Lauenburg/Mölln. Dass der WFL-Geschäftsführer Jan-Uwe Eichelberg nach fünf Monaten freigestellt wurde, ist nur eines der Konfliktfelder der Partei.
Die Auseinandersetzungen im CDU-Kreisverband Herzogtum Lauenburg haben eine Schärfe erreicht, die viele Parteimitglieder beunruhigt, manche verzweifeln lässt. Mit Blick auf die Differenzen zwischen Norbert Brackmann, Chef der Kreistagsfraktion und stellvertretender Kreisvorsitzender, sowie Klaus Schlie, früherer Landesinnenminister und aktuell Landtagspräsident, sprechen Parteifreunde von Grabenkämpfen oder Schlammschlacht. Vorwürfe des JU-Kreisvorsitzenden Florian Slopianka wie Amigo-Politik oder der Verweis auf längst überwunden geglaubte Zeiten Uwe Barschels und Helmut Kohls lassen vereinzelt den Vorwurf von parteischädigendem Verhalten die Runde machen.
Mitglieder der CDU Herzogtum Lauenburg sollten auch an die Landtagswahl denken
Im Mai geht es für die CDU an der Spitze der Jamaika-Koalition in Kiel um Erfolg oder Scheitern in der Landtagswahl. Die Forderung: Angesichts des Debakels bei der Bundestagswahl dürften Parteimitglieder jetzt nicht durch persönliche Angriffe auf offener Bühne die Chancen der Union beschädigen.
Dabei gibt es auch Vorwürfe, die für Außenstehende kurios anmuten. Etwa den, Klaus Schlie habe mit dem nach nur fünf Monaten abgelösten Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Lauenburg (WFL), Jan Uwe Eichelberg, einen Vertrauten installieren wollen. Tatsächlich war Eichelbergs Vater Uwe ein langjähriger Fraktionskollege von Schlie im Landtag.
WFL-Auswahlkommission votiert für Bewerber mit wenig Erfahrung
Bei der Wahl des Wirtschaftsmanagers im Frühjahr 2021 war Schlie, obwohl nicht Mitglied, einer von zwei Vertretern der CDU-Kreistagsfraktion im WFL-Aufsichtsrat. Nach der Sichtung der Bewerber hatte sich eine vierköpfige Auswahlkommission für Eichelberg ausgesprochen.
Neben Schlie gehörten dem Gremium auch der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Calvin Fromm (SPD) an wie auch Landrat Christoph Mager. Eichelberg brachte zwar breite Erfahrung aus der Wirtschaft mit, aber nur höchst überschaubare im Bereich Wirtschaftsförderung. Dennoch erhielt er den Posten. Nach der Wahl musste sich Schlie einer langwierigen Krebsbehandlung unterziehen.
Viele halten Jan Eichelberg für eine Fehlbesetzung
Rasch mehrten sich Stimmen, die Eichelberg für eine Fehlbesetzung hielten. Tenor: Die für einen Wirtschaftsförderer so wichtige Kommunikationsfähigkeit ließe zu wünschen übrig. Die ist auch zwischen CDU-Kreistagsfraktion und Schlie nicht allzu gut entwickelt. Einen Austausch wegen der Causa Eichelberg hat es bis Herbst nicht gegeben, bestätigen beide Seiten.
Auf einer Klausursitzung der von Norbert Brackmann geführten CDU-Kreistagsfraktion im November wurde Schlie in Abwesenheit scharf kritisiert und ein Nachfolger für den Aufsichtsrat vorgeschlagen. Schlie legte daraufhin den im Sommer turnusmäßig von Calvin Fromm übernommenen Aufsichtsratsvorsitz nieder.
Der Kreis wirft Schlie Mit-Verantwortung am möglichen finanziellen Schaden vor
„Ich kann die Aufsichtsratsentscheidung zur Ablösung Herrn Eichelbergs nicht mittragen, die müssen jetzt andere verantworten“, so der Möllner Christdemokrat gegenüber unserer Redaktion. Das gelte auch für mögliche finanzielle Folgen.
Wie von mehreren Seiten bestätigt, geht es um Regressforderungen. Nicht etwa des freigestellten Eichelbergs gegen seinen Kurzzeit-Arbeitgeber, sondern des Kreises Herzogtum Lauenburgs, WFL-Mehrheitsgesellschafter, gegen den ausgeschiedenen Aufsichtsratsvorsitzenden. Vorwurf: Schlie trage (Mit)Verantwortung am drohenden finanziellen Schaden, sollten Richter dem gegen seinen Rauswurf klagenden Eichelberg eine finanzielle Entschädigung zusprechen.
Für den Neuling hatte man sich auf einen Kompromiss geeinigt – zwischen sechs Monaten Probezeit und keiner: Es wurden drei Monate. Ob eine solche für Geschäftsführer an sich und Wirtschaftsförderer im Besonderen üblich ist, dazu gibt es unterschiedliche Meinungen.
Probezeit für einen Managerposten?
Als zwingend erachtet sie Brackmann: „Herr Eichelberg ist ja branchenfremd.“ Als unüblich für Geschäftsführer wertet sie dagegen Schlie. Zudem: „Wenn wir einen Mann aus der Wirtschaft wollen, der über Gewerbeflächenmanagement hinausdenkt, etwa Zukunftsperspektiven für die Innenstädte entwickelt, können wir ihn nicht mit einem Misstrauensvotum an den Start schicken.“
Brackmann hält dagegen: Mit sechs Monaten hätten die WFL-Gesellschafter Eichelberg innerhalb der Probezeit freistellen können, ohne die Gefahr, dass er vor Gericht eine Entschädigung zugesprochen bekomme.
Der Kreistag hat in seiner Sitzung vom 2. Dezember 2021 auf Vorschlag der CDU-Fraktion beschlossen, anstelle von Klaus Schlie Stephanie Kenzler zum Mitglied im Aufsichtsrat der WFL zu wählen. Das muss der Aufsichtsrat bei seiner Sitzung am 26. Januar noch einmal beschließen.
Wahl des CDU-Ortsvorsitzes in Mölln Auslöser der Schlammschlacht
Ein Auslöser der aktuellen Schlammschlacht fällt in den Oktober 2021. Für die Nachfolge der scheidenden Möllner CDU-Ortsvorsitzenden hatte sich mit Anja Reimann (47) eine ehemalige Mitarbeiterin des früheren Lauenburger Bundestagsabgeordneten Brackmann zur Wahl gestellt. Der hatte 2021 auf eine erneute Kandidatur für den Bundestag verzichtet.
Klaus Schlie, früherer CDU-Kreisvorsitzender, warf daraufhin in Mölln ebenso überraschend seinen Hut in den Ring. Und siegte in der Mitgliederversammlung hauchdünn mit nur einer Stimme Vorsprung. Dass zu der Versammlung drei Mitglieder in den Ortsverband eingetreten waren, darunter auch eine Tochter von Schlie, nahmen Parteimitglieder zum Anlass, die Wahl anzufechten.
Die Personen sollen am Abend handschriftlich in die Wählerliste eingetragen worden sein, Schlies Tochter wurde von den Anwesenden zum Mitglied der Stimmkommission gewählt. Dabei anwesend waren auch der CDU-Kreisvorsitzende Rasmus Vöge und Stellvertreter Norbert Brackmann.
Rechtswidrige Wahl im Beisein von Vöge und Brackmann?
Vöge wird seit Wochen gedrängt, die eskalierenden Streitigkeiten auf offener Bühne einzudämmen. „Ich appelliere an alle Parteifreunde, Streit in den Gremien auszutragen und zu alter Geschlossenheit zurückzukehren.“ Die Woche werde sich der Kreisvorstand mit dem Konflikt befassen. Er, so Vöge, sei mit vielen Parteifreunden im Gespräch. Bislang ist ein Erfolg nicht erkennbar.
Auf die Attacken seiner Gegner reagiert Schlie inzwischen ebenfalls über die Medien, wehrt sich gegen Vorwürfe. Und fordert den gleichaltrigen Brackmann auf, sich nach mehr als vier Jahrzehnten ebenfalls von der politischen Bühne zu verabschieden. Schlie verzichtet nicht nur auf eine erneute Kandidatur für den Landtag, er hat zudem angekündigt, alle politischen Ämter im Sommer niederzulegen.
Schlie fordert Brackmann auf, sich auch aus der Politik zurückzuziehen
„Die Menschen verstehen nicht, wenn wir uns in der Form mit uns selbst beschäftigen“, mahnt Vöge angesichts der Landtagswahl im Mai und der Bürgermeister-Wahl in Mölln im Februar. Zu der tritt Klaus Schlies Sohn Jan Frederik (ebenfalls CDU) als unabhängiger Kandidat an. Vöge: „Manches erweckt den Eindruck, als würden wir nicht sehen, dass es mit Corona und den Folgen drängende Probleme gibt, die es anzugehen gilt.“
Brackmann spielt den Ball zurück: Er sei leider mit einem Vergleichsvorschlag im Kreisvorstand nicht durchgedrungen: „Mein Vorschlag, die Ortsvereinsversammlung in Mölln zu annullieren und zu einer neuen Versammlung einzuladen, hat im geschäftsführenden Vorstand leider keine Mehrheit gefunden.“
Während Schlie-Kritiker weiter auf eine Entscheidung des Parteigerichts drängen, hat der Kritisierte dieses Thema abgeräumt. Klaus Schlie hat seinen Verzicht auf den Ortsvereinsvorsitz in Mölln erklärt.
- Weitere Konfliktfelder
- Mit Rasmus Vöge hat sich ein Schlie-Favorit als CDU-Kreisvorsitzender durchgesetzt, der im Brackmann-Lager auf wenig Gegenliebe stößt.
- Mit der Neuausschreibung des Rettungsdienstes im Kreis hat Norbert Brackmann 2021 nur einen Teilerfolg errungen. Zwar hat die schwarz-grüne Mehrheit im Kreistag dafür gesorgt, dass nach Jahrzehnten nicht mehr das DRK den Rettungsdienst stellt. Die Aufteilung in drei Regionen hatte jedoch nicht zur Folge, dass die DLRG mit Stützpunkt in Lauenburg den Zuschlag für den Südkreis erhielt. Brackmann hat, wie Landrat Christoph Mager als früherer Präsident des Landesverbands, eine Vergangenheit in der DLRG. Im DRK wiederum tätig ist Schlie-Sohn Jan Frederik, zuletzt als zweiter Geschäftsführer.
- Jan Frederik Schlie (CDU), derzeit Bürgervorsteher in Mölln, bewirbt sich als Unabhängiger um den Bürgermeisterposten.