Schwarzenbek/Büchen. Bahnstrecke Hamburg - Berlin: Welche Auswirkungen der Verzicht für den Bahnhof Büchen hat und wie die Deutsche Bahn reagiert.
Die Gerüchteküche brodelt bereits seit Wochen. Fahren künftig auf der Trasse Hamburg – Bergedorf – Büchen – Berlin weniger Züge, weil die Deutsche Bahn AG Zeiten an Mitbewerber abgeben muss?
Tatsächlich hatte Flixtrain den Zuschlag für eine Handvoll weiterer Verbindungen ab dem Fahrplanwechsel im Dezember erhalten. Inzwischen ist klar, dass Befürchtungen von Kritikern keine Hirngespinste sind. Flixtrain rudert zurück.
Bahnverkehr: Weitere Verbindungen? Flixtrain verzichtet vorerst
Was manchen Bahn-Fans den Ärger ins Gesicht treibt, hat andere Kunden hoffen lassen: Gilt der Mitbewerber Flixtrain, ein Ableger des Fernbus-Anbieters Flixbus, doch als preisgünstige Konkurrenz zum deutschen Staatskonzern. In Bergedorf und Schwarzenbek hofft mancher, dass mit Flixtrain zusätzliche Fernbahnhalte dazukommen. Offiziell seien ihm derartige Überlegungen nicht bekannt, erklärt dazu Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens auf Nachfrage.
Während manche Nutzer der Verbindung Hamburg – Berlin auf sinkende Ticketpreise hoffen, sind andere Kunden alarmiert, die Büchen bislang als Umsteigepunkt nutzen. So Beate Kleinert, die in Bergedorf arbeitet. Sie ist aus dem Osten Hamburgs in den Landkreis Lüneburg umgezogen, nutzt jetzt die Bahnverbindungen Lüneburg – Lübeck, um in Büchen in einen Zug Richtung Bergedorf umzusteigen. „Die Verbindung ist für mich komfortabler und schneller, ich spare so am Tag auf dem Arbeitsweg bestimmt 40 Minuten“, sagt Beate Kleinert.
Nutzer fürchten um komfortable Verbindung nach Hamburg
Abgesehen davon, dass der Weg von Lüneburg über Harburg zum Hamburger Hauptbahnhof und von dort nach Bergedorf deutlich länger ist, „ist die S-Bahn nach Bergedorf häufig weg, wenn ich morgens auf dem total überfüllten Hauptbahnhof ankomme“. Abends wiederum konnte sie in Bergedorf der S-Bahn Richtung Hauptbahnhof früher häufiger nur hinterherblicken, wenn sie den Weg zwischen Bergedorfer ZOB und S-Bahngleis im Eiltempo bewältigt hatte.
Hinzu kommen ungeplante Wartezeiten, wenn die Regionalzüge auf der vielbefahrenen Strecke zwischen Lüneburg und Hamburg anderen Zügen den Vortritt lassen müssen. Über den Ausbau oder Neubau der so wichtigen Nord-Süd-Verbindung von Hamburg nach Hannover wird seit Jahrzehnten gestritten – bislang ohne Ergebnis.
Bahnhof Büchen darf nicht geschwächt werden
„Die Entscheidung, Flixtrain statt der Deutschen Bahn AG täglich vier bis fünf Verbindungen von Hamburg nach Berlin zuzugestehen, droht den wichtigen Umsteigepunkt Büchen zu schwächen“, kritisiert der Geesthachter Bahnexperte Gerhard Boll. Dies würde besonders auch Menschen aus dem Südkreis Herzogtum Lauenburg und besonders Geesthachter treffen, warnt der Grüne Kommunalpolitiker, der den Ausschuss für Verkehr und Stadtplanung der Elbestadt leitet.
Sorgen bereitet die Entwicklung auch Büchens Bürgermeister Uwe Möller. Abgesehen von den unabsehbaren Folgen für den Bahnhof Büchen und die vielen Menschen, die hier umsteigen: „Die Entscheidung, der Deutschen Bahn AG zum Fahrplanwechsel in Büchen bis zu fünf Halte wegzunehmen, hätte wohl auch Auswirkungen auf weitere Verbindungen wie etwa nach Kiel.“
Bahn AG reagiert in Windeseile auf Verzicht des Mitbewerbers
Noch mehr treibt Büchens Verwaltungschef jedoch ein andere Erkenntnis um: „Soweit ich weiß, soll Flixtrain einige Verbindungen gar nicht nutzen.“ Und tatsächlich ist die DB AG gerade dabei, sich in Windeseile auf die erneut geänderte Situation einzustellen.
„In der vergangenen Woche hat der Wettbewerber die gewonnenen Trassen storniert, wird sie also nicht mit Zügen besetzen“, erläutert eine Bahnsprecherin auf Nachfrage. „Unter großem Aufwand hat DB Fernverkehr die stornierten Trassen kurzfristig übernommen und kann so die folgenden Züge auch nach dem Fahrplanwechsel anbieten.“
Deutsche Bahn füllt im Fahrplan entstandene Lücken
In Büchen sollen auf dem Weg von Berlin nach Hamburg die Eurocity 176 und 378 um 14.47 Uhr und 18.47 stoppen, in Gegenrichtung der EC 379 um 9.15 Uhr und der IC 2073 um 19.14 Uhr. „Die Änderungen erscheinen im Laufe der kommenden Woche in unserem Buchungssystem“, so die Bahnsprecherin.
Was in München in der Flixtrain-Zentrale den Sinneswandel ausgelöst hat, dazu schweigt das Unternehmen. Nicht ausgeschlossen, dass es einfach an einer ausreichenden Zahl an Lokführern mangelt.
Zu wenige Lokführer oder Mangel an Zügen?
In Norddeutschland haben in den vergangenen Monaten private Anbieter Verbindungen mit dem Verweis auf Personalmangel gestrichen. Schwierigkeiten sollen manche Anbieter auch mit dem Zulauf neuer Züge haben, um ihre Angebote aufrecht zu erhalten oder ausbauen zu können.
Flixtrain könnte auch Süd-Trasse nach Berlin nutzen
Flixtrain hält sich bedeckt: „Wir planen in der ersten Hälfte 2023 eine Aufstockung unseres Flixtrain-Angebotes zwischen Hamburg und Berlin“, sagt Sprecherin Isabella Domke. „Konkretes – auch zu möglichen weiteren Halten“, lasse sich leider noch nicht sagen. Aber so viel doch: „Ein möglicher Ausbau der Verbindung Hamburg – Berlin in 2023 ist von den zurückgegebenen Trassen unabhängig zu sehen.“