Lauenburg. Vor 150 Jahren beginnt Wilhelm Helm mit dem Bau der Mühle. Wo einst gemahlen wurde, kann heute gegessen und geschlafen werden.

Stolz und majestätisch thront sie in der Oberstadt, die Stadt zu ihren Füßen: die Lauenburger Mühle. Seit Ende des 18. Jahrhunderts prägt das Bauwerk als höchstes Wahrzeichen der Stadt und südlichster Aussichtspunkt Schleswig-Holsteins das Ortsbild Lauenburgs. In diesem Jahr gibt es Grund, zu feiern: Vor 150 Jahren begann der Bau der letzten noch existierenden Mühle der Stadt.

Erbaut wurde die Mühle 1871 als Galerieholländer von Wilhelm Helm. Holländerwindmühlen galten damals als technisch besonders fortschrittlich und zeichnen sich durch ihre Höhe aus. Deshalb verfügen Mühlen dieser Art über einen umlaufenden Balkon oder eine Galerie. Von dort aus können dann die Flügel bedient werden, wie Mühlenbesitzer Walter Weber-Niemann erläutert.

Vor 150 Jahren: Bau von Lauenburgs höchstem Wahrzeichen beginnt

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren Mühlen kein seltenes Bild. Im Gegenteil: Damals gab es so viele davon im Herzogtum Lauenburg, dass der Landrat beim Antrag zum Bau dieser Mühle prüfen musste, ob die Entfernung zu nächsten auch weit genug war. Zwei Jahre dauerte der Bau, dann hat Müller Wilhelm Helm die vier Stockwerke hohe Mühle eingeweiht.

Ein Bild aus alten Zeiten: Schnell drehen sich die Flügel der historischen Lauenburger Mühle im Wind.
Ein Bild aus alten Zeiten: Schnell drehen sich die Flügel der historischen Lauenburger Mühle im Wind. © Privat | Unbekannt

1892 ging sie in den Besitz der Familie Kampff über und ist seitdem auch als Kampffsche Mühle bekannt. Im Jahr 1926 verlor sie durch einen schweren Sturm ihre Flügel und wurde fortan mit Dieselkraft, später mit einem Elektromotor betrieben.

Mit der Modernisierung in der Landwirtschaft gingen die Aufträge zurück

Im Oktober 1960 hat der Müllermeister Rolf Weber mit seiner Frau Emmi die Mühle samt Getreide- und Futtermittelhandel übernommen. Unter den neuen Besitzern veränderte sich viel: Weber schaffte große Silos an und vergrößerte seine Lagerräume. 1972 kam eine Halle für Getreide und Düngemittel dazu.

Mit der Modernisierung in der Landwirtschaft gingen die Aufträge jedoch nach und nach zurück. Aber die Webers waren kreativ und entwickelten neue Geschäftszweige. Los ging es Mitte der 1970er-Jahre mit dem „Grünen Warenhaus“, in dem die Webers anfangs Bäume und Sträucher, Dünger und Gartengeräte, später auch Berufskleidung, Regenzeug und Kleintiere verkauften.

In den 1980er-Jahren folgt der Umbau zum Museum

Mitte der 80er-Jahre beendete Rolf Weber seine Arbeit in der Mühle. Schon länger hegte er den Wunsch, sie zum Museum zu machen, und steckte seine Energie in die Umsetzung. Für die notwendige Restaurierung erhielt er eine beträchtliche Fördersumme, da das noch intakte Mühlenwerk als Zeugnis der frühindustriellen Zeit von großer Bedeutung war. 1983 begann der erste von zwei Bauabschnitten.

Die Holländerwindmühle erhielt neue Fenster und Türen, der 6,5 Tonnen schwere Kopf wurde abgenommen und von dänischen Spezialisten mit Lerchenschindeln nach althergebrachter Bauweise belegt. Auch der starke Eichenbalken im obersten Geschoss wurde ausgetauscht, da an ihm neue Flügel befestigt werden sollten, die aber keine Funktion mehr hatten.

Darf es ein Schluck vom berühmten „Mühlentropfen“ sein?

Aber ein Museum ohne Gastronomie? Rolf Weber hatte stets den berühmten „Mühlentropfen“ für seine Lieferanten und Gäste parat, warum sollte der umsonst sein? So war der Plan geboren, ein Restaurant zu eröffnen, das gemeinsam mit dem Museum 1985 eröffnet wurde.

„Ohne Elbblick, dafür aber mit Weitblick“, sagt Walter Weber-Niemann schmunzelnd. Es lief sehr gut, erinnert er sich  der Adoptivsohn von Rolf Weber. Täglich fuhren viele Busse die Mühle an, besonders nach der Grenzöffnung war sie ein beliebtes Ziel. Zehn Jahre später kam ein Hotel mit 70 Betten hinzu und vervollständigte das Ensemble, in dem gefeiert und geschlafen werden konnte. Nach dem Tod von Rolf Weber 2007 hat Walter Weber-Niemann die Leitung der Mühle samt Hotel und Gaststube übernommen und kümmert sich seitdem um ihren Erhalt.

Inneneinrichtung ist noch in ursprünglicher Form erhalten

Vom Mahlwerk bis zum Mühlstein, „die gesamte Inneneinrichtung ist noch in der ursprünglichen Form erhalten“, sagt der Besitzer. Als Kuriosum gilt der alte Lastenaufzug, mit dem die schweren Säcke in die oberen Stockwerke der Mühle transportiert wurden. „Das Fahren damit musste gekonnt sein“, sagt der 55-Jährige. In seinen Worten klingt Stolz mit.

„Die Arbeit eines Müllers war schwer, aber es war auch ein besonderes Handwerk“, findet er. Wie aber genau aus Getreide Mehl wurde und wofür die einzelnen Gerätschaften in der Mühle waren, das kann er den Besuchern nur grob erklären. „In der Mühle läuft ein Band, auf dem Rolf Weber alles fachmännisch erläutert“, sagt er.

Die hölzerne Galerie muss dringend erneuert werden

Gern möchte er weiterhin Interessierten die Tür der letzten Mühle von Lauenburg öffnen. Aber es stehen Arbeiten an, die er finanziell nicht alleine stemmen kann. „Die Fenster sind schon in Auftrag gegeben“, berichtet Weber-Niemann. Aber auch die hölzerne Galerie, von der man bei guter Sicht bis Lüneburg schauen kann, muss dringend erneuert werden, was mit hohen Kosten und viel Aufwand verbunden ist. Und irgendwann sind wohl auch die Flügel wieder dran, befürchtet der Herr der Mühle.

Dennoch: Aufgeben ist für ihn keine Option. Walter Weber-Niemann wartet darauf, dass Hotel, Restaurant und Museum bald öffnen dürfen, damit wieder Geld in die Kasse kommt. Denn davon profitiert auch das höchste Wahrzeichen der Schifferstadt.