Schwarzenbek. Viele Chöre sterben aus, die Liedertafel in Schwarzenbek ist hingegen auch bei jungen Menschen beliebt. Was ist das Erfolgsrezept?
Mit einem Auftritt seines Vaters in der Liedertafel zum Volkstrauertag fing es an. Das war 1962 am Ehrenmal an der Kollower Straße. Bis heute ist der pensionierte Schwarzenbeker Speditionskaufmann Ernst Zimprich dem gemischten Chor von 1843 treu geblieben. Von 1994 bis 2004 war er sogar dessen Vorsitzender. Der Tenor trat vor 61 Jahren in den damaligen Männergesangsverein ein. Sein Vater, der ebenfalls Ernst hieß, war seit 1947 Mitglied. Gemeinsam intonierten die beiden viele Konzerte der Sänger als Tenöre.
Auch Ehefrau Sieglinde (75), die ebenfalls aus Schwarzenbek stammt, ist begeisterte Sängerin. Die gelernte Speditionskauffrau war bereits in ihrer Schulzeit im Chor und sang später in der katholischen Kirche. Sie gehörte 1972 zu den ersten Frauen, die nach dem Wechsel vom reinen Männergesangsverein hin zu einem gemischten Chor der Liedertafel mitsingen durfte – damals noch ein Privileg für die Ehefrauen der Chormitglieder.
Liedertafel plant für das laufende Jahr Sommer- und Weihnachtskonzert
„Das war schon ein massiver Wandel. Aber wir waren als reiner Männerchor praktisch nicht mehr singfähig, weil uns viele Stimmen fehlten“, erinnert sich Ernst Zimprich. Das ist längst Geschichte. Heute gibt es weit mehr Frauen als Männer in der Liedertafel. Damit ist der gemischte Chor auch stimmlich wesentlich breiter aufgestellt, da Alt und Sopran dazukommen sind.
Am Donnerstag, 2. März, um 19.30 Uhr im Kleinen Saal von Schröders Hotel an der Compestraße 6 beginnt die Jahresversammlung der rund 40 Sängerinnen und Sänger. Unter anderem geht es das auch um das 180-jährige Bestehen des Chors. Vorsitzende ist seit vielen Jahren Jasmin Schmidt, die musikalische Leitung hat Kirchenmusiker Markus Götze. Beide zusammen haben den Chor auch auf einen modernen Kurs mit einem Mix aus Klassikern, Popmusik und Volksliedern gebracht, der den Fortbestand sichert.
Bunte Mischung aus Sängerinnen und Sängern von 20 bis über 80 Jahren
„Wir haben eine sehr gute Mischung aus älteren und jüngeren Mitgliedern. Die Bandbreite reicht von 20 bis mehr als 80 Jahre, und wir sind eine gute Gemeinschaft“, betont Sieglinde Zimprich (75). Gemeinsam mit ihrem Mann Ernst, der mit 81 Jahren mittlerweile das „dienstälteste“ aktive Mitglied der Chorgemeinschaft ist, wird sie am 2. März die Versammlung besuchen.
„Der Wandel über die Jahrzehnte ist enorm. Als ich mit dem Singen anfing, gab es nicht einmal Fernsehen in jedem Haushalt. Heute nutzen wir Multimedia, beispielsweise um über Videoeinspielungen bestimmte Stücke zu perfektionieren, aber auch für die interne Kommunikation. Ohne Videoclips, durch die verschiedene Gesangseinlagen optimiert werden, kommt heute kein guter Chor mehr aus“, betont Erich Zimprich.
Auf der Playlist der Sänger stehen internationale Songs ganz weit oben
Ein wenig schade findet er es schon, dass sich die Zeiten geändert haben. Denn zu Beginn seiner gesanglichen Aktivitäten vor sechs Jahrzehnten standen deutsche Volkslieder wie „Am Brunnen vor dem Tore“ ganz weit oben auf der Playlist der Sänger. „Damit kann man heute keine neuen Mitglieder mehr vor dem Ofen hervorlocken“, sagt Ernst Zimprich.
Deshalb haben Chorleiter Markus Götze und die Vorsitzende Jasmin Schmidt auch zahlreiche Popsongs und sehr moderne Lieder in das Programm der Sängerinnen und Sänger aufgenommen. Die Rechnung geht auch im 180. Jahr des Bestehens von Schwarzenbeks ältestem Verein auf. „Wir haben einen Zulauf von jungen Menschen“, sagt Sieglinde Zimprich. Aktuell liegt das Durchschnittsalter bei 40plus.
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Denn eines ist für die Zimprichs klar: „Chorsingen entspannt. Wer nach der Probe nach Haus kommt, ist total heruntergefahren. Das baut Stress ab.“ Das war für Ernst Zimprich nach dem aufreibenden Job am Hamburger Flughafen so, ebenso empfindet es eine junge Lehrerin, die ebenfalls seit kurzem Mitglied in der Liedertafel ist. „Die Menschen, die im Chor singen, kommen glücklich aus der Probe“, betonte auch Kultursommerintendant Frank Düwel, nachdem er vor einigen Jahren ein Chorfest mit Auftaktveranstaltung in Schwarzenbek organisiert hatte.
„Joy to the World“ ist der Favorit von Ernst Zimprich
Der absolute Favorit von Ernst Zimprich ist „Joy to the World“, 1719 von Isaac Watts geschrieben. „Mir gefällt die Melodie“, sagt der 81-Jährige. Gerne singt er aber auch Klassiker wie das „Zigeunerleben“ von Robert Schumann (1810-1856). Besondere Freude bereiten den Zimprichs die Chorfreizeiten, bei denen neue Stücke an unterschiedlichen Orten einstudiert werden.
Darauf können sie und die weiteren Chormitglieder sich auch in diesem Jahr freuen. Wer neugierig geworden ist, kann donnerstags von 19.30 bis 21.30 Uhr in der Mensa der Grundschule Nordost an der Cesenaticostraße 14 vorbeischauen. Nur am 2. März gibt es wegen der Jahresversammlung keine Chorprobe. Kontakt: Jasmin Schmidt unter 04151/36 77.