Wentorf. Der 50. Geburtstag liegt erst vier Monate zurück, jetzt steht das traditionsreiche Landesförderzentrum Sprache in Wentorf vor dem Aus. Kinder mit speziellem Förderbedarf sollen zukünftig im Landesförderzentrum in Schleswig unterrichtet werden.

„Wir sind sehr traurig und besorgt“

Obwohl der Landesrechnungshof bereits 2003 aus Kostengründen eine Zusammenlegung anregte, traf die Nachricht Schulleiterin Heidi Grotzsch und ihr Team wie ein Schlag. „Wir sind sehr traurig und besorgt, wie es jetzt weitergeht“, sagte Grotzsch gestern. Am Freitag wird sie von Vertretern des Sozialministeriums erfahren, wie die Zusammenlegung umgesetzt werden soll.

Fest steht schon jetzt, dass die 93 Kinder, die derzeit an der Golfstraße 5 zur Schule gehen, nicht betroffen sind. Sie können ihre Grundschulzeit in Wentorf normal beenden, versichert Thomas Schunck, Pressesprecher des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums. Das Schuljahr 2011/12 allerdings startet mit zehn Erstklässlern bereits im 150 Kilometer entfernten Schleswig. Dort haben die Kinder ebenfalls die Möglichkeit, im Internat zu wohnen. Schon jetzt kommen viele Mädchen und Jungen aus dem ganzen Norden, besuchen ihre Familie nur am Wochenende und in den Ferien.

Die Schulleiterin sorgt sich derzeit aber nicht nur um die Kinder, sondern vor allem auch um ihr Lehrerkollegium und die Mitarbeiter, die die Schule in der Verwaltung und der Küche unterstützen. Insgesamt sehen derzeit 60 Mitarbeiter einer ungewissen Zukunft entgegen. „Die 16 Lehrer werden nicht gezwungen, mit nach Schleswig zu gehen“, betont Ministeriumssprecher Schunck. Sie sollen, wenn gewünscht, an andere ortsnahe Schulen vermittelt werden.

Die alte Villa steht zum Verkauf

Dass die Nachricht von der Schließung zum jetzigen Zeitpunkt komme, stehe in direktem Zusammenhang mit den Finanzen des Landes. „Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung hat die Debatte neuen Schwung bekommen“, so Schunck. Die Schule, eine Landesimmobilie, soll verkauft werden. Sie steht allerdings zum Teil unter Denkmalschutz. Zudem weist der Flächennutzungsplan, so die Information aus der Verwaltung, das Grundstück als Gemeinwohlfläche aus. „Etwas anderes als eine Schule ist derzeit dort kaum möglich“, sagt Wentorfs Bürgermeister Matthias Heidelberg.

Heidi Grotzsch fällt schon jetzt allein der Gedanke an einen Abschied von der traditionsreichen Schule schwer. „Das Gelände ist einfach wunderschön und ideal für unsere Kinder. Hier können sie lernen und toben. Letzteres ist besonders wichtig, weil die Sprachentwicklung mit der Motorik einhergeht.“ Die Schule in Schleswig liege mitten in der Stadt. Zudem sei sie bislang ein Förderzentrum für Kinder, die schlecht oder gar nicht hören können. In Wentorf werden aber Grundschüler unterrichtet, die Probleme mit dem Sprechen haben. Wie diese beiden Ansätze in Zukunft zusammengehen könnten, kann sich das Pädagogenteam derzeit nur schwer vorstellen.

Zudem bereiten Grotzsch die Schülerzahlen Kopfzerbrechen. An ihrer Schule werden derzeit 93 Kinder unterrichtet, die Warteliste ist lang. Fraglich sei, ob alle Kinder, die künftig Hilfe brauchen, in Schleswig aufgenommen werden können. Laut Bildungsministerium sollen sprachbehinderte Kinder in Zukunft vermehrt an normalen Grundschulen gefördert werden. Einen geschützten Raum wie in Wentorf wird es dann für die meisten nicht mehr geben