Berlin. Eine Abstimmung wird es nicht geben, dennoch ist das Heizungsgesetz heute Thema im Bundestag. Die Opposition dringt auf einen neuen Anlauf und wettert gegen die Koalition.
Nach dem vorläufigen Stopp des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) durch das Bundesverfassungsgericht fordert die Unionsfraktion einen Neustart bei dem Vorhaben. Die Entscheidung sei eine schwere Niederlage für die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), heißt es in einem Antrag der Fraktion, mit dem sich das Parlament heute Vormittag befassen sollte. Der Antrag lag der Deutschen Presse-Agentur vor.
Die Gerichtsentscheidung sei auch „ein Ausrufezeichen für das Recht der Abgeordneten“ auf eine gründliche Beratung von Gesetzen. Sie zeige zudem, dass Klimaschutz nicht mit der Brechstange gelinge.
In dem Antrag heißt es weiter: „Der schwere Schlag aus Karlsruhe für die Ampel darf nicht zum dauerhaften Rückschlag für Klimaschutz werden. Deshalb reicht es nicht, nun in einem neuen Verfahren einfach dasselbe Gesetz durchzudrücken. Nur mit einem grundlegenden neuen Anlauf in der Sache kann verloren gegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden.“
Koalition: keine inhaltlichen Änderungen mehr
Das Bundesverfassungsgericht hatte das Vorhaben der Ampel-Koalition, das sogenannte Heizungsgesetz heute im Bundestag zu beschließen, im Eilverfahren gestoppt. Millionen von Hausbesitzern und Mietern müssen bis Anfang September auf Klarheit warten, dann wollen SPD, Grüne und FDP nun eines ihrer zentralen Vorhaben für mehr Klimaschutz beschließen. Die Koalitionsfraktionen betonten, inhaltlich solle es keine Änderungen mehr geben. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Die Bürgerinnen und Bürger können jetzt planen.“ Das Gesetz soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
„Wenn mehr Zeit gewünscht und erforderlich ist, weil das Gericht es festlegt, dann ist es eben so. Das ist auch kein Beinbruch“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gestern Abend in der ZDF-Sendung „Lanz“. Entscheidend sei, dass keine Fraktion, auch die FDP nicht, von dem Gesetz abgerückt sei. „Ich freue mich für die Union, dass sie jetzt Zeit hat, das Gesetz noch mal ausgiebig zu studieren“, sagte Habeck.
Unmut über Zeitplan
Der Stopp durch das Gericht löste auch eine Debatte darüber aus, dass Bundestagsabgeordnete mehr Zeit bei zum Teil komplexen Gesetzesverfahren bekommen sollen. Ein CDU-Abgeordneter hatte wegen des engen Zeitplans im Gesetzgebungsverfahren einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt.
Die Unionsfraktion dringt nun unter anderem auf „seriöse Verfahren“ in angemessenen Zeiträumen. In dem Antrag wird zudem gefordert, „ein neues Gebäudeenergiegesetz mit der kommunalen Wärmeplanung zu harmonisieren und zugleich Klarheit über die Förderung der privaten Haushalte bei der Umstellung auf ökologisches Heizen zu schaffen“.
Um das umstrittene Heizungsgesetz hatte es monatelange, harte Auseinandersetzungen gegeben. Vor allem die FDP hatte grundlegende Nachbesserungen am ursprünglichen Gesetzentwurf verlangt. Noch vor der ersten Lesung im Bundestag vereinbarte die Ampel Mitte Juni weitere Änderungen, die sie in teils vage formulierten „Leitplanken“ festhielt - ein sehr ungewöhnliches Verfahren, das dazu führte, dass eine erste Expertenanhörung zu dem zu diesem Zeitpunkt schon veralteten ursprünglichen Gesetzentwurf stattfand.
Die Koalitionsfraktionen legten dann dem Bundestag am Freitag vergangener Woche Änderungsanträge zum ursprünglichen Gesetzentwurf vor. Es folgte eine erneute Expertenanhörung an diesem Montag. Heute sollte das Heizungsgesetz dann im Bundestag beschlossen werden. Die Opposition hatte den engen Zeitplan heftig kritisiert.
Das Heizungsgesetz sieht im Kern vor, dass Hausbesitzer mehr Zeit bekommen sollen für den Heizungstausch, der ein wesentlicher Beitrag sein soll für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor. Nach dem GEG sollen künftig nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die auf die Dauer zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Die Regelungen sollen aber von 2024 an unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten.
Opposition beklagt sich über Umgang
Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sieht die Zusammenarbeit zwischen Koalition und Opposition belastet. „Wir haben derzeit ein vergiftetes Klima im Bundestag, wie ich es noch nicht erlebt habe“, sagte Dobrindt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Jeden Tag erfahren wir, dass die Koalitionsfraktionen jedes Verständnis für einen ordentlichen Umgang mit der Opposition verloren oder sogar bewusst abgelegt haben. Diese atmosphärischen Störungen wirken nach und hinterlassen bleibende Schäden zwischen den Fraktionen.“ Ähnlich hatte sich zuvor bereits Unionsfraktionschef Friedrich Merz geäußert.
Der „Rheinischen Post“ sagte der CDU-Vorsitzende nun in Richtung Bärbel Bas: „Vielleicht ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch eine Ermutigung für die Bundestagspräsidentin, in Zukunft stärker darauf zu achten, dass die Rechte einzelner Abgeordneter und der Minderheiten besser geschützt werden.“ Das Bundesverfassungsgericht habe jetzt die Arbeit übernommen, „die eigentlich das Parlament selbst hätte übernehmen müssen“. Bas selbst sprach gestern Abend im ZDF-„heute journal“ mit Blick auf die Entscheidung von einer ernstzunehmenden Mahnung.
Die CDU/CSU-Fraktion war am Mittwoch mit dem Versuch gescheitert, im Bundestag einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Steuerskandals bei der Hamburger Warburg-Bank einzusetzen. Die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP stimmten dagegen. Der Vorgang ist absolut ungewöhnlich. Untersuchungsausschüsse gelten als eines der wichtigsten Minderheitenrechte im Bundestag.