Ratzeburg. Anteil naturnaher Flächen soll im Herzogtum Lauenburg verdoppelt werden, die Wege für die Forstwirtschaft sollen begrenzt werden.

Zuletzt haben vor allem CDU und Grüne öffentlich die Klingen (oder besser Äxte) gekreuzt im Streit um die Entwicklung der Kreisforsten im Herzogtum Lauenburg. Nun machen SPD und Linke im Kreistag gemeinsam Front für einen Richtungswechsel.

Nicht die Rolle als Holzlieferant soll für die Lauenburgischen Wälder im Mittelpunkt stehen, die Partner fordern, die Flächen des größten kommunalen Waldbesitzers zum „Klimawald“ umzubauen. Mehr natürlicher Baumbestand, ein deutlich reduzierter Holzeinschlag sowie der Verzicht auf ortsfremde Baumarten wie auch das Zurückdrängen schwerer Geräte sollen dem Wald helfen, wachsende Trockenheit und Stürme besser zu überstehen.

SPD und Linke wollen Kreisforsten zum Klimawald umbauen

Anders als die Grünen, die einen Stopp für jeden Holzeinschlag fordern, wollen SPD und Linke den Umbau der Kreisforsten ohne Moratorium. Die CDU hält daran fest, dass der nachwachsende Rohstoff Holz einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss.

Als Baumaterial etwa speichert es Kohlendioxid in großen Mengen. Die „SPD opfert Klimaschutz, Steuergeld und Arbeitsplätze für Parteitaktik“ ist eine Erklärung überschrieben, mit der Ingo Westphal, Vize-Fraktionschef der CDU, den geforderten Paradigmenwechsel kritisiert.

CDU: Ohne Hilfe bewältigt der Wald den Klimawandel nicht

Die CDU moniert, der Klimawandel schreite zu rasch voran, als dass sich der Wald allein schnell genug anpassen könne. In dem Punkt sind sich Experten uneins: Während im Harz genau dieser Weg versucht wird, hat ein vom Kreis beauftragtes Gutachterbüro erklärt, es drohe eine „Entmischung der Mischwälder, was sie deutlich anfälliger macht“, so der forstpolitische Sprecher der CDU. Niemand dürfe „wissenschaftliche Versuche zu möglichst klimastabilen Baumarten ablehnen“.

Und wer auf schwere Harvester zur Holzernte verzichten wolle, verstoße massiv gegen Arbeitnehmerinteressen. Er schwäche die Arbeitssicherheit und sorge für steigende körperliche Belastung. Ein solcher Verzicht schwäche zudem die Ertragssituation und führe „zu einem deutlichen Abbau sich selbst tragender Stellen“, so die CDU.

Linke-Fraktionschef: „Wald braucht uns nicht – aber wir brauchen den Wald“

Wo die Union auf die Expertenmeinung beauftragter Forstwissenschaftler verweist, setzen SPD und Linke auf die Expertise von Umweltschützern, etwa aus den Reihen von Nabu und BUND. „Im guten Austausch zwischen den Verbänden und den Parteien SPD und Die Linke ist ein Papier entstanden, das richtungsweisend ist für die zukünftige Ausgestaltung der Kreisforsten“, wirbt Jens Meyer, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Damit werde ein starkes Signal gesetzt für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Artenvielfalt – „denn dies beginnt immer vor der eigenen Haustür“.

Manfred Liedke, Fraktionschef der Linken, mahnt: „Der Wald braucht uns nicht – aber wir brauchen den Wald, um zu leben. Daher sollte unsere gesamte Anstrengung darin liegen, diesen bedrohten Lebensraum möglichst effektiv zu schützen.“ Sie freue sich, sagt Linken-Sprecherin Yvonne Treptow, „dass wir (...) nun auch parteiübergreifend für eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Kreisforsten und den Erhalt des Ökosystems Wald an einem Strang ziehen“.

Viele Maßnahmen sollen den Wald widerstandsfähiger machen

Auch Dr. Nina Scheer, Umweltpolitikerin und SPD-Bundestagsabgeordnete, macht sich für den Kurswechsel stark: „Wirtschaftlichkeit muss bei öffentlichen Wäldern klar zurückstehen, wenn dies Erhalt und Gesundung des Waldes einfordern, gerade mit Blick auf den sich verschärfenden Klimawandel.“

Die Forderung der Opposition, „einen Waldbeirat aus Interessenvertretern und Experten“ zu schaffen, stößt bei der CDU auf Kritik: Wer Ergebnisse eines öffentlichen Symposiums wie auch einer Anhörung von „unterschiedlichen relevanten Interessengruppen“ nicht wahrnehme, könne kaum erklären, was dann ein Beirat solle.

Anteil naturnaher Waldflächen soll auf 30 Prozent verdoppelt werden

Jens Meyer hat dazu klare Vorstellungen: Vertreter von Kreisforsten und Forstwirtschaft, von Umweltverbänden und Fachleute „mit wissenschaftlicher Expertise“ sollen mit der Politik gemeinsam „Struktur, Programm und Satzung“ für die Kreisforsten erarbeiten.

SPD und Linke wollen den Anteil naturnaher Waldflächen auf 30 Prozent verdoppeln, dagegen Wege für die Forstwirtschaft auf maximal zehn Prozent begrenzen, zudem auch keine neuen zulassen. Nadelwald soll in naturnahen Laubmischwald umgewandelt werden, der widerstandsfähiger gegen Trockenheit und Schädlinge ist. Beide Fraktionen fordern außerdem den Verzicht auf „Pestizide und andere Chemikalien im Wald“.

Totholz soll als „Nährstoff- und Wasserspeicher weitestgehend im Wald bleiben“, auf die Weise die Humusbildung fördern. Entwässerungsgräben werden auf kreiseigenen Flächen zurückgebaut.