Harald Falckenberg hat einmal gesagt, wir hätten den Krieg alle noch in uns“, sagt Wolfgang Petrick. Tatsächlich träume er seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wieder vom Krieg. „Mein Spielzeug waren ausgebrannte Panzerfäuste, verrostete Messer und so ein Zeug“, erzählt er aus seiner Kindheit im Nachkriegs-Berlin. „Solche Bilder habe ich mit Wut gemacht, das hatte auch etwas Befreiendes“, stellt Petrick in der Rückschau fest. Dadurch werde die Seele gereinigt. Er verrät, dass er auch eine Vorliebe für Filme von B, C oder D-Qualität habe. „Ich bin auch ein ganz großer Fan von Quentin Tarantino.“

Seit den 90er-Jahren wendet sich Petrick dreidimensionalen Arbeiten zu

In den 90er-Jahren wandte er sich mehr und mehr Installationen und dreidimensionalen Arbeiten zu. Die Motiv-Welten bliwben indes. Die Feuerwehrleute der USA, dort als Heroes verehrt, sind seit dem 11. September 2001, den er in New York miterlebte, auch immer ein Thema. „Ich habe den Zusammenbruch der Türme gesehen“, erzählt er. Das Bild dazu sei ein Stück Trauerarbeit gewesen. Während er an der Kunsthochschule in Berlin lehrte, hatte er auch ein Atelier in Brooklyn, in dem er während der Semesterferien arbeitet.

Die idyllische Umgebung seiner neuen Ausstellung empfindet er nicht als Widerspruch zu seiner Kunst. „Diese Ruhe dieses Ortes tut der Auseinandersetzung mit dem Werk total gut“, stellt er fest. Diese Atmosphäre können Interessierte noch mindestens bis Ende Juli erleben. Führungen für 15 Euro können sie online unter www.woodsartinsti tute.com buchen.