Schwarzenbek. 2020 hatte die DB Netz AG in Schwarzenbek einen erste Lärmschutz an den Bahnschienen errichtet. Nun folgt die zweite Wand.

Was lange währt, wird endlich gut: Vor acht Jahren wurde die „Bürgerinitiative gegen Bahnlärm“ gegründet. Jetzt kann die BI den Erfolg ihrer Aktionen einfahren: Aktuell entsteht zwischen Bahnhof und dem Neubau­gebiet Peerkoppel an der Brüggemannstraße eine Lärmschutzwand. Bereits im vergangenen Jahr hatte die DB Netz AG im Bereich Gra­bauer Straße eine Lärmschutzmauer errichtet. Das Bauvorhaben erfolgt im Rahmen des Programms „Lärmsanierung an Schienenwegen des Bundes“ und kostet zwei Millionen Euro. „Die Gesamtinvestitionssumme in Schwarzenbek liegt bei circa drei Millionen Euro“, so ein Sprecher der Bahn.

Das Bauvorhaben schließt nicht Lücken im Lärmschutz

Mit diesen beiden Lärmschutzwänden sind dann aber auch alle Maßnahmen im Rahmen des Bundesprogramms erfüllt.

Allerdings werden durch die beiden Neubauten nicht alle Lücken geschlossen. Lärmgeplagte Anwohner können jedoch auf Antrag ins „Sonderprogramm zur Minderung der Verkehrslärmbelastung an besonders lärmbelasteten Schienenwegen“ aufgenommen werden. Sie erhalten dann bis zu 75 Prozent der Kosten für passiven Lärmschutz durch besonders lärmgedämmte Fenster oder Lüftungsanlagen vom Bund erstattet.

2014 wurde der Streckenabschnitt ins Förderprogramm aufgenommen

Am 12. September 2013 saßen gleich vier Bundestagsabgeordnete aus dem Kreisgebiet bei Familie Matzat an der Straße Im Winkel, die zu den Gründungsmitgliedern der BI gehörte, auf der Terrasse, um hautnah den Bahnlärm zu erleben: Norbert Brackmann (CDU), Konstantin von Notz (Grüne) sowie Christel Happach-Kasan (FDP) und Nina Scheer, damals noch SPD-Kandidatin auf das Bundestagsmandat.

Brackmann brachte eine gute Nachricht aus Berlin mit: Die Bahn AG hatte angekündigt, dem Verkehrsministerium vorzuschlagen, auch die Schwarzenbeker Ortsdurchfahrt in das Lärmsanierungsprogramm aufzunehmen.

Im Juli 2014 wurde der Streckenabschnitt ins Förderprogramm aufgenommen und es wurden schalltechnische Untersuchungen durchgeführt, um den Sanierungsbedarf zu ermitteln. Dadurch konnten auch die Alt-Gebäude neu bewertet werden, für die es bis dahin keine Zuschüsse bei passiven Lärmschutzmaßnahmen gab.

Erst nach 1989 wurde es auf der Bahnstrecke richtig laut

Als die Matzats und viele andere Familien ihre Häuser in den 1970er-Jahren bezogen, stellten sie erstaunt fest, dass diese an einer Bahnstrecke lagen. Doch zu Zeiten der deutsch-deutschen Teilung befuhren die Strecke zwischen Hamburg und Berlin nur wenige Züge. Das änderte sich ab 1989: Nach der Grenzöffnung kamen nicht nur mehr Personenzüge, sondern auch die berüchtigte „Taigatrommel“ – eine extrem laute dieselelektrische Lok sowjetischer Bauart.

Es folgte der Ausbau der Strecke für ICs, und nach dem Scheitern der Transrapid-Pläne in den 1990er-Jahren – die Magnetschwebebahn sollte Hamburg und Berlin verbinden – der Ausbau zur ICE-Strecke. Der Lärmschutz blieb dabei weitgehend auf der Strecke: Nur an wenigen Stellen im Stadtgebiet wurden damals Lärmschutzwände errichtet.

Flüsterbremsen sollen den Geräuschpegel senken

Neben passivem Lärmschutz und Lärmschutzwänden sollen neue „Flüsterbremsen“ den Geräuschpegel um rund zehn Dezibel senken, was gefühlt einer Halbierung des Lärms entspricht. Mit den Bremsen wurden seither insgesamt rund 63.000 DB-eigene Güterwagen sowie die privater Transportunternehmen ausgerüstet.

Statt der bisher verwendeten Graugusssohle, bei der Metall auf Metall schleift, wenn die Züge bremsen, wird nun eine Bremssohle mit einer Mischung aus Metall­fasern und einer Kautschuk-Harz-Verbindung eingebaut. Ein Blick auf die Lärmmessung am Schwarzenbeker Bahnhof zeigt: Güterzüge sind bei der Durchfahrt von Personenzügen lärmtechnisch kaum mehr zu unterscheiden.

Laute Bahngeräusche sind auch gesundheitsgefährdend

Mit bundesweit 19 Lärmmessstationen, die 2019 an besonders lärmgeplagten Orten aufgestellt wurden, soll der tatsächliche Lärm bei einer Zugdurchfahrt festgestellt und überprüft werden, ob er sich durch den Einsatz der neuen Bremsen an Güterwagen reduziert. Unter www.laerm-monitoring.de können Interessierte die Messdaten jeder einzelnen Station einsehen.

Der Grund für so viel Aufwand: Lärm ist auch gesundheitsgefährdend. Im Gegensatz zu lauten Rock-Konzerten, bei denen das Tragen von Ohrstöpseln empfohlen wird, hört der Bahnlärm niemals auf. Deshalb erhält das Gehör nicht die erforderlichen Pausen für die Regeneration. Doch nicht nur das Gehör leidet, auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zum Herzinfarkt können Folge einer dauerhaften Lärmbelastung sein.

Lärmschutzwand wird im Oktober komplett montiert

Die Bauarbeiten, die am 10. September 2021 begonnen wurden, ruhen aktuell und werden am Freitag, 15. Oktober, fortgesetzt. Die Lärmschutzwand soll dann bis Montag, 25. Oktober montiert sein. Sie beginnt bei km 249,425 und schließt bei km 250,290 an eine vorhandene Lärmschutzwand an. Zwischen den weißen Pfosten werden hochabsorbierende Aluminiumelemente in Moosgrün bis zu einer Höhe von drei Metern über Schienenoberkante eingeschoben. Inklusive der Nacharbeiten soll das Vorhaben bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein.