Büchen/Ratzeburg. Kommunen sollen Tempo bei der Wärmewende machen. Doch Lokalpolitiker und Bürger setzen auf milliardenschwere Förderung durch Bund.
Wie kann ich künftig meine Wohnung, mein Haus oder meinen Betrieb klimagerecht beheizen? Muss ich eine neue teure Heizung installieren, obwohl meine alte noch voll funktionsfähig ist, ja erst vor wenigen Jahren mit staatlicher Förderung angeschafft wurde? Nur wenige Themen haben in den vergangenen Monaten für derartig viel Zündstoff gesorgt wie die Entwürfe der Bundesregierung für das Gebäudeenergiegesetzt (GEG) und die kommunale Wärmeplanung. Ein Angebot der Büchener SPD, sich aus erster Hand zu informieren, ist auf großes Interesse gestoßen. Alle Fragen konnte die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nina Scheer, jedoch nicht beantworten. Im Herbst will sie wiederkommen.
Mehr als 50 Bürger haben den Erläuterungen der Bundestagsabgeordneten aus dem Lauenburgischen gelauscht, sie danach eingehend befragt – und ihr auch einiges mit auf den Weg gegeben. So die Forderung, künftige Anträge für staatliche Förderung müssten so formuliert werden, dass Normalbürger diese auch bewältigen können.
Herzogtum Lauenburg: Wärmewende wird vorerst entschärft
Nina Scheer musste eingestehen, dass wichtige Details noch geklärt werden müssen. Die Zeit ist knapp: Auch wenn einige Punkte mit besonderer Brisanz entschärft werden sollen, etwa das sofortige Verbot für den Einbau fossiler Heizungen ohne 65-Prozent-Anteil erneuerbarer Energien. Das Zieldatum bleibt: Am 1. Januar 2024 soll das GEG in Kraft treten.
Den Plan der Ampel-Koalition, über das Thema noch vor der Sommerpause im Bundestag beschließen zu lassen, hat ein CDU-Bundestagsabgeordneter verhindert. Auf seinen Antrag hin erließ das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung. Tenor: Den Parlamentariern müsse für das Durcharbeiten eines mehr als 100 Seiten starken Gesetzentwurfes mehr Zeit gegeben werden als ein verlängertes Wochenende.
Warten auf die kommunale Wärmeplanung
Während nun Vertreter der Union das Paket wieder aufschnüren wollen, setzt die Bundesregierung darauf, den überarbeiteten GEG-Entwurf nach der Sommerpause durch die parlamentarischen Beratungen zu bringen. Der Einbau von Öl- oder Erdgasheizungen ohne hohen Anteil erneuerbarer Energien soll zunächst nur für neue Gebäude untersagt werden. Ein generelles Einbauverbot soll später erst von dem Zeitpunkt an gelten, an dem Städte und Gemeinden ihre kommunale Wärmeplanung aufgestellt haben.
Damit Betroffene Klarheit haben, ob ihre Gemeinde künftig Nah- oder Fernwärmeversorgung in der jeweiligen Region bietet, gelte es, diese Planungen voranzustellen, erläuterte Nina Scheer. Mit Ausnahme der Neubaugebiete sollen die Anforderungen des GEG erst nach Vorlage der kommunalen Wärmeplanungen greifen.
Beide Gesetze sollen Anfang 2024 in Kraft treten
Nina Scheer: „Der überarbeitete Entwurf zum GEG sieht vor, dass Kommunen über 100.000 Einwohner bis Mitte 2026, kleinere bis Mitte 2028 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen.“ Die weiteren Inhalte würden im Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung geregelt werden. Der Gesetzentwurf hierzu muss zunächst noch durch das Bundeskabinett verabschiedet und im Herbst parlamentarisch beraten werden. Das Ziel: Es soll gemeinsam mit dem GEG zum Januar 2024 in Kraft treten.
Für den Austausch alter Heizungsanlagen würden zudem Übergangsfristen geplant, versichert die Bundestagsabgeordnete. Allerdings: „Wer sich trotz vorgeschriebener Beratung entscheidet, wieder eine Erdgasheizung einzubauen, übernimmt damit auch Preisrisiken.“
SPD warnt: Wer weiter auf Erdgas setzt, trägt das Preisrisiko
Die Preissteigerungen und Hilfsprogramme im vergangenen Jahr hätten gezeigt, dass es keine Dauerlösung sein könne, mit Steuergeldern Energiepreissteigerungen auszugleichen. „Erneuerbare Energien haben dieses Preisrisiko nicht“, so die Sozialdemokratin.
„Ob es jetzt noch vernünftig wäre, im Austausch für eine alte eine neue Gasheizung einzubauen, steht auf einem anderen Blatt Papier“, ordnet der Büchener Gemeindevertreter Lars Schwieger die Situation ein. Mit Blick auf steigende Kosten für fossile Brennstoffe und die für den Klimaschutz wichtige Wärmewende mahnt er die Bürger zur Umsicht.
Koalition will die Kommunen in die Pflicht nehmen
„Die Verantwortung für die nächsten Schritte liegt künftig bei den Kommunen“, sagt Büchens SPD-Ortsvorsitzender Schwieger. Dies sei keinesfalls neu, zumindest nicht in Schleswig-Holstein: Entsprechende Landesregelungen, die für mehr als 70 Städte und Gemeinden kommunale Wärmeplanung vorgeben, gelten seit 2021.
Auch Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben sich bereits auf den Weg gemacht. Die verschiedenen Vorgaben für Wärmeplanung der Kommunen über Ländergrenzen hinweg anzugleichen, ist eine weitere Aufgabe für den Bund. „Wir wollen kommunale Wärmeplanung deutschlandweit planbar machen“, sagt Nina Scheer.
Große Bundesländer sind schon auf dem Weg
Die aktuelle Entwicklung biete große Chancen, eine nachhaltige Wärmeversorgung breiter aufzustellen, ist auch Schwieger überzeugt. Positive Erfahrungen mit der Nutzung von Erdwärme hat Büchen bereits gesammelt, für kommunale Gebäude ebenso wie für neue, auch gemeindeeigene Wohngebäude.
Hinzu komme eine neue Situation, so Schwieger: „In unserer Nachbarschaft denken nun viele Biogas-Bauern daran, aus der Produktion auszusteigen, weil staatliche Förderung ausläuft.“ Dieses Biogas könnten Gemeinden ebenfalls für die kommunale Wärmeversorgung einsetzen, wenn es gelinge, die Produzenten dafür zu gewinnen.
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Eines bleibe jedoch klar, allein die Kommunen können den hohen Investitionsbedarf für den Ausbau von Wärmenetzen und den Umstieg auf regenerative Energien nicht stemmen. Schwieger: „Die Wärmewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“