Lauenburg / Schwarzenbek. Im Jahr 2031 soll der neue Strom-Highway fertig sein. Wo er genau entlanglaufen könnte und welche Rolle Krümmel dabei spielt.
Es ist ein Millionenprojekt, das in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg derzeit vorbereitet wird. 50Hertz, Stromnetzbetreiber mit Hauptsitz in Berlin, bereitet derzeit den Bau einer neuen Hochspannungstrasse durch den Süden beider Kreise vor. Aktuell laufen Vorarbeiten, um im Sommer in die heiße Phase des Planverfahrens einzusteigen. Nach Informationen der Redaktion sind derzeit drei Suchkorridore im Gespräch.
Suchkorridore für neue Hochspannungstrasse
Weil für derartige Vorhaben die Bündelung von Infrastruktur ein Planungskriterium ist, dürfte zumindest ein Korridor für die 380.000-Volt-Verbindungen entlang der Autobahn 24 verlaufen. Die Bürger in der Region will 50Hertz von Ende März an mit öffentlichen Info-Veranstaltungen auf den aktuellen Stand bringen.
Grundlage für das gestraffte Verfahren ist das Netzausbau-Beschleunigungsgesetz. Doch auch mit der Neuregelung wird es voraussichtlich mindestens 2031 werden, bis die neue Trasse fertiggestellt ist. Dass sie überhaupt benötigt wird, erläutert 50Hertz derzeit Vertretern betroffener Kommunen wie auch des Kreises Herzogtum Lauenburg.
Schneller planen: 2031 soll Projekt vollendet sein
Der im Westen Deutschlands tätige niederländische Staatskonzern Tennet sucht derzeit nach Wegen, sein kostspieliges Engagement in Deutschland zurückzufahren. Im Gespräch ist unter anderem der Einstieg des Bundes in das Unternehmen. Derweil treibt das belgisch-deutsche Pendant 50Hertz seine Projekte voran.
Für die weitere Verbindung zwischen neuen und alten Bundesländern soll eine neue Trasse gebaut werden. Startpunkt ist das Umspannwerk Hamburg-Ost (Oststeinbek). Endpunkt soll im Bereich der Ämter Büchen, Breitenfelde oder Schwarzenbek-Land sein, dort ein neuer „Netzverknüpfungspunkt“ entstehen.
Netzverknüpfung zwischen Schwarzenbek und Büchen
Als solcher dient bereits Krümmel weiter im Süden. Südlich der Elbe wird der Strom an das Tennet-Netz übergeben. Doch die Anbindung aus Richtung Hamburg über die frühere Infrastruktur des Atomkraftwerks ist nicht ausreichend. „Der Ausbau der vorhandenen Trasse durch ein so dicht besiedeltes Gebiet wie um Geesthacht ist kaum möglich“, erläutert Dirk Manthey, Fachgebietsleiter Öffentlichkeitsbeteiligung bei 50Hertz, die Idee einer zusätzlichen Trasse.
Die muss in einem mehrstufigen Verfahren ermittelt werden. Zunächst werden mehrere jeweils etwa 1000 Meter breite Korridore geprüft. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt sollen möglichst Varianten ausgeschlossen werden, deren Realisierungschancen gering sind, weil etwa vorgeschriebene Abstände zu Wohnbebauung unterschritten würden. Oder Schutzgebiete oder auch Wälder durchschnitten würden.
- Kontrolle von Stromleitungen per Helikopter
- Tennet informiert mit Veranstaltungsreihe über Trassenpläne südlich der Elbe
Wo schlummern welche Pläne in Schubladen?
„Wir holen schon vor dem offiziellen Verfahrensbeginn Informationen von Kommunen, Institutionen und Bürgern ein“, so Manthey. Ziel: Unangenehme Überraschungen sollen im weiteren Verfahren soweit wie möglich vermieden werden. „Ideen für neue Wohngebiete oder Photovoltaik-Felder, die bislang in Schubladen schlummern, hoffen wir frühzeitig in unsere Überlegungen einbeziehen zu können.“
Für den Fall, dass später überraschend geschützte Tiere oder Pflanzen in einem Korridor festgestellt werden, soll durch Planungsalternativen vorgebaut werden. Ein im Suchkorridor brütendes Schreiadler-Pärchen, seltene Schwarzmilane oder Fledermäuse sollen keinen Planungsstopp verursachen – sondern im Idealfall nur einen Wechsel auf eine Alternativplanung notwendig machen.
Das Herzogtum Lauenburg ist im Planverfahren außen vor
Der Kreis Herzogtum Lauenburg wurde bereits informiert. Und hat schon reagiert: „Wir haben als Träger öffentlicher Belange bereits Stellung bezogen, auf Schutzgebiete und Biotope hingewiesen“, sagt Kreissprecher Tobias Frohnert.
Tatsächlich sei der Kreis jedoch weder in die eigentlichen Planungen noch in das Genehmigungsverfahren involviert, betont Frohnert. „Wir stehen erst am Anfang eines langwierigen Verfahrens“, weiß Kornelia Mrowitzky, Vorsitzende des Umweltausschusses im Kreis Herzogtum Lauenburg.
Ein Turbo für das Raumordnungsverfahren
An die Stelle der früher üblichen Raumordnungsverfahren tritt als erste Stufe die Bundesfachplanung. Im Sommer will 50Hertz einen entsprechenden Antrag stellen. Im Vorfeld sollen bereits möglichst viele Punkte geklärt werden. Im nächsten Schritt folgt das eigentliche Planfeststellungsverfahren. „Am Ende steht dann die Festlegung der Trasse“, erläutert Dirk Manthey. Weil das Projekt grenzüberschreitend wirke, sei die Bundesnetzagentur die zuständige Genehmigungsbehörde.
Stromtrasse soll etwa 70 Meter breit werden
Nach derzeitigem Kenntnisstand wird sich der Neubau der rund 70 Meter breiten Trasse jedoch auf Holsteiner Gebiet konzentrieren. Die neue Hochspannungsverbindung soll an eine vorhandene angebunden werden, die den Strom dann weiter Richtung Krümmel leitet.
Über Schwerin kommend folgt die vorhandene Trasse anschließend der A24 und verschwenkt im Osten des Kreisgebietes Richtung Elbe. Die Idee: Wird die Neubautrasse im Raum Büchen, Breitenfeld oder Schwarzenbek-Land angebunden, können Arbeiten im dichtbesiedelten Großraum Geesthacht weitgehend vermieden werden.
Ein Kilometer kostet etwa drei Millionen Euro
Zu den Kosten gibt es erst grobe Schätzungen. Wurde noch vor wenigen Jahren ein Kilometer Hochspannungstrasse mit etwa 1,5 Millionen Euro veranschlagt, gehen aktuelle Preisschätzungen von etwa drei Millionen Euro aus. Erdleitungen werden mit dem Fünf- bis Sechsfachen veranschlagt.
Dass die Leitungen aus dem Blick verschwinden, bedeutet jedoch keinesfalls, dass sie immer eine umweltfreundlichere Alternative darstellen. Angesichts von Plänen für unterirdische Stromautobahnen fürchten etwa Landwirte in Niedersachsen massive Bodenerwärmung. Und geschützte Biotop oder Bachläufe lassen sich meist schonender mit Hochspannungsleitungen an weit auseinander stehenden Masten überbrücken, als unter ihnen hindurchzubuddeln.