Lauenburg. Zwei Schwestern eröffnen in Lauenburg ein Geschäft für Brautmode der besonderen Art. Wie sie Frauen ein gutes Gefühl geben wollen.
Die meisten kleinen Mädchen träumen davon: Wenn sie groß sind, werden sie die schönste Braut der Welt sein. Doch wenn der große Tag dann naht, sind viele Frauen eher skeptisch. Brautkleider scheint es nämlich nur bis Größe 40 zu geben. Jasmin Baggentos und Rebecca Lange wollen sich damit nicht abfinden. In Lauenburg haben sich die beiden Schwestern ihren Traum von der Selbstständigkeit erfüllt. Seit Kurzem bieten sie in ihrem Geschäft „Bella Brides“ an der Berliner Straße 43 Brautmode ab Größe 46 an. Einfach nur Jasmin und Rebecca wollen sie genannt werden. So sagen sie es ihren Kundinnen auch.
„Ich weiß, wie viele Frauen sich fühlen, die nicht gerade Modelmaße haben. Shoppen wird zum Spießrutenlauf. Abgesehen davon, dass man nichts findet, brennen sich die abschätzenden Blicke mancher Verkäuferinnen tief in die Haut ein“, sagt die 34-jährige Rebecca. Die Brautkleidsuche mit ihrer sechs Jahre älteren Schwester war die Initialzündung: „Ich habe nur gedacht: So schöne Kleider, aber was würde ich denn hier finden?“
Hochzeitskleider: Auch „curvy ladies“ sollen ein gutes Gefühl haben
„Das machen wir besser“, hat Jasmin ihre Schwester getröstet, „Wir machen unseren eigenen Laden auf. Dann haben sie beide gelacht. Doch die Idee spukte weiter in ihren Köpfen. „Kurz vor meinem 40. Geburtstag habe ich mich gefragt, was ich in meinem Leben eigentlich noch machen will“, erzählt Jasmin. Die Schwestern steckten die Köpfe zusammen: „Was wäre, wenn wir wirklich ...?“
Mit Zahlen kennt sich Jasmin aus. Die studierte Außenhandelskauffrau schrieb einen Businessplan und überzeugte damit die Bank. Heute führt sie das Geschäft auch eher hinter den Kulissen. Sie behält die kaufmännische Übersicht und bremst ihre Schwester auch schon mal aus, wenn sich diese bei einer Hochzeitsmesse in zu viele Kleider verliebt.
Rebecca ist das Gesicht des Ladens. Sie hatte zuvor zwar nie etwas mit Verkauf zu tun, aber das sieht sie nicht als Nachteil. „Ich bin Erzieherin von Beruf. Psychologisches Fingerspitzengefühl brauche ich auch hier im Laden“, sagt sie. Was aber aus ihrer Sicht viel wichtiger ist: „Die Frauen fühlen sich von mir verstanden. Ich gebe ihnen ein sicheres Gefühl, weil sie ja sehen, dass ich auch in diese Kleider passen würde.“
Jede Frau ist schön im richtigen Kleid
„Gerade weil wir so unterschiedlich sind, ergänzen wir uns perfekt“, sagt Jasmin. Auch optisch sehen sich die beiden Schwestern kein bisschen ähnlich. „Uns trennen mehrere Konfektionsgrößen, aber wir sind das beste Beispiel dafür, dass jede Frau schön sein kann, egal ob sie in eine 34 passt oder in eine 52“, sagt Rebecca. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass es ein langer Weg sein kann, so viel Selbstbewusstsein auszustrahlen.
Für die Beratung der Bräute nehmen sich die beiden Frauen viel Zeit. „Manche Kundin musste sich sehr überwinden in ein Brautmodengeschäft zu gehen. Sie sind sich sicher, dass ihnen nichts stehen wird“, sagt Rebecca. Nicht jeder Termin endet mit einem Verkaufsabschluss. Das sei auch so kalkuliert, verrät Jasmin. Auch wenn die Braut sich nicht entscheiden konnte, sind sie sich einig, mit dem Laden die richtige Entscheidung getroffen zu haben. „Viele Frauen machen im Laufe der Beratung eine unglaubliche Wandlung durch. Einige kommen mit gesenktem Kopf rein. Mit jedem Kleid, das sie probieren, verändert sich ihre Körpersprache“, hat Rebecca festgestellt. Dann hat auch ihre Schwester nicht nur die Zahlen im Blick. „Jede Frau ist schön im richtigen Kleid. Wenn wir das vermitteln können, war es ein gutes Beratungsgespräch“, ist sie überzeugt.
- Eine Millionen Euro für die City: Jetzt kann es losgehen
- Notwendiger Schritt: Brautstübchen Vierlanden ist umgezogen
- Wie Geesthacht und Lauenburg um Hausärzte konkurrieren
„Zwischen Tüll und Tränen“ – und die Wirklichkeit
Während die einen Bräute verunsichert und skeptisch zum Beratungsgespräch kommen, haben andere genaue Vorstellungen davon, wie er sein muss – der besondere Brautmoment. „Dazu trägt natürlich auch die Fernsehsendung ,Zwischen Tüll und Tränen’ bei. Da werden alle Nase lang Taschentücher gereicht“, sagt Rebecca lachend. In Wirklichkeit würden längst nicht immer Tränen fließen, wie es die VOX-Sendung glauben machen will.
Obwohl die beiden Schwestern erst zwei Monate im Geschäft sind, spüren sie genau, wenn eine Braut ihr Kleid gefunden hat. Gibt es eigentlich den perfekten Zeitpunkt auf Brautkleidsuche zu gehen? „Ein halbes Jahr vor der geplanten Hochzeit ist optimal. Gerade unsere Kundinnen haben oft mit Gewichtsschwankungen zu tun. Aber es gibt ja noch die Geheimwaffe, die Schnürung im Rücken. damit können wir viel ausgleichen“, sagt Rebecca augenzwinkernd.
Angebote auch für den schmaleren Geldbeutel
Ist es nicht ein Wagnis, so hochpreisige Waren wie Brautkleider in einer so kleinen Stadt anzubieten? Lauenburg sei als Standort perfekt, sind sich die Schwestern einig. Im Dreiländereck gelegen, gut auch von außerhalb zu erreichen. Brautkleider, die den Wert eines Mittelklassewagens haben – wie manchmal im Fernsehen gezeigt – hätten sie ohnehin nicht im Angebot. „Wir wissen, dass nicht jedes Brautpaar über ein riesen Budget für die Hochzeit verfügt. Daher haben wir auch Secondhand Kleider im Angebot oder günstige Einzelstücke, die in anderen Größen nicht bestellt werden können“, sagt Jasmin.
Gibt es derzeit eigentlich besondere Trends in der Brautmode? „Fließende A-Linien und zarte Farbtöne mögen unsere Kundinnen am liebsten. Fast immer schafft es aber auch mindestens ein ausladendes Kleid in die Umkleidekabine“, weiß Rebecca. Wenigstens mal probieren.