Witzeeze. Der kleine Ort will beim Landeswettbewerb mit Energiewende, Einwohnerwachstum, Freiluftmuseum und regem Vereinsleben punkten.
Wer von Lauenburg aus nach Büchen unterwegs ist, der kommt in der Regel durch Witzeeze. Entweder mit dem Boot auf dem Elbe-Lübeck-Kanal oder auf der Landesstraße 200 mit dem Auto. Was man bei der Fahrt auf diesen Wegen allerdings nicht merkt, ist die Tatsache, wie schön und innovativ Witzeeze ist und dass das Dorf Zukunft hat. Das haben die 900 Einwohner bereits im Jahr 2012 beim Landeswettbewerb„Unser Dorf hat Zukunft“ bewiesen. Davon zeugt der bronzene Hahn auf einem Marmorsockel vor dem Gemeinschaftshaus, der auf einem Entwurf des Möllner Künstlers Karlheinz Goedtke basiert.
„Der Hahn ist das Wappentier des schleswig-holsteinischen Gemeindetags. Wir sind sehr stolz auf diese Auszeichnung und hoffen, dass wir mit Ablauf der Sperrfrist jetzt wieder an diesen Erfolg anknüpfen können“, sagte Dorfbürgermeister Dennis Gabriel am Dienstagnachmittag. Denn nicht nur beim Landeswettbewerb setzte sich Witzeeze 2012 durch, auch auf Bundesebene kam die Gemeinde auf Rang drei, wovon die Bronzeplakette im Gemeinschaftshaus zeugt.
Jury des Landeswettbewerbs besucht zehn Dörfer in drei Tagen
Jetzt kam erneut eine neunköpfige Delegation der Jury „Unser Dorf hat Zukunft“ nach Witzeeze, um sich vor Ort ein Bild von der aktuellen Entwicklung zu machen. Viel Zeit hatten die Dorfbewohner dafür nicht, denn die Jury war am Dienstag nur von 13.05 bis 15.20 Uhr im Dorf. Davor waren die Mitglieder in Lentföhrden im Kreis Segeberg, danach ging es weiter nach Duvensee – der zweiten Gemeinde aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg, die es in die Auswahl geschafft hat.
„Es haben sich 18 Dörfer im Land beworben. Die Kriterien für eine Teilnahme am Wettbewerb sind sehr streng. Acht Bewerbungen fielen bereits vorab durch das Raster. Zehn Dörfer werden wir innerhalb von drei Tagen besuchen“, so Annette Blöcker, Leiterin der Jury.
Dorf ist bei erneuter Bewerbung fester zusammen gewachsen
„Wir wollen es noch einmal versuchen, denn wir haben viel zu bieten. Aber egal, ob wir gewinnen oder nicht, das Dorf hat bereits gewonnen, weil wir nach einigen Querelen über die Windkraft wieder zu einer festen Gemeinschaft zusammengewachsen sind“, betont der 48-jährige Christdemokrat Gabriel.
Die Windkraft, aber auch das geplante 50 Hektar große Solarfeld am Ortsrand sowie eine vier Hektar große Heidefläche als Ökokonto sind Bestandteil der ökologischen Wende in Witzeeze. „Wir werden direkt im Anschluss an den Windpark in Wangelau drei Windräder bauen. Das ist mittlerweile Konsens im Dorf“, betonte Gabriel. Ein Notstromaggregat für das Gemeindezentrum hat Witzeeze übrigens auch. Es kann über die Zapfwelle eines Traktors betrieben werden.
22 Grundstücke für junge Familien geplant
Aber nicht nur die Energiewende ist ein zentrales Thema im Ort. Es fehlt auch Wohnraum für junge Familien. Mittlerweile sind bereits Witzeezer weggezogen, weil sie keine Grundstücke kaufen konnten. „Wir haben zwar Mietwohnungen, aber sobald sich Nachwuchs einstellt, reichen die für unsere jungen Mitbürger nicht mehr aus“, sagt der Dorfbürgermeister.
Es wird demnächst ein Wohngebiet mit 22 Bauplätzen geben, kündigte der Bürgermeister an. Die Entscheidung soll noch in dieser Woche getroffen werden.
Aber auch sonst hat die Gemeinde einiges vor. Das Dorf ist auch von den Kiesseen und der Schleuse am Elbe-Lübeck-Kanal geprägt. Gleich daneben gibt es auch Überreste der Dückerschleuse für die ehemalige Stecknitz-Fahrt. Dort wurde über Jahrhunderte Salz von Lüneburg nach Lübeck transportiert. Die Schleuse stammt aus dem Jahr 1398.
„Polaben“ machen das frühe Mittelalter wieder lebendig
Zum Dorfleben gehören neben Schützenverein, Freiwilliger Feuerwehr, Kindertagesstätte und Volkshochschule natürlich auch die „Polaben“ – ein frühmittelalterlicher Volksstamm aus dem achten bis elften Jahrhundert, der sich im ehemaligen Dorf „Wutsetse“ niederließ. Das Leben dieser kämpferischen Westslawen lässt eine Truppe um Nils Schröder wieder aufleben. „Wir stellen die Bräuche und Kämpfe dieser Krieger nach und hätten gerne im Ort ein Freiluftmuseum“, so der Witzeezer.
Jury bewertet „weiche Fakten“ bei der Auswahl des Siegers
Das Team um Annette Blöcker zeigte sich angetan von der Tour durch den Ort und die vielfältigen Darbietungen und Informationsveranstaltungen der Akteure. „Die Zeiten, in denen wir Blumenkübel gezählt oder die Abmessungen von Fachwerkbalken gemessen haben, sind lange vorbei. Heute geht es darum, ob ein Dorf zukunftsträchtige Konzepte hat, ästhetisch ansprechend ist und eine innovative Ortsentwicklung sowie ein aktives Gemeinschaftsleben hat“, betonte Blöcker.
Sie und ihre Mitstreiter, die sich am Donnerstag, 30. Juni, zu einer ersten Auswertung treffen, haben sich viele Notizen gemacht und Fragen gestellt. Punkte gibt es nicht. „Es sind weiche Fakten, die wir abwägen müssen“, so Blöcker.