Schwarzenbek. Nach sechs Jahren im Amt übergibt Schwarzenbeks Bürgermeisterin Ute Borchers-Seelig den Stab an ihren Nachfolger Norbert Lütjens.
Ihre letzte Amtshandlung war der erste Spatenstich für den Kunstrasenplatz an der Schützenallee am vergangenen Montag. Danach trat Ute Borchers-Seelig ihren Resturlaub an. Am 1. Dezember übernimmt Norbert Lütjens das Bürgermeisteramt. Der 50-jährige Stadtjugendpfleger erhielt am 27. September knapp 75 Prozent der Stimmen. Der Grünen-Politiker und ehemalige Bürgervorsteher Matthias Schirmacher (56) unterlag mit knapp 25 Prozent der Stimmen deutlich. Die amtierende Verwaltungschefin hatte nicht für eine zweite Amtszeit kandidiert.
Ute Borchers-Seelig (60) hatte im Jahr 2014 mit 51,1 Prozent der Stimmen die Stichwahl gegen Christian Carstensen (SPD) gewonnen. Sie war bereits seit 2011 Kämmerin in Schwarzenbek und trat die Nachfolge von Frank Ruppert an. Zum Ende ihrer Amtszeit zieht sie in einem Interview mit unserer Zeitung Bilanz.
Abendblatt: Frau Borchers-Seelig, als Sie 2014 antraten, hatten Sie die Besetzung der Stelle des Wirtschaftsförderers als wichtiges Thema benannt. Das hat wegen des Widerstands seitens der Politik nicht geklappt. Hat das Schwarzenbek geschadet?
Ute Borchers-Seelig: Geschadet? Da muss man dann ja fragen, ob monetär oder ob Imageschaden, das ist sicherlich hypothetisch. Ein zentraler Ansprechpartner für Investoren und Unternehmen in der Stadt, die Qualitäten der Stadt als Wirtschaftsstandort bekannt zu machen, Ansiedlung zu unterstützen, mit Projekten und Angeboten die Entwicklung des Standortes zu fördern, zu kooperieren und zu netzwerken – hat eine zentrale Bedeutung. Aber wie Sie schon gesagt haben, das war politisch nicht gewollt.
Das Bildungszentrum haben Sie schon damals als Herzensangelegenheit bezeichnet. Sind Sie enttäuscht, dass es vermutlich noch mehrere Jahre dauern wird, bis das Projekt Realität wird?
Ja klar, finde ich es außerordentlich schade, dass das Projekt immer noch nicht realisiert ist. Wir haben seit Jahren Konzepte in den Schränken, die mit den Nutzenden abgestimmt wurden, haben dafür auch viel Geld investiert. Ein eingerichteter Sonderausschuss sollte den Durchbruch erbringen und nun gibt es politische Vorgaben über die Zuordnung von Nutzungsflächen. Das kann nicht zielführend und nicht im Sinne der Nutzer sein.
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Was waren die emotionalstenMomente in ihrer sechsjährigen Amtszeit?
Ein emotionaler Moment war der erste Verbrüderungseid mit den Bürgermeistern der Verbrüderungsstädte hier bei uns auf dem Marktplatz. Weitere sicherlich die Laienpredigt in der St.-Petri-Kirche in Ratzeburg, die Übergabe des Sternenkindergrabfeldes auf dem neuen Friedhof und die Rede bei der Abiturentlassungsfeier des Doppeljahrganges mit mehr als 900 Gästen.
Worauf sind Sie in der Bilanz besonders stolz?
Besonders stolz bin ich auf das tolle Team im Rathaus. Wir haben alles gemeinsam gemeistert, von der Flüchtlingskrise 2015 über die Vogelgrippe bis hin zur Corona-Pandemie. Die Bauarbeiten im Rathaus machten die Arbeit trotz aller Rücksichtnahmen nicht einfach. Stolz bin ich auch über die Umsetzung der Projekte, die viele Jahre zur Umsetzung anstanden, wie der Ausbau der Uhlenhorst, der Interkommunale Vertrag mit der Gemeinde Grabau, den Planfeststellungsbeschluss zur Ortsumgehung.
Die Erneuerung der Bücherei ist wie die „Alte Realschule“ ein Dauerbrenner, daher bin ich sehr froh, hier eine Modernisierung erreicht zu haben. Es wurde ganz viel Basisarbeit geleistet und damit auch die Weichen für die Zukunft gestellt. Erarbeitet wurden verschiedene Pläne für Bereiche Liegenschaften und Umwelt, der Kita- und Schulentwicklungsplan, das Medienentwicklungskonzept und die Bahnhofsumfeldplanung. Sobald es Fördergelder für Neubauten von Hallenbädern gibt, kann auch hier auf Vorhandenes zurückgegriffen werden.
Nicht zu vergessen das Klimaschutzkonzept, dass mit der LED-Straßenbeleuchtung, E-Ladestationen und Bike&Ride-Plätzen am Bahnhof Fahrt aufgenommen hat. Stolz bin auch darauf, zur Innenstadtbelebung mit beigetragen zu haben. Die Diskussion um Markt 6 & 8 und die mit Zeitungen zugeklebten Schaufenster in der Passage oder auch der ehemaligen Bank haben mich sehr beschäftigt.
Und was die ärztliche Versorgung der Bevölkerung anbelangt, da habe ich so manches Mal bei der Ansiedelung von Ärzten unterstützen können. Gespannt bin ich auf das im Kreis einmalige Projekt „Im Dreiangel“, ich bin sehr froh dieses Wohnmodell in Schwarzenbek realisiert zu wissen.
Gibt es ein Projekt, dass Sie noch gerne zu Ende gebracht hätten?
Oh ja, da gibt es mehrere. Zum Beispiel den Einzug des Förderzentrums Centa Wulf in die neuen Räume und den Umzug der Bücherei in die „Alte Realschule“, das sind die ersten Schritte zur Lösung von Raumnöten in Schule und Rathaus, die Abnahme des Kunstrasenplatzes, die Belegung des im Bau befindlichen Sozialgebäudes des Eigenbetriebes Abwasser. Ich hätte auch gern den Abschluss der „Phase 0“ zur Neu-Strukturierung der Grundschulen bis zum Schluss begleitet, der Zeitplan war zwar ohnehin sportlich aufgestellt, war aber durch die Corona-Pandemie nicht mehr haltbar.
Worüber haben Sie sich während ihrer Amtszeit am meisten gefreut oder geärgert?
Erfreulich war der Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern am „Schwarzenbeker Standpunkt“ auf dem Wochenmarkt. Auch bei den regelmäßigen Begegnungen zu den verschiedensten Anlässen waren die Gespräche stets konstruktiv, höflich und anerkennend. Ich bin ja viel unterwegs gewesen, habe versucht, alle Einladungen anzunehmen, habe den Kontakt zu Vereinen und Verbänden gesucht.
Die dort entgegengebrachte Wertschätzung für mein Tun und Handeln, letztendlich auch die Enttäuschung vieler, dass ich nicht noch einmal kandidiert habe, habe ich gern entgegengenommen. Sehr angenehm habe ich immer die Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden insbesondere im Schulverband empfunden. Die Möglichkeit, dem Team des Frauenhauses bei verschiedenen Gelegenheiten unterstützend zur Seite gestanden zu haben, hat mich sehr erfreut.
Was mich geärgert hat? Nein, es gibt Dinge, die machen mich eher fassungslos, dazu gehört der teilweise vorhandene politische Opportunismus. Erfreulich ist aber die Tatsache, dass das Gehirn unangenehme Erlebnisse unterdrücken kann und Informationen, die überholt und damit nutzlos sind, abschalten kann.
Die Jumelage im Sommer 2015 war ein wichtiger Höhepunkt gleich zu Beginn ihrer Amtszeit. Sie haben großen Wert darauf gelegt, den europäischen Gedanken in der jungen Generation zu verankern. Ist das gelungen?
Ja, das ist auf alle Fälle gelungen. Die Lehrerschaft und die Schülerinnen und Schüler unseres Gymnasiums engagieren sich stark für den europäischen Gedanken. An dieser Stelle möchte ich auch die Grund- und Gemeinschaftsschule nennen, auch hier wurden ganz aktiv Schüleraustausche durchgeführt.
Darüber hinaus hatten wir stets Jugendgruppen bei den Verbrüderungsfahrten dabei, das Interesse der Jugend war so groß, dass es eine Warteliste gab. Hieraus hat sich eine Gruppe etabliert, die sich locker trifft, und sowohl beim Neujahrsempfang als auch zum Jahrestag Informationen zur Verbrüderung in der Stadt verteilt haben.
Was machen Sie mit der neu gewonnenen Freiheit nach dem Ende ihrer Amtszeit?
Erst einmal werde ich mir die Zeit nehmen, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Dann gibt es schon jetzt sehr interessante Angebote aus der kommunalen Verwaltung, Beratungstätigkeiten, Vorstandsarbeit in Vereinen. Und nicht zuletzt die Familie, die in den vergangenen Jahren viel zu kurz gekommen ist, hat interessante Ideen und Vorschläge. Ich bin mir sehr sicher, es wird nicht langweilig.