Ratzeburg/Schretstaken. Kiel stellt Geld für bessere Abwasserreinigung bereit. Doch ist eine zentrale Entsorgung nicht kleinen Kläranlagen überlegen?
Als vergangenen Dezember die Schiebenitz für Schlagzeilen sorgte, wirkte es zunächst, als handele es sich um einen bedauerlichen Sonderfall. Zum wiederholten Mal war der Bach umgekippt, der in Köthel, an der Grenze zu Stormarn, in die geschützte Bille mündet. Hatte die Untere Wasserbehörde des Kreises Herzogtum Lauenburg zunächst einen Zusammenhang zu Klärwerkseinleitungen ausgeschlossen, hat das Thema inzwischen Wellen geschlagen. Im Umwelt- und Forstausschuss hat Landrat Christoph Mager jüngst bestätigt: Neben dem Klärwerk Schretstaken unterliegen sieben weitere Anlagen kleiner Gemeinden im Kreis einem „Intensiv-Monitoring“
Untere Wasserbehörde muss acht Kläranlagen überwachen
In Abwesenheit des Chefs der Unteren Wasserbehörde erläuterte Mager den Politikern den aktuellen Stand der Dinge. Einige zeigten sich verblüfft über den Umfang der Überwachung, hatte doch die Untere Wasserbehörde einen Zusammenhang zwischen Klärwerkseinleitungen, einem extrem niedrigen Wasserstand und dem Umkippen der Schiebenitz bestritten. Mehr noch: Solang die Kläranlage die aktuellen gesetzlichen Anforderungen erfülle, könne die Untere Wasserbehörde „keine Aufrüstung verlangen“.
Doch die Erklärung, der extrem erhöhte Ammonium-Gehalt im Bach sei durch massiven Laubeintrag verursacht worden, hatte gleich den Widerspruch von Experten hervorgerufen. So hatte ein Gewässerökologe des BUND klargestellt, dass Werte in dieser Höhe nur mit menschlichen Fäkalien oder Gülle-Einleitungen zu erklären seien.
Gibt es geheime Zuflüsse in Klärwerksabwässer?
In der Politik sind erneut Forderungen laut geworden, es müsse geprüft werden, ob an den in Teilen verrohrten Klärwerksabfluss in Schretstaken möglicherweise weitere Einleiter angeschlossen sind. Doch auch ohne sie bedarf die Situation einer genaueren Betrachtung, fordert die Ausschussvorsitzende Kornelia Mrowitzky. Im Sommer 2021 war die Schiebenitz zuletzt betroffen gewesen, war es zu einem großen Fischsterben gekommen.
„Die langen trockenen Perioden haben die Probleme offenbar verschärft“, so die Grünen-Politikerin. Sicher ist: Führen Gewässer kaum noch Wasser, reichen die Mengen nicht, eingeleitete Kläranlagen-Abwässer hinreichend zu verdünnen.
Idee: Mit Abwasserspeichern Trockenperioden überbrücken
„Wir brauchen Lösungen, die den Gegebenheiten angepasst sind“, bringt es Mrowitzky auf den Punkt. Allein eine Ertüchtigung alter Teichkläranlagen oder der Ausbau um eine zusätzliche Klärstufe würden voraussichtlich nicht reichen. „Eine Idee wäre, Speichermöglichkeiten für Abwässer zu schaffen, damit diese nur eingeleitet werden, wenn die aktuellen Wasserstände dies zulassen.“
Dem Intensiv-Monitoring unterworfen sind alle kommunalen Teichkläranlagen im Kreis Herzogtum Lauenburg. Diese befinden sich außer in Schretstaken (Amt Breitenfelde) auch in Fuhlenhagen (Amt Schwarzenbek-Land), sowie in Wentorf-Schüttenmoor, Klinkrade, Sandesneben, Schiphorst und Grinau (alle Amt Sandesneben-Nusse). Bis auf Sandesneben erreicht keiner der Orte eine Einwohnerzahl von mehr als 1000 Bürgern.
Reinigung optimieren oder neue Kläranlagen bauen
„Das Monitoring erfolgt auf Initiative des Landesamtes für Umweltschutz durch die unteren Wasserbehörden“, erläutert Kreissprecher Tobias Frohnert. Das Ziel sei, ein „Bewirtschaftungskonzept“ zu erstellen – nach einjährigem Monitoring mit monatlichen Probennahmen aus den geklärten Abwässern.
Wo Verbesserungspotenzial ausgemacht werde, solle durch „gezielte Maßnahmen die Reinigungsleistung optimiert werden“, so Frohnert: „Diese Maßnahmen werden dann durch das Land gefördert. Ergebnis kann dabei auch sein, dass Teichkläranlagen durch technische Kläranlagen ersetzt werden.“
Wer Fördergeld will, muss sich anstrengen
Dass Dörfer mit wenigen hundert Einwohnern den Neubau hochwertiger Kläranlagen allein nicht finanzieren können, ist den Beteiligten bewusst. Das Land hat Förderung zugesagt. Wer die „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Abwasserbehandlung in Schleswig-Holstein“ betrachtet, erkennt jedoch rasch, dass dies in teils höchst überschaubarem Rahmen geschieht.
So können Kommunen bis zu 10.000 Einwohnern etwa für die Phosphor-Elimination bis 100 Prozent Zuschuss beantragen – allerdings maximal nur 19.000 Euro. Für die Aufrüstung von Kläranlagen, damit diese Ammoniumstickstoff-Verbindungen eliminieren, ist die Höchstförderung auf 80 Prozent der förderfähigen Kosten begrenzt.
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700.000 Euro – aber nur für Versuchsklärwerke
100 Prozent der förderfähigen Kosten, maximal 700.000 Euro, können dagegen beantragt werden für die Erprobung von „Reinigungsverfahren mit dem Ziel, der Entfernung von Spurenstoffen, Mikroplastik und antibiotika-resistenten Keimen“. Weitere Voraussetzung, um für diese technisch aufwendigen Verfahren Fördergeld zu erhalten: Es handelt sich um die Erweiterung einer „Versuchskläranlage“
Die Vorsitzende des Forst- und Umweltausschusses begrüßt die Chancen, die sich ergeben. Allerdings werden die denkbaren Maßnahmen möglicherweise einerseits für den notwendigen Umwelt- und Gewässerschutz nicht reichen, andererseits die Gemeinden angesichts der geringen Förderbeträge des Landes überfordern, fürchtet Kornelia Mrowitzky.
Haben kleine Teichanlagen noch eine Zukunft?
„Es ist angekommen, wir brauchen für den Gesamtkomplex eine Lösung“, so die Grüne. Die werde möglicherweise „eher mit dem Bau neuer Druckleitungen und den Anschluss an die zentrale Abwasserentsorgung“ gefunden, als in Versuchen, kleine örtliche Kläranlagen grundlegend zu modernisieren oder gar neu zu bauen.