Lauenburg. Wer über 80 Jahre alt und besonders gefährdet ist, soll zuerst einen Impfschutz erhalten. Doch das Anmeldeverfahren ist kompliziert.
Am Dienstag hat Claudia Löding sehr früh den Rechner in ihrem Büro hochgefahren. Schließlich weiß sie: Punkt 8 Uhr beginnt der Ansturm auf die Termine für die Corona-Schutzimpfung. Sie hat trotzdem keine Chance, telefonisch ist kein Durchkommen. Und als sie es um 8.03 Uhr online auf der Webseite des Kieler Gesundheitsministeriums versucht, kam sie zu spät.
„Leider sind gerade alle unsere Buchungslinien besetzt“, steht dort. Und was sie dann liest, kann sie kaum glauben: Vor ihr warten bereits 14.021 Nutzer auf die Vergabe eines Impftermins. Immerhin: Am nächsten Dienstag soll es neue Termine geben.
Glückssache: Einen Termin für die Corona-Impfung vereinbaren
Claudia Löding will sich dabei nicht selbst registrieren lassen. Sie weiß natürlich, dass neben besonders gefährdeten Berufsgruppen derzeit nur die über 80-Jährigen geimpft werden. Doch diese seien in den meisten Fällen mit der Online-Anmeldung komplett überfordert, weiß die Lauenburger Quartiersmanagerin. „In diesem Alter haben nur wenige einen Internetanschluss. Und mit der Computerstimme am Telefon können sie nicht viel anfangen. Wer keine Angehörigen hat, ist in dieser Frage völlig hilflos“, hat sie festgestellt.
Und so macht sie ihr Büro am Büchener Weg zu Anlaufzentrale für Senioren, die sich impfen lassen wollen, aber nicht wissen, wo und wann. Claudia Löding hat nicht nur Informationsmaterial ausgedruckt, sondern auch das Formular zur Eintragung von Vorerkrankungen. Bei Bedarf hilft sie, die Dokumente auszufüllen.
Um 8.12 Uhr waren alle 7700 Impftermine vergeben
Selbst wenn die Quartiersmanagerin am Dienstagmorgen in der Warteschleife geblieben wäre, einen oder gar mehrere Termine hätte sie nicht ergattern können – so wie die meisten der über 14.000 Wartenden vor ihr. „Für die dritte Kalenderwoche konnten 7700 Termine an Impfwillige in Schleswig-Holstein vergeben werden. Das sind etwas mehr als in der vergangenen Woche“, sagt Marius Livschütz, Sprecher im Kieler Gesundheitsministerium. Um 8.12 Uhr seien alle verfügbaren Impfzeiten vergeben gewesen. Die Situation werde sich erst spürbar entspannen, wenn deutlich mehr Impfstoff verfügbar sei. Zudem werde geprüft, ob weitere Vereinfachungen möglich sind, um die Situation für ältere Menschen zu erleichtern.
Das wünscht sich auch Claudia Löding. „Ich verstehe nicht, warum das Anmeldeverfahren so kompliziert gestaltet werden muss. In anderen Bundesländern werden die Senioren zu den Impfterminen schriftlich eingeladen oder erhalten zumindest Bescheid, wann sie für eine Registrierung an der Reihe sind“, sagt sie. Tatsächlich werden zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern seit dem 4. Januar Bürger, die älter als 80 Jahre alt sind in alphabetischer Reihenfolge angeschrieben. Mit diesem Schreiben wird eine Telefonnummer bekannt gegeben, unter der der Impftermin dann vereinbart werden kann.
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An eine derartige Entzerrung der Anmeldungen ist in Schleswig-Holstein aber offenbar nicht gedacht. „Die Bürgerinnen und Bürger werden zeitnah zusätzlich ein Informationsschreiben erhalten, um noch einmal das Verfahren zu erläutern“, so der Ministeriumssprecher. Zunächst bis Anfang Februar sollen Impftermine auch nur an die Altersgruppe 80 plus vergeben werden.
Telefonpaten sollen Senioren vor der Isolation bewahren
Aber nicht nur die verschiedenen Informationen zur Schutzimpfung verunsichern Senioren in der Corona-Krise. „Viele von ihnen fühlen sich aufgrund der Kontaktbeschränkungen isoliert. Dazu kommt die Angst um die eigene und die Gesundheit von Angehörigen“, weiß Claudia Löding. Der Awo-Landesverband hatte im Frühjahr die Aktion Telefonpatenschaften ins Leben gerufen – eine Idee, die mittlerweile auch in Lauenburg gut angelaufen ist. „Wenn jemandem die Decke auf den Kopf fällt, weil Besuche derzeit unmöglich sind, kommt ein Anruf manchmal zu richtigen Zeit“, hat sie festgestellt.
Die Arbeit der Quartiersmanagerin in der Awo-Begegnungsstätte am Büchener Weg hat sich stark gewandelt. Derzeit sind gesellige Nachmittage oder literarische Veranstaltungen nicht angesagt. Stattdessen bemüht sich Claudia Löding darum, den überwiegend älteren Menschen, die sie betreut, ein paar Sorgen abzunehmen. Und so wird sie am kommenden Dienstag wieder frühmorgens den Rechner hochfahren, um möglichst unter den ersten Geduldigen zu sein, die sich um Impftermine für betagte Menschen bemühen.
Nächste Anmeldung für Impftermine am 19. Januar
„Wenn mehr Impfstoff zur Verfügung steht, wird das auch erfolgreicher sein“, hofft sie. Wer diesbezüglich Hilfe benötigt oder gern selbst bei der Terminanmeldung von Senioren helfen möchte, kann sich gern per Telefon an sie wenden. Eine Kontaktaufnahme ist auch per E-Mail möglich an claudia.loeding@awo-sh.de. Telefonpaten werden ebenfalls noch gesucht.
Die nächste Anmeldung für Impftermine ist am Dienstag, 19. Januar, möglich. Ab 8 Uhr sind dafür die Telefonnummern 116 117 und 0800/4 55 65 50 freigeschaltet. Online erfolgt die Terminbuchung über www.impfen-sh.de. Insgesamt sind in Schleswig-Holstein (Stand: 12. Januar) bereits 31.400 Personengeimpft worden.