Lauenburg. Der Betreiber des Lauenburger Restaurants Elbterrasse übt harsche Kritik an seiner Branche. Dabei böte sie so viele Möglichkeiten.
„Die Gastronomie und Hotellerie haben sich in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, und viele Probleme, die während der Pandemie ans Licht gekommen sind, sind hausgemacht.“ Der Post auf der Facebookseite des Restaurants Elbterrasse verwundert im ersten Moment. Ist doch Betreiber Thomas Prantner selbst Gastronom. Wie kommt es, dass jemand so kritisch gegenüber der eigenen Branche ist?
„Wir beklagen heute im Hotel- und Gastronomiegewerbe einen Fachkräftemangel. Aber wir haben in der Vergangenheit viel zu wenig dafür getan, junge Menschen davon zu überzeugen, wie attraktiv und voller Perspektiven ein Beruf in unserer Branche sein kann“, sagt er.
Zahl der Ausbildungsverhältnisse in der Gastronomie halbiert
Die Zahlen geben Prantner Recht. Ende vergangenen Jahres hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) die Entwicklung der Ausbildungssituation in der Gastronomie zwischen 1991 bis 2020 veröffentlicht. Nachdem bis 2007 ein kontinuierlicher Anstieg der Ausbildungsverhältnisse zu verzeichnen war, wurden es von da an Jahr für Jahr deutlich weniger.
So gab es 2007 in der Gastro-Branche 107.000 Ausbildungsverhältnisse. Im Jahre 2019 – also noch vor Beginn der Corona-Pandemie – waren es nur noch 51.000 Ausbildungsverhältnisse. Im darauffolgenden Jahr schrumpfte die Zahl auf 45.000.
Restaurant Elbterrasse in Lauenburg stellt drei Auszubildende ein
Prantner, der selbst einen Ausbilderschein hat, zieht daraus Konsequenzen. Derzeit klären er und Restaurantleiterin Annalena Campello noch ein paar organisatorische Fragen. Ab kommendem Sommer wird das Restaurant Elbterrasse dann Ausbildungsbetrieb. Mindestens drei Jugendliche können dann hier den Beruf Restaurantfachkraft von der Pike auf lernen.
Die 26-jährige Restaurantleiterin kann sich noch gut an ihre eigene Lehrzeit erinnern. „Ich weiß, wie wichtig ein guter Ausbildungsbetrieb ist. Deshalb werden wir uns genügend Zeit für unsere jungen Kollegen nehmen“, hat sie sich vorgenommen. Bei der Auswahl der Jugendlichen kommt es Thomas Prantner übrigens nicht in erster Linie auf die Schulnoten an. „Wir wünschen uns Auszubildende, die mit Herzblut den Beruf lernen möchten.“
Zusammenarbeit mit der Albinus-Gemeinschaftsschule in Lauenburg
Vielen Gästen wird es schon aufgefallen sein: Manchmal sind es sehr junge Leute, die sie zum Tisch begleiten, Bestellungen aufnehmen oder das Gewünschte servieren. „Wir arbeiten eng mit der Albinus-Gemeinschaftsschule zusammen“, sagt Annalena Campello. Derzeit arbeiten acht Jugendliche als Pauschalkräfte in der Elbterrasse.
Auch Schülerpraktikanten erhalten hier immer wieder die Möglichkeit, erste Erfahrungen im Berufsalltag zu sammeln. „Wir geben den Jugendlichen vom ersten Tag an Verantwortung. Es ist toll zu beobachten, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickeln und selbstbewusster werden“, freut sich die Restaurantleiterin.
Einen ungewöhnlichen Weg ist Thomas Prantner im vergangenen Sommer gegangen. „Wir haben geflüchtete Menschen in Lauenburg zu einem Probearbeiten eingeladen, unabhängig von ihrer bisherigen Ausbildung“, erzählt er. Die Aktion hatte Erfolg. Neben einigen Saisonverträgen konnte er einer jungen Frau einen festen Arbeitsvertrag anbieten. „Sie macht inzwischen die kreativsten und leckersten Torten“, schwärmt er.
Bei guter Organisation sind auch freie Wochenenden möglich
Schlechte Bezahlung, ungeregelte Arbeitszeiten und ein raues Klima in der Küche – Thomas Prantner weiß, dass es um das Image der Gastronomen als Arbeitgeber nicht besonders gut bestellt ist. „Auch da ist in der Vergangenheit mancherorts einiges schief gelaufen. Wer in der Küche ständig rumbrüllt, muss sich nicht wundern, wenn Mitarbeiter die Flucht ergreifen“, sagt er.
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Und auch der Tarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe sei nicht sehr geeignet, gute Leute bei der Stange zu halten. „Wir bezahlen unsere Mitarbeiter, wie sie es verdienen und zwar übertariflich“, versichert er. Und die Arbeitszeiten? „Natürlich läuft am Abend und am Wochenende das Kerngeschäft. Aber bei guter Organisation ist es möglich, dass die Mitarbeiter planbar auch freie Wochenenden haben“, weiß die Restaurantleiterin.
Seit Montag ist die Elbterrasse vorübergehend geschlossen. Bis zum 2. März will Thomas Prantner im Restaurant und in der Küche ein paar Umbauten vornehmen lassen. In Kurzarbeit hat er niemanden seiner elf festangestellten Mitarbeiter geschickt. „Einige haben noch Resturlaub, andere bummeln Überstunden ab. Erholung haben sie sich alle mehr als verdient“, sagt er.