Schwarzenbek/Lauenburg. Teure Mieten, unbezahlbare Grundstückspreise. In Lauenburg und Schwarzenbek ist das noch anders. Doch Flächen werden knapp.

Die Bevölkerung Hamburgs ist seit 2005 um gut 180.000 Menschen auf rund 1,9 Millionen Einwohner Ende 2020 gewachsen. Im bundesweiten Vergleich gewinnt die Hansestadt, wie die meisten Metropolen, Einwohner hinzu. Gegenüber dem Umland ist das Bild ein anderes: Für 2020 vermeldet das Statistikamt Nord 15.600 Zuzüge nach Hamburg, ihnen stehen jedoch 24.580 Menschen gegenüber, die in den Speckgürtel abgewandert sind. In der Vergangenheit war die Zuwanderung auf die sechs Umlandkreise höchst ungleich verteilt, inzwischen holt der Kreis Herzogtum Lauenburg jedoch auf.

Wohnungsmarkt in Hamburg ist schwierig - Zuwanderung auf die Umlandkreise

Mit rund 200.000 Einwohnern ist er noch der bevölkerungsärmste Randkreis der Elbmetropole. In wenigen Jahren kann er jedoch den Landkreis Stade (heute 205.000 Einwohner) überflügeln. Im Lauenburgischen ist die Bevölkerung im Jahr 2020 gut doppelt so stark gewachsen wie elbabwärts. Das Herzogtum liegt jedoch deutlich hinter dem Nachbarkreis Stormarn (245.000 Einwohner) oder gar Spitzenreiter Pinneberg zurück: Mit und 317.000 Einwohnern ist der Kreis gut eineinhalbmal so groß.

Der lauenburgische Südkreis ist mit den Städten Geesthacht und Schwarzenbek sowie den Randgemeinden Börnsen, Dassendorf, Escheburg und Co. der Bevölkerungsschwerpunkt im Herzogtum Lauenburg, deutlich dichter besiedelt als der Norden. Geesthacht mit knapp 31.000 Einwohnern ist die größte Stadt im Lauenburgischen, entscheidenden Anteil am Bevölkerungszuwachs hat seit Jahrzehnten neben den Gemeinden an der Grenze zu Hamburg aber auch Schwarzenbek.

Metropolregion wächst besonders im Hamburger Speckgürtel

An der Juliusburger Landstraße in Lauenburg ist ein Wohngebiet  (roter Kreis) mit etwa 30 Einfamilienhäusern  geplant. Ein Großteil des 21 Hektar großen Gewerbegebietes (r.) soll  jetzt auch Wohnbaufläche werden. Nur noch fünf Hektar bleiben Gewerbegebiet.
An der Juliusburger Landstraße in Lauenburg ist ein Wohngebiet (roter Kreis) mit etwa 30 Einfamilienhäusern geplant. Ein Großteil des 21 Hektar großen Gewerbegebietes (r.) soll jetzt auch Wohnbaufläche werden. Nur noch fünf Hektar bleiben Gewerbegebiet. © Stadt Lauenburg

Das Sorgenkind im Südkreis war über lange Zeit Lauenburg. Die Schifferstadt an der Elbe hatte über Jahre Einwohner verloren. „Bertelsmann-Stiftung und Co. haben uns Glauben machen wollen, dass dieser Negativtrend weiter anhalten wird, dass wir dauerhaft zum Schrumpfen verdammt sind“, erinnert Bürgermeister Andreas Thiede. Doch 2012 gelang die Trendwende. „Auf meinem ersten Neujahrsempfang als Lauenburgs Bürgermeister konnte ich verkünden, dass die Einwohnerzahl gestiegen war – um ganze vier Lauenburger.“

Mit 11.000 Lauenburgern war 2011 der Tiefststand erreicht, „vor wenigen Wochen haben wir die 12.000-Einwohner-Marke geknackt“. Früher sei es das beherrschende Thema gewesen, bei schrumpfenden Bevölkerungszahlen die notwendige Infrastruktur zu erhalten, so Thiede. „Heute müssen wir sehen, wo wir nachbessern müssen, damit die Infrastruktur mit der Entwicklung Schritt hält.“

Weiteres Wachstum müsse mit neuen Kitas einhergehen und mit dem Schulausbau, wünscht sich Thiede eine ausgewogenen Entwicklung. Dass Lauenburg seit einigen Jahren über eine eigene gymnasiale Oberstufe verfüge, habe das Image verbessert. Folge: Eltern haben sich für die Schifferstadt als neuen Wohnort entscheiden.

Die Grundstückspreise in Lauenburg haben sich fast vervierfacht

Für Lauenburg meldet Bürgermeister Thiede eine regelrechte Explosion der Preise, allerdings von einer niedrigen Basis kommend. „Die Grundstückspreise haben sich binnen weniger Jahre fast vervierfacht.“

Wichtig sei zudem der eigene Bahnhof – „da brauchen wir für die Zukunft eine bessere Anbindung an Büchen mit Umsteigemöglichkeit nach Hamburg“, so Thiede. „Und wir kämpfen gemeinsam mit Geesthacht für eine Ortsumgehung. Diese würde die Fahrzeit für Lauenburger nach Hamburg mit dem Auto auf 35 Minuten reduzieren“.

Dass es Lauenburg aus Sicht potenzieller Neubürger über Jahrzehnte an Attraktivität gemangelt hat, dafür sieht der Verwaltungschef neben der früheren Lage am Eisernen Vorhang und der Randlage zur Metropole Hamburg vor allem einen weiteren Grund: Massiver sozialer Wohnungsbau in den 1970er-Jahren habe das soziale Gefüge verändert, habe viele einkommensschwache Familien nach Lauenburg geholt. „Das hat sich in den vergangenen Jahren mit unseren Neubaugebieten geändert, kommt Lauenburg zugute.“

Lauenburg betreibt aktuell fünf Bebauungsplanverfahren

Aktuell betreibe die Stadt fünf Bebauungsplanverfahren: Binnen fünf Jahren könnten die Grundlagen für „600 bis 800 Wohnungen gelegt werden, im Geschosswohnungsbau ebenso wie in Einfamilienhäusern“. Dafür soll eine zunächst als reines Gewerbeareal gedachte 15-Hektar-Fläche an der Juliusburger Straße zum Mischgebiet umgeplant werden. Dazu kommen weitere kleinere Flächen, die aber nicht im Besitz der Stadt sind, wie auch ein kleines Areal am B-5-Kreisel. Hier sollen Geschosswohnungen entstehen.

„Danach wäre in Lauenburg Schluss, könnten wir nur weitere Wohnbaugebiete ausweisen, wenn wir uns mit unseren Nachbarkommunen einigen“, so Thiede schmunzelnd zum Thema Flächentausch. Das Umland wird in Teilen im Amt Lauenburg-Land von der Stadt mitverwaltet.

Wie in Lauenburg sind längst auch in Schwarzenbek die Flächen knapp. Der Ort mit eigenem Bahnhof an der IC-Trasse Hamburg-Berlin hat im Vergleich der Südkreis-Städte prozentual die vergangenen Jahrzehnte das größte Bevölkerungswachstum erlebt. „Wir haben vor rund zwei Monaten die 17.000-Einwohner-Grenze geknackt“, bestätigt Norbert Lütjens, seit rund einem Jahr Schwarzenbeks Bürgermeister.

Schwarzenbek für Hamburger wegen guter Anbindung attraktiv

Die Entwicklung sei jedoch zweischneidig, nicht nur wegen der schwindenden Flächen. „Die Grundstückspreise gehen nach oben, die Mieten steigen“, so Lütjens. Für Hamburger sei Schwarzenbek angesichts der höheren Preise in der Hansestadt und der guten Anbindung über Schiene und Autobahn weiter attraktiv. „Doch viele Einheimische und besonders deren Kinder tun sich schwer, noch ein bezahlbares Baugrundstück zu finden.“

Seit geraumer Zeit wird in Schwarzenbek, teils hinter verschlossenen Türen, über die Zukunft der Stadt diskutiert. Erfordert doch weiteres Bevölkerungswachstum zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur, etwa in Kitas und Schulen. Lütjens: „Wir streben eine richtungsweisende Entscheidung an, was ist vertretbar, was können wir leisten.“

Falle die Entscheidung für weiteres Wachstum, werde die Nachverdichtung bestehender Wohngebiete eine wichtige Rolle spielen, so Lütjens. Die müsse aber verträglich sein und die Realitäten im Blick behalten: „Ein riesengroßes Wachstum ist in Schwarzenbek nicht mehr möglich, wir landen sicherlich nicht bei 25.000 Einwohnern.“

Schwarzenbek arbeitet seit Langem an neuem Flächennutzungsplan

Seit Jahren wird an einem neuen Flächennutzungsplan als Grundlage weiterer Bebauungsgebiete gearbeitet. „2019 sind wir mit 93,55 Hektar Potenzial- und Prüfflächen gestartet, 2021 sind davon 29,66 Hektar nachgeblieben“, erläutert Bauamtsleiter Ralf Hinzmann.

Es geht um 16 Flächen: Die Frage der Nutzung der ehemaligen Realschule und von Klärwerkflächen steht dabei ebenso auf der Tagesordnung wie eine potenzielle Erweiterung südlich des Gymnasiums, weitere Gewerbeflächen am Stadtrand oder die sogenannte Küsterkoppel.

Die Bebauung mehrerer landwirtschaftlicher Flächen ist nach derzeitigem Stand problematisch, weil diese die Grundwasserförderung stören könnten, etwa im Bereich Bölkau/Krügerskamp. Hinzu kommen in einigen Fällen noch Probleme mit der Straßenanbindung.

Gut 19 Hektar in Schwarzenbek für weitere Wohnbebauung denkbar

Voraussichtlich werde die Summe von knapp 30 Hektar noch weiter sinken, so Hinzmann. Aktuell sind gut 19 Hektar für Wohnbebauung denkbar, weitere sechs für Mischgebietsausweisung, etwa für nichtstörendes Gewerbe und Wohnnutzung. Gut drei Hektar sind für Gemeinbedarf vorgesehen, so für Schulen, Kitas, Sport- und Spielplätze, für Feuerwehr, öffentliche Verwaltung und Kirchen.

Bis zum Abschluss des Planverfahrens liege noch viel Arbeit vor den Beteiligten, weiß Hinzmann: „Ich setze darauf, dass die nächsten Schritte noch vor der Sommerpause geschehen. Damit wir das Thema aus dem Kommunalwahlkampf heraushalten können.“ Bis dahin ist noch ein wenig Zeit: Gewählt wird erst 2023.