Groß Pampau. Hobbyforscher fordern von Kreispolitikern eine klare Aussage: Unterstützen sie den Ausstellungsort Groß Pampau?
Der Streit um die Fossilienfunde aus der Kiesgrube in Groß Pampau eskaliert. Wem gehören die elf Millionen Jahre alten Knochenfunde aus der Ur-Nordsee? Und vor allem: Wo sollen sie ausgestellt werden? Diese Fragen beschäftigen aktuell die Hansestadt Lübeck, den Kreis Herzogtum Lauenburg, das Ausgrabungsteam um die Brüder Höpfner und mittlerweile auch Gerichte.
Das Ergebnis der Auseinandersetzung ist offen. Momentan geben sich die Politiker auf dem Grabungsgelände in der Kiesgrube die Klinke in die Hand. Am Mittwoch waren die Sozialdemokraten vor Ort, am Donnerstag kam der Möllner Bundestagsabgeordnete Dr. Konstantin von Notz (Grüne). Auch die Liberalen aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg haben sich zum Ortstermin auf dem „Friedhof der Wale“ angesagt.
Der erste Bartenwal-Fund brachte Groß Pampau Weltruhm
1984 wurde der erste prähistorische Bartenwal in der Kiesgrube von Wolfgang Ohle (Ohle & Lau) in Groß Pampau gefunden. Kiesabbau gibt es in dem Ort bereits seit 1951. Die in den 1980er-Jahren neu erschlossene Grube förderte aber neben Kies und Ton auch urzeitliche Knochen zu Tage, die aus der Zeit vor elf Millionen Jahren stammen. Damals war die Ur-Nordsee dort 50 Meter tief, die Temperatur lag durchschnittlich fünf Grad Celsius höher als heute. „Durch die besondere Lage des Geländes haben wir an dieser Stelle ein einzigartiges Fenster in die Urzeit. An anderen Stellen liegt der damalige Meeresgrund wesentlich tiefer“, sagt Hobby-Paläontologe Andreas Malchow.
Einzigartiges Schaufenster auf den Grund der Ur-Nordsee
Nach dem ersten Bartenwal kamen diverse Funde von Schildkröten über Ur-Haie und Robben hinzu. „Groß Pampau hat mit dem ersten Fund Weltruhm erlangt“, sagte Grabungsleiter Gerhard Höpfner am Mittwochabend beim Besuch der Kreis-SPD im Kieswerk. Gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang ist er seit 1967 Geschiebesammler und war von der ersten Stunde an bei den Ausgrabungen dabei. Mit Grubenbesitzer Wolfgang Ohle verbindet ihn eine freundschaftliche Beziehung. Die Funde gehören nach Höpfners Aussage zur Hälfte ihm und zur Hälfte Kiesgrubenbesitzer Wolfgang Ohle.
Chefgräber Höpfner klagt auf Herausgabe der Wale
Aktuell liegen die Funde noch als Dauerleihgabe im Naturkundemuseum in Lübeck. Doch, wie berichtet, gibt es Streit zwischen den Hobby-Paläontologen um Gerhard Höpfner und seinen Zwillingsbruder Wolfgang sowie der Hansestadt Lübeck. Die Höpfners und Andreas Malchow vom Grabungsteam fordern die Rückgabe der Funde und hätten gerne ein Urmeer-Museum im Kreis – am liebsten in Groß Pampau. Die Hansestadt Lübeck hat Eigentum an den Funden angemeldet und verweigert die Herausgabe.
Streit um die Pampauer Fossilien beschäftigt die Gerichte
In den juristischen Auseinandersetzungen geht es unter anderem um die Eigentumsrechte, aber auch um Unterschlagung und Verleumdung. Mehr wollte Höpfner mit Hinweis auf laufende Verfahren nicht sagen. Für ihn ist aber unstrittig, dass er die Herausgabe der Funde erreichen wird.
„Die Funde gehören mir und ich werde sie aus Lübeck holen. Für die Hansestadt wird das ein kultureller Totalschaden“, sagt der Grabungsleiter kämpferisch. Er und sein sechsköpfiges Team wünschen sich eine ganzheitliche Ausstellung, bei der die Funde in einem lebensnahen Szenario wie im Ozeaneum in Stralsund gezeigt werden. Lübeck plant das genaue Gegenteil: In einem neue strukturierten Museum sollen nur wenige Highlights gezeigt werden.
Der Bau eines Museums ist mit 4,5 Millionen Euro veranschlagt
Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit stehen mehrere Millionen Euro (schätzungsweise 4,5 Millionen Euro für den Bau und eine unbekannte Summe für den Betrieb). Deshalb zeigt sich Christoph Mager, Landrat im Kreis Herzogtum Lauenburg, auch zögerlich.
Entscheidung im Herzogtum Lauenburg ist auf Herbst vertagt
„Das Thema Urmeer-Museum ist wichtig für den Kreis, aber als Entscheidungsgrundlage brauchen wir jetzt erst einmal eine Machbarkeitsstudie. Wir müssen uns in der Partei erst einmal sortieren, wie wir uns zu dem Thema positionieren“, sagte Gitta Neemann-Güntner, die eine Delegation der SPD-Kreistagsfraktion bei der Führung durch die Kiesgrube am Mittwochabend anführte. Da diese Informationen fehlen, habe sie auch die Entscheidung im Sozial- und Kulturausschuss, dem die Büchenerin vorsitzt, auf den Herbst vertagt.
Denn augenblicklich gibt es nur Zahlen, die Landrat Christoph Mager auf Basis einer Analyse des Kreisarchivs vorgelegt hat. Danach würde das Museum in Lübeck 60.000 Besucher im Jahr anziehen, die bestehenden Museen im Kreis liegen deutlich darunter. Sie liegen bei maximal 10.000 Besuchern.
„Wir gehen davon aus, dass sich das Freizeitverhalten im Zuge der E-Mobilität deutlich verändert. Ein Standort für ein Urmeer-Museum in Groß Pampau wäre in zehn bis 15 Jahren ein wichtiges touristisches Ziel. Viel eher ließe sich ein Museum am Fundort der Wale ohnehin nicht realisieren“, betonte Andreas Malchow aus dem Grabungsteam. Aber der Kernpunkt ist: „Wir brauchen möglichst schnell eine Aussage des Kreises, ob es ein Museum im Herzogtum geben soll“, so Andreas Malchow. Favorit der Hobby-Archäologen ist Groß Pampau. Es gibt aber auch Überlegungen, die Funde in anderen Museen zu präsentieren. „Das Ozeaneum Stralsund würde unsere Fossilien mit Kusshand nehmen“, so Höpfner.