Schwarzenbek. Schwarzenbeks neuer Digitalisierungsmanager Dincer Kizrak hat schon viel Erfahrung gesammelt – bei Amazon und der Nato.

Zwei Grundschulen sanieren oder komplett neu bauen, die alten Realschule zu einem kombinierten Dienstleistungszentrum mit Bücherei, Stadtarchiv und Bürgerservice machen, eine neue Feuerwehrwache gleich neben der alten errichten, dazu die Bekämpfung der Corona-Pandemie und die Flüchtlinge aus der Ukraine – als wären dies nicht Aufgaben genug, sind die Mitarbeiter der Stadtverwaltung Schwarzenbek jetzt gefordert, sich in einen der umfangreichsten Veränderungsprozesse des letzten Jahrzehnte einzubringen: der Digitalisierung.

„Es kann nicht sein, dass wir im 21. Jahrhundert noch immer Papier ausdrucken und Akten von Büro zu Büro tragen“, sagt Bürgermeister Norbert Lütjens, der aber auch weiß, was er seinen Mitarbeitern zumutet: „Es ist ein Kulturwandel, bei dem wir versuchen, die Beschäftigten durch Transparenz und kurze, gute Kommunikationswege mitzunehmen.“

Verwaltung Schwarzenbek: Digitales System soll alte Papierakten ersetzen

Der Mann, der dabei als Leiter der Projektgruppe Digitalisierung alle Fäden in der Hand hält, heißt Dincer Kizrak. Bereits seit August vergangenen Jahres treibt der 42-Jährige die Digitalisierung der Stadtverwaltung voran. Dabei geht es nicht nur um interne Vorgänge, wie ein Zentrales Dokumentenmanagementsystem (ZDMS), das die alten Papierakten ersetzten soll. Auch für Bürger mit ihren Anliegen wird das Rathaus einfacher erreichbar. Die Stadt bietet auf ihrer Internetseite bereits 19 Serviceleistungen im Terminvergabesystem an – von A wie Abmeldung über F wie Führungszeugnis oder Fischereischein bis U wie Untersuchungsberechtigungsschein. Den benötigen Jugendliche, die vor Aufnahme einer Beschäftigung ihrem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung vorlegen müssen.

Onlineterminvergabe als Folge der Corona-Pandemie

In diesem Bereich hat ausgerechnet die Corona-Pandemie für einen großen Schub gesorgt: Weil das Rathaus für den Publikumsverkehr über Monate gesperrt war, wurde die Onlineterminvergabe (https://termine-reservieren.de/termine/schwarzenbek/?rs) vorangetrieben. Auch jetzt, wo beim Besuch des Rathauses die 3G-Regel nicht mehr kontrolliert wird, erfolgen Besuche nur nach Anmeldung. Im Foyer ist dafür extra eine Wartezone eingerichtet worden, per Bildschirm werden die Besucher mit denen ihnen zuvor mitgeteilten Nummern aufgerufen. „All dies spart letztlich Aufwand, Zeit und macht den ein oder anderen Gang ins Rathaus entbehrlich“, sagt Lütjens.

Grundlage dafür ist das Onlinezugangsgesetz (OZG), das bereits 2017 erlassen wurde. Es verpflichtet Bund, Länder und Gemeinden bis spätestens 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch digital anzubieten und zudem über Portale miteinander zu verknüpfen. „Aktuell setzten wir wichtige Maßnahmen um, bei denen Menschen im Mittelpunkt stehen, denn die Digitalisierung muss letztlich den Menschen dienen“, sagt Kizrak. Das erste Kriterium sei die Anwenderfreundlichkeit. Das gilt auch für die Internetseite der Stadt, für die ein Relaunch geplant ist. „Wir haben uns die Internetseiten anderer Städte angeschaut und die besten Optionen für uns ausgewählt“, sagt Kizrak. Während etwa die Internetseite der Stadt Geesthacht den Bürgern auch viele Pressemitteilungen des Rathauses zur Ereignissen in der Stadt bietet, wird die neue Schwarzenbeker Seite vor allem auf Dienstleistungen abzielen: „Es geht darum, alles möglichst einfach zu erreichen“, so Kizrak.

Von der Türkei über Italien nach Deutschland

Der Vater zweier Kinder hat in der Türkei einen Masterabschluss in Strategie und Management gemacht, war danach 15 Jahre für das Verteidigungsministerium tätig – zuletzt abgeordnet an die Nato in Italien. 2016 entschied sich die Familie dann nach Deutschland zu gehen. „Wir haben uns hier ein neues Leben aufgebaut“, so Kizrak. Aus Wuppertal war die Familie nach Schwarzenbek gezogen, weil Kizrak bei Onlineversandhändler Amazon einen neuen Job als Operating Manager fand. Seine Ehefrau arbeitet mittlerweile als Ärztin für die Hamburger Gesundheitsbehörde und der 42-Jährige seit August 2021 für die Schwarzenbeker Stadtverwaltung – mit Erfolg. Kizrak: „Bis Ende 2022 ist geplant, weitere Dienstleistungen im Terminvergabesystem anzubieten, unter anderem Schülerbeförderung, Kindertagesbetreuung oder Wohngeld.“