Wentorf. Reetdächer, verziertes Fachwerk und schmucke Mauerverbände in einem weitläufigem Park – die denkmalgeschützte Villa an der Golfstraße, „Haus Weltevreden“, beherbergt derzeit noch das Landesförderzentrum Sprache.

Doch, wie berichtet, will die Landesregierung Schleswig-Holstein das Idyll in vier Jahren schließen, es sollen keine neuen Klassen mehr eröffnet werden. Hintergrund sind die Finanzen: Bereits 2003 hatte der Landesrechnungshof vorgeschlagen, die Schule mit dem Landesförderzentrum Hören in Schleswig zusammenzulegen. Denn dort seien die Internatsräume unzureichend genutzt.

Resultat der Schließung könnte allerdings sein, dass die Räume in Wentorf leer stehen. Denn rechtlich ist hier laut Amtsleiter Carsten Feldt nur ein Schulbetrieb möglich. Das etwa 110000 Quadratmeter große Gelände, dessen Park zum Billtal hin abfällt, liegt im Außenbereich der Gemeinde. Schon die Festschreibung mit Internats- und Schulbetrieb im Villenviertel ist historisch gewachsen (siehe Info-Text). Als Tafelsilber lässt sich das Areal demnach nur schwer verkaufen.

Nachvollziehen können Eltern und Lehrer den Plan nicht, auch wenn ihre Kinder nicht mehr betroffen sind. „Eine Schule, die einen guten Weg gefunden hat, wird geschlossen, während eine neue sich komplett neu finden muss“, moniert Schulelternbeiratsvorsitzende Nicole Kück. Denn die meisten der 60 Pädagogen seien ortsgebunden, würden nicht mit nach Schleswig gehen. „Da wird viel Wissen und Kompetenz verloren gehen.“ Das sollte auch Bildungsminister Dr. Ekkehard Klug wissen, der in seinen Glückwünschen zum 50-jährigen Bestehen der Schule im Sommer noch lobte: „Hier finden die Kinder den geschützten Rahmen für eine individuelle schulische Förderung, um in das weitere Schulleben und die Gesellschaft hineinzuwachsen.“

Seit 1960 nutzt das Land Schleswig-Holstein die Anlage, um Kinder mit schweren Sprachdefiziten auf den integrativen Unterricht vorzubereiten. Für viele Kinder und Eltern ein Segen. Kück erinnert sich noch gut an den Schock, als ihr Ärzte und Therapeuten sagten, sie gingen davon aus, ihr Sohn werde nie richtig sprechen.

Seit drei Jahren aber besucht der Kleine die Schule in Wentorf, lebt mit seiner Mutter in Geesthacht. „Das Beste, was uns passieren konnte“, stellt sie fest. Ihr Sohn hat Spaß, macht große Fortschritte. Kück weiß von einer Erstklässlerin mit ähnlichen Problemen, die jeden Tag weinend aus ihrer Integrationsklasse kommt und jeden Morgen mit Bauchschmerzen aufsteht. Für viele Eltern sei die wunderschöne Anlage ein Trost, wenn sie ihr sechsjähriges Kind ins Internat geben müssen, berichtet Schulleiterin Heidi Grotzsch.

Der Anteil der Kinder, die Schwierigkeiten beim Sprechen haben, sei seit Jahren bei 20 Prozent geblieben. Das bestätigt Grotzsch: „Wir haben keine rückläufigen Schülerzahlen“, stellt sie fest. Etwa 100 Kinder pro Jahr brauchen ihre Hilfe. 63 davon leben im Internat. Sechs bis zwölf stehen regelmäßig auf einer Warteliste. In Schleswig gebe es nur 60 Plätze, 40 davon im Internat. Um die Lücke zu füllen, sollen laut Thomas Schunck, Sprecher des Bildungsministeriums, zusätzlich zur Modellklasse in Schwarzenbek, einer Außenstelle des Landesförderzentrums, im ganzen Land zusätzliche Klassen nachdem Modell der Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek eingerichtet werden.