Ziethen. Der Kinobetreiber und Personal Coach tritt erstmals für die FDP als Direktkandidat bei der Bundestagswahl an. Ein Porträt.
Wenn Martin Turowski vom weißen Ledersofa aus über die bodentiefen Wohnzimmerfensterfenster in den üppigen Garten schaut, sieht er ins Grüne und freut sich über das Idyll, in dem seine Familie mit Ehefrau und drei Kindern Entspannung findet. „Hier ist noch Ziethen, die Bäume, die hundert Meter entfernt stehen, gehören schon zu Ratzeburg. Dort bin ich geboren, hier bin ich zu Hause“, sagt der 48-Jährige, der im Wahlkreis 10 (Herzogtum Lauenburg/Stormarn Süd) erstmals für die FDP als Direktkandidat bei der Bundestagswahl antritt.
Bei den Liberalen hat der gebürtige Ratzeburger schon vor mehr als 20 Jahren seine politische Heimat gefunden. Für die FDP saß er auch in der Ratzeburger Ratsversammlung und im Kreistag.
„Ich habe bereits als Kind die Karten im Ratzeburger Kino abgerissen. Später habe ich dort als Vorführer gejobbt, jetzt bin ich der Geschäftsführer“, sagt Turowski. „Als die Sanierung des Kinos Ende der 1990er-Jahre anstand, habe ich mich mit Politik und Kulturförderung beschäftigt. Die FDP kam mir da am nächsten, deshalb bin ich dort eingetreten und habe mich engagiert“, so der 48-jährige Unternehmer weiter.
Martin Turowski: Das Kino begleitet ihn durch das ganze Leben
Das Kino war erst mal Nebenjob, es folgte der Zivildienst beim DRK im Rettungsdienst. Dann kam der Aufstieg beim DRK bis zum Kreisgeschäftsführer. Das Kino lief immer nebenbei. Nach dem Ausscheiden beim DRK im Jahr 2012 wurde der Ratzeburger Kinochef in seiner Heimatstadt und in Mölln. In der Sommerpause organisiert er das Norddeutsche Freiluftkino in Dörfern in der Region mit Großbildleinwand und mobilem Projektor. Außerdem ist er Coach für Führungskräfte beim Institut für Human Resources.
„Beide Tätigkeiten haben sich so weit eingespielt, dass ich sie skalieren und bei einer Wahl in den Bundestag auf ein Mindestmaß zurückfahren kann. Ich habe eine Theaterchefin im Kino, und auch das Institut hat viele Angestellte. Das passt“, sagt Turowski. Allerdings muss er den Wahlkreis direkt gewinnen, weil er auf der Landesliste den wenig aussichtsreichen Listenplatz 8 hat. „Das ist nicht aussichtslos, aber wenn es nichts wird, trete ich 2025 wieder an“, so der Liberale.
Die Fahrt nach Berlin hat er über seine Tätigkeit als Lobbyist für die deutschen Kinos bereits diverse Male geprobt. „Wenn ich unterwegs bin, nutze ich die Bahn. Dabei kann ich arbeiten, und das schont die Umwelt. Für die Strecke Ratzeburg Berlin brauche mit einmal Umsteigen in Büchen zweieinhalb Stunden“, sagt Turowski.
Umweltschutz ist ein zentrales Thema für Turowski
Umweltschutz ist für den Ratzeburger nicht erst seit der aktuellen Diskussion um Klimawandel und die Fridays-for-Future-Demonstrationen ein Thema. „Jeder kann seinen ganz persönlichen Beitrag leisten. Ich habe vor zehn Jahren ganz bewusst ein klimaneutrales Passivhaus in Ziethen gebaut. Wir nutzen die Restwärme im Gebäude, die Isolierung ist sehr gut, und wir haben eine Wärmepumpe“, so Turowski.
Neben dem Klimaschutz sind ihm die Wirtschafts- und die Kulturförderung ein zentrales Anliegen und auch mit der Grund für seine Bundestagskandidatur, bei der er sich in einer Kampfabstimmung in Wentorf im November des Vorjahres mit einer absoluten Mehrheit von 74 Prozent der Stimmen gegen Mitbewerber Dr. Johannes Baare durchsetzte.
"Die Kultur ist ein Grundpfeiler der Bildungspolitik"
„Bei meinen Gesprächen mit Unternehmern und auch meinen eigenen Erfahrungen bemerke ich immer wieder, wie sehr die ausufernde Bürokratie wirtschaftliche Entwicklung behindert. Es wird viel zu viel klein-klein gedacht“, so Turowski.
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Aber auch die Kulturpolitik ist ihm eine Herzensangelegenheit. „Ich brenne für das Kino und andere Formen der Kultur. Kultur macht Freude, und sie ist ein verbindendes Element, das Verständnis für Andersdenkende schafft. Die Kultur ist ein Grundpfeiler der Bildungspolitik“, so der Ratzeburger.
Anfeindungen kommen oft von Fake-Profilen
Allerdings ist es nicht immer einfach, ein wenig anders als andere zu sein, hat der umtriebige Unternehmer mit einem Faible für ausgefallene Kleidung und bunte Socken festgestellt. „Ich mag coole Sachen. Deshalb werde ich mitunter auch in sozialen Netzwerken von anonymen Menschen mit Fake-Profilen beschimpft“, so Turowski. „Schwule Sau“ und ähnliche Anfeindungen sind ihm nicht fremd. „Ich habe gute Freunde, die gleichgeschlechtliche Beziehungen haben. Ich selbst habe diese Neigungen nicht. Aber gerade bei den anonymen Anfeindungen ist es schwer, mit den Menschen in Dialog zu treten“, sagt Turowski.
Und gerade dieser direkte Kontakt ist ihm wichtig. „Ich bin in sozialen Netzwerken aktiv und habe auch einen Twitter-Account. Aber am liebsten spreche ich persönlich mit den Menschen. Deshalb reiße ich bei den Kinovorführungen unter freiem Himmel auch oft am Eingang die Karten ab, um mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen. Es ist wichtig zu wissen, was die Menschen bewegt“, sagt Martin Turowski, der den Dialog schätzt und Meckerer überhaupt nicht mag.
- Martin Turowski (48, FDP), verheiratet, drei Kinder
Berufliche Laufbahn: Studium Lehramt am Gymnasium mit den Fächern Mathe und Physik. Anschließendes Studium im Bereich Kommunikations- und Betriebspsychologie.
Hobbys: Golf, Tanzen, Klavier spielen, soziales Engagement im Service-Club Round Table.
Liebstes Reiseziel: Seit meiner Kindheit fahre ich zum Campen nach Grömitz. Wir haben dort einen Wohnwagen, fahren im Urlaub oder auch für das Wochenende dorthin.
Das mag ich: Zeit mit der Familie und Freunden verbringen. Ich grille gern, und ich schätze persönliche Gespräche, deshalb reiße ich auch Eintrittskarten beim Freilufttheater ab.
Das mag ich nicht: Toleranz ist ein wichtiger Grundwert. Aber wer nur grundlos meckert oder persönliche Angriffe vornimmt, ohne sich einer Diskussion zu stellen, das stört mich.