Schwarzenbek. Aus einem Handelszentrum mit 1000 Beschäftigten wurde ein Großhandel. Jetzt schließt auch der Showroom an der Buschkoppel.

Die Ansiedlung chinesischer Firmen als Arbeitsplatz- und Wirtschaftsmotor in Schwarzenbek war vor mehr als zehn Jahren ein Traum, der Politik, Wirtschaft und Verwaltung zu ungeahnten Höhenflügen verleitete. Sogar der damalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) war mit in China, um einen Vertrag über die Einrichtung eines Handelszentrums in Schwarzenbek mit dem Unternehmer Zhonghui Zhu zu unterzeichnen. Die Ernüchterung kam relativ schnell, als aus dem geplanten Handelszentrum mit 1000 Beschäftigten ein Textilgroßhandel mit drei chinesischen Mitarbeitern in einem ehemaligen Aldi-Markt an der Buschkoppel wurde.

Trotzdem kam Carstensens Nachfolger Torsten Albig (SPD) zur Einweihung des Showrooms in die Europastadt und setzte Hoffnung auf eine Ausweitung des Geschäfts. Mittlerweile ist auch der Verkaufsraum an der Buschkoppel nicht mehr da.

Kein Handelszentrum mit chinesischem Unternehmer in Schwarzenbek

„Das Konzept mit hochwertiger Bettwäsche im Direktverkauf hat so nicht funktioniert. Das European Textile Center bleibt uns aber mit einem Büro erhalten und wird weiterhin von Schwarzenbek aus Großhandel im europäischen Raum betreiben“, sagt Ralf Hinzmann, der im Rathaus seit mehr als zehn Jahren für die China-Kontakte zuständig ist.

Die chinesische Firma ETC hatte ihren Showroom im ehemaligen Aldi-Markt an der Buschkoppel in Schwarzenbek. Von dort aus bediente sie den europäischen Markt mit hochwertiger Bettwäsche. In den Showroom zieht ein Möllner Unternehmen. Nur das Büro bleibt.
Die chinesische Firma ETC hatte ihren Showroom im ehemaligen Aldi-Markt an der Buschkoppel in Schwarzenbek. Von dort aus bediente sie den europäischen Markt mit hochwertiger Bettwäsche. In den Showroom zieht ein Möllner Unternehmen. Nur das Büro bleibt. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

Den Showroom haben die Chinesen bereits geschlossen und ausgeräumt. Insgesamt 1000 Quadratmeter Fläche haben sie an eine Firma aus Mölln vermietet, die Aufzüge und Rauchabzugsanlagen verkauft. „Die Entwicklung ist schade. Wir haben uns sehr viel mehr versprochen, als wir damals nach China gereist sind“, sagt Egon Siepert (CDU), der zur Zeit der ersten Chinakontakte in den Jahren 2008/2009 Erster Stadtrat war und auch mehrfach Delegationen nach Haimen begleitete.

Auch eine chinesische Schule für Kinder der Mitarbeiter war im Gespräch

Mit bis zu 1000 Arbeitsplätzen, die in 300 kleinen Textilfirmen in einem Handelszentrum nach chinesischem Vorbild entstehen sollten, hatten die Verantwortlichen in der Stadt gerechnet. Der damalige Bürgermeister Frank Ruppert, hatte sogar Sorge, wo die vielen Neubürger aus China untergebracht werden könnten und wollte dafür die Umlandgemeinden mit ins Boot holen. Auch eine chinesische Schule für die Kinder der Mitarbeiter des Handelszentrums war im Gespräch. Viele Akteure des großen China-Deals lernten die Sprache in Volkshochschulkursen. Mit Haimen wurde auch eine Städtepartnerschaft ins Leben gerufen.

Die große Euphorie kühlte sich allerdings schnell ab, als nach der Vertragsunterzeichnung erst einmal wenig passierte. Es gab Gespräche mit der LMT Group über den Kauf der Schafwiese an der Grabauer Straße für den Bau des Handelszentrums. Die Verhandlungen verliefen im Sande und das Handelszentrum rückte in weite Ferne. 2010 gründete Geschäftspartner Zhonghui Zhu die Firma ETC, die dann 2014 ihren Showroom an der Buschkoppel bezog.

  • So wurde das kleine Schwarzenbek Partner der Millionenstadt Haimen
Große Visionen für Schwarzenbek: Eine Delegation besucht, angeführt vom damaligen Bürgermeister Frank Ruppert (r.) Haimen und bestaunt im Jahr 2009 ein Modell vom Handelszentrum des Unternehmers Zhonghui Zhu. Etwas ähnliches sollte in Schwarzenbek entstehen.
Große Visionen für Schwarzenbek: Eine Delegation besucht, angeführt vom damaligen Bürgermeister Frank Ruppert (r.) Haimen und bestaunt im Jahr 2009 ein Modell vom Handelszentrum des Unternehmers Zhonghui Zhu. Etwas ähnliches sollte in Schwarzenbek entstehen. © Marcus Jürgensen

Schwarzenbek hat rund 17.500 Einwohner, Haimen ist eine chinesische Großstadt mit einer Million Einwohner. Seit 2009 verbindet die beiden Städte eine Partnerschaft. Die Allianz ist entstanden aus Kontakten, die der damalige Wirtschaftsförderer Andreas Thiede (mittlerweile Bürgermeister in Lauenburg) bei der Feier zum 100-jährigen Bestehen der Firma Fette (LMT Group) im Jahr 2008 mit der chinesischen Unternehmerin Puping Wang knüpfte. Die Ansiedlung ihrer Firma in Schwarzenbek scheiterte, aber über Reisen nach China kam es zu Kontakten mit Zhonghui Zhu, die zur Ansiedlung eines Textilgroßhandels in Schwarzenbek führten und Haimen zur Partnerstadt Schwarzenbeks machten.

Haimen ist eine kreisfreie Stadt in der Region Nantong. Sie gehört zur chinesischen Provinz Jiangsu. Die Stadt im Norden der Metropole Shanghai (Hamburgs Partnerstadt), getrennt durch den Jang­tse-Fluss, erstreckt sich über eine Fläche von 1148 Quadratkilometern. Der Name Haimen entstand aus den chinesischen Wörtern für Meer (Hai) und Tor (Men) und beschreibt die Lage an der Mündung des Jangtse in das chinesische Meer. Auch dank vieler neuer Brückenbauten gehört Haimen inzwischen zum prosperierenden Speckgürtel Shanghais und wird seit Jahren vom Forbes-Magazin zu den 100 besten Handelsplätzen Chinas gezählt.