Schwarzenbek. Politiker überlegen, die Grundschulen Berliner Straße und Nordost neu zu bauen. Die Stadt würde für viele Jahre ins Minus rutschen.

Die Gymnasiasten in Schwarzenbek sind seit 2008 in einem Neubau an der Buschkoppel untergebracht. Anschließend wurde das alte Gebäude an der Berliner Straße saniert und 2010 als Grund- und Gemeinschaftsschule neu bezogen. Seither gab es keine großen Bauarbeiten mehr: Dem Raummangel an den Grundschulen Berliner Straße und Nordost wurde mit Containern oder der Umnutzung von Räumen begegnet. Damit soll jetzt Schluss sein: Die Stadt plant, beide Schulen zu sanieren oder gar komplett neu zu bauen. Nach derzeitigen Berechnungen würde eine Sanierung beider Schulen mehr als 44 Millionen Euro kosten, ein Neubau fast 48 Millionen Euro – laut aktuellem Stand. Bis tatsächlich gebaut wird, könnten die Kosten auf mehr als 50 Millionen Euro gestiegen sein.

Kathrin Kipke, Leiterin des Fachbereichs Bildung, Sport und Kultur in der Stadtverwaltung, stellte im Sozial- und Kulturausschuss das Konzept samt den Zahlen vor. Es ist das Ergebnis der sogenannten Phase Null. Der Begriff orientiert sich an den Leistungsphasen beim Neubau – von der Grundlagenermittlung (Phase 1) bis zur Objektbetreuung (Phase 9), in der der Architekt oder Bauingenieur das fertige Gebäude auf eventuelle Mängel überprüft, bevor die Gewährleistungsfrist abläuft. Die „Phase Null“ ist dem vorgeschaltet: „Im Gespräch mit allen Beteiligten werden dabei die Bedarfe ermittelt“, so Kipke.

Insgesamt 60 Menschen an den Beratungen für Schulneubau beteiligt

Zwei Jahre hat eine Lenkungsgruppe, bestehend aus Teilnehmern aus Politik, Verwaltung sowie der Schulen unter Moderation von Experten des Architekturbüros Trapez aus Hamburg und des auf Schulentwicklung spezialisierten Beratungsbüros Sicht.weise aus Verden/Aller getagt. „Insgesamt waren etwa 60 Menschen an diesen Beratungen beteiligt, darunter auch Schüler und Eltern“, sagt Bürgermeister Norbert Lütjens. Am Sonnabend, 15. Januar, hatte sich diese Lenkungsgruppe das letzte Mal getroffen und die Ergebnisse zusammengefasst.

Für Rüdiger Jekubik, Bürgervorsteher und Vorsitzender des für Schulen zuständigen Sozial- und Kulturausschusses, war es nun an der Zeit, die Ergebnisse in der Sitzung im Festsaal des Rathauses, die erstmals als Hybrid-Sitzung in Präsenz und Online abgehalten wurde, vorzustellen. „Wir wollen Transparenz herstellen, denn auf der Straße wird man schon von Bürgern gefragt, was wir da eigentlich machen“, so der SPD-Politiker.

Lernort statt Klassenzimmer: Wie sieht die Schule der Zukunft aus?

Die Mittel des Digitalpaktes flößen viel zu oft in eine „Fortsetzung des Alten, nur halt digital” und nicht in einen Prozesswechsel, beschreibt Stefan Niemann vom Büro Sicht.weise seine Vision von der Schule der Zukunft. Niemann weiß, wovon er spricht: Bevor er sich mit dem Beratungsbüro selbstständig machte, hat er 14 Jahre als Lehrer und Schulleiter gearbeitet. Gemeinsam mit den Mitgliedern der Lenkungsgruppe sowie in Workshops mit Eltern und Schülern entstand das Konzept einer Schule, das einem Dorf ähnelt: Um einen zentralen Marktplatz gruppieren sich Klassen- und Lernräume.

Der Altbau, der später um mehrere Anbauten erweiterten Compeschule, stammt aus den 1960er-Jahren.
Der Altbau, der später um mehrere Anbauten erweiterten Compeschule, stammt aus den 1960er-Jahren. © Marcus Jürgensen

„Die Frage für uns war: Wie sieht die Schule der Zukunft aus?“, so Jekubik. Denn so ein Schulneubau werde für die kommenden 40 bis 60 Jahre gebaut. Das Marktplatz-Konzept, dass auch Veränderungen möglich macht, sollten sich die pädagogischen Konzepte ändern, schien allen Beteiligten als das sinnvollste. „Es ist eine andere Art des Lernens, die an anderen Schulen bereits praktiziert wird“, so Jekubik. Beispielsweise an der Alemannenschule im baden-württembergischen Wutöschingen, Preisträger des Deutschen Schulpreises im Jahr 2019. Statt Klassenzimmer gibt es dort Lernorte, die entsprechend ihrer Nutzung gestaltet wurden.

Schwarzenbek: Schulneubauten sollen auf dem bisherigen Schulhof entstehen

Das Schwarzenbeker Konzept sieht vor, an der Grund- und Gemeinschaftsschule den verfügbaren Schulraum inklusive Sporthalle nahezu zu verdoppeln: Bei einer Sanierung, bei der Neubauten sowie eine Grundsanierung des Altbaus (bisher 3655 Quadratmeter) vorgesehen sind, würde die Fläche inklusive einer neuen Dreifeldsporthalle auf 9135 Quadratmeter steigen. Bei einem kompletten Neubau würden 8885 Quadratmeter ausreichen.

Das Problem des Umbaus im laufenden Schulbetrieb würde gelöst, in dem zunächst auf dem bisherigen Schulhof die Neubauten entstehen, dann das alte Gebäude abschnittsweise saniert wird. Einfacher zu lösen wäre dies bei einem kompletten Neubau, der ebenfalls auf der Freifläche vor der Schule entstehen würde, sodass der Unterricht weiter laufen kann. Auch bei den Kosten macht dies nur einen geringen Unterschied: Die Sanierung soll laut aktueller Berechnung 22,5 Millionen kosten, ein Neubau „nur“ 23,8 Millionen Euro.

Nur geringe Preisunterschiede zwischen Sanierung und Neubau

Bei der Grundschule Nordost ist der Unterschied noch geringer: Die Sanierung würde laut aktuellem Stand 23,6 Millionen, ein Neubau 23,8 Millionen Euro kosten. Ein Grund ist, dass bereits eine Dreifeldhalle im Stadtteil Nordost vorhanden ist, die auch nicht angefasst werden soll. Zudem hat der Schulentwicklungsplan für die Bildungseinrichtung lediglich einen fehlenden Mehrzweckraum ermittelt. Allerdings mussten wegen der großen Nachfrage, ein Jahrgang ist sogar siebenzügig, Schüler bereits in Container ausweichen. In Nordost würde bei einem Neubau der große Sportplatz als Fläche für den Neubau genutzt, anschließend der Altbau abgerissen.

Mit dem Abschlussbericht der Phase Null ist noch keine Entscheidung verbunden. Jekubik möchte bis Ende März zumindest einen Grundsatzbeschluss der Stadtversammlung haben, ob an den Schulen lediglich Mängel behoben oder eine grundsätzliche Erneuerung angegangen werden soll. Erst danach würden die Politiker über Sanierung oder Neubau entscheiden und auch, ob das Konzept des Architekturbüros Trapez verwendet oder ein Wettbewerb erfolgen soll. Offen ist auch, welche Schule als erste in die Bauarbeiten geht und welche Perspektiven die Stadt in dieser Übergangsphase der anderen Schule aufzeigen kann. Jekubik: „Wir wollen, dass das Zur-Schule-Gehen Spaß macht.“

Ob die ehrgeizigen Pläne verwirklicht werden können, hängt allerdings nicht allein vom Votum der Kommunalpolitiker ab. Mit den Neubauten würde die Stadt, die nach den letzten Schulbauten so hoch verschuldet war, dass sie am Konsolidierungsprogramm des Landes teilnahm, erneut für viele Jahre ins Minus rutschen und wäre auf Fehlbetragszuweisungen angewiesen. Ein Gespräch mit Landrat und der Kommunalaufsicht des Kreises, die über die Schulplanungen bereits informiert ist, soll laut Bürgermeister Jekubik nun zeitnah erfolgen.