Geesthacht. Schwierige Mehrheitsverhältnisse in der Ratsversammlung. Auch nach CDU-Erfolg müssen Parteien zusammenarbeiten.
Einer der ersten milden Abende des Jahres passte zur ausgelassenen Stimmung bei der CDU in Geesthacht. Im Garten der Ortsvorsitzenden Nicole Voß wurde der Erfolg bei der schleswig-holsteinischen Kommunalwahl bis in die Nacht gefeiert. Mit 33,8 Prozent haben die Christdemokraten die SPD (28,2 Prozent) als stärkste Kraft in der Elbestadt abgelöst. „Die Lust, etwas zu bewegen, ist groß“, sagte Gastgeber Guido Voß, der in seinem Wahlkreis den Einzug in die Ratsversammlung allerdings um eine Stimme verpasst hatte.
Einfacher ist die politische Entscheidungsfindung in Geesthacht nach der Kommunalwahl jedoch nicht geworden. Das Mehrheitsverhältnis in der Stadtvertretung bleibt kompliziert – unabhängig vom Ausgang des Losentscheids am 24. Mai um das letzte Direktmandat. Nach dem vorläufigen Ergebnis setzt sich die Ratsversammlung wie folgt zusammen: CDU elf, SPD acht, Grüne fünf, Bürger für Geesthacht (BfG) drei, FDP zwei und AfD ein Sitz.
SPD und CDU brauchen jeweils zwei Partner für eine Mehrheit
Die genaue Zusammensetzung hängt davon ab, wer am 24. Mai im Wahlkreis 3 (Kita Heuweg) Losglück hat. Hier entfielen auf Petra Burmeister (SPD) und Jochen Meder (CDU) jeweils 225 Stimmen. Gewinnt Rot beim Losen bekämen nur die Sozialdemokraten einen zusätzlichen Sitz. Bekommt Schwarz ein zwölftes Ratsmandat, erhielten indes SPD, Grüne und BfG jeweils ein Ausgleichsmandat.
So oder so heißt das aber: „Wenn die beiden großen Parteien nicht zusammenarbeiten, müssen sie sich immer zwei Partner suchen“, bringt es die bisherige SPD-Fraktionsvorsitzende Burmeister auf den Punkt. Die Geesthachter Sozialdemokraten (minus 4,1 Prozent im Vergleich zum Ergebnis 2018) sind mit ihrem Resultat zwar nicht zufrieden, Burmeister stellt aber zu Recht fest: „Wir sind deutlich besser als in vielen anderen Städten oder im Landesvergleich. Auch ist der Abstand zur CDU nicht so groß wie woanders.“ Von 16 Wahlkreisen konnte die CDU zwar elf direkt gewinnen, teilweise aber nur mit knappem Vorsprung.
„Themenbezogene Lösungen für Geesthacht finden“
„Es wird keine monogame Politik werden. Ich sehe es lieber, wenn wir themenbezogene Lösungen für Geesthacht finden“, sagt der bisherige CDU-Fraktionsvorsitzende Arne Ertelt. Und Guido Voß ergänzt: „Die Renten- und Gesundheitspolitik lösen wir nicht in Geesthacht. Aber wie wir die Innenstadt verdichten wollen oder wie hoch der Anteil an Sozialwohnungen sein soll, das entscheiden wir hier.“
Von den Grünen erzielten Jens Kalke und Ali Demirhan die besten Ergebnisse. Im Wahlkreis 9 (Direktkandidatin Hicran Hayik-Koller, SPD, 29,1 Prozent) kam Kalke auf 23,5 Prozent. Demirhan erreichte 20,5 Prozent im Wahlkreis 11 (Sieger Alexander Ullrich, SPD, 27,7). Dass sie ihr Ergebnis von vor fünf Jahren bestätigen konnten – die Grünen kamen in Geesthacht auf 16,3 Prozent (-0,2) – , das hatte Kalke so nicht zu hoffen gewagt. „Ich gehe davon aus, dass wir für die Bundespolitik abgewatscht werden“, hatte Kalke vor Beginn der Auszählung daneben gelegen.
Großer Gewinner ist die BfG
Großer Gewinner ist die aus den Freien Wählern hervorgegangene BfG, die in Geesthacht insgesamt auf 10,7 Prozent kam. Teilweise schnitt die Wählergemeinschaft deutlich besser ab. Spitzenwert sind 18,5 Prozent noch vor den Grünen im Wahlkreis 2 (Otto-Hahn-Gymnasium).
Allerdings fällt auch auf, dass ihr Ergebnis in drei von vier Wahlkreisen, in denen auch die AfD auf dem Wahlzettel stand, es für die BfG nur zwischen 4,5 und 6,0 Prozent reichte. Ob die BfG jetzt aus Protest gewählt wurde oder nicht: Will die junge Partei sich länger in der politischen Landschaft etablieren, wird sie in ihrer zweiten Wahlperiode mit Inhalten überzeugen müssen. Die Beteiligung an Redezeit in den Debatten ist jedenfalls ausbaufähig.
FDP zwischen Bedeutungslosigkeit und Zünglein an der Waage
Großer Verlierer ist indes die FDP. Und das obwohl der Ortsvorsitzende Jörg Kunert das Geesthachter Ergebnis eigentlich positiv einordnet. „Mit 7,3 Prozent ist das entgegen dem Trend in Bund und Land erstmal gut, auch wenn wir in der Stadt 1,4 Prozent verloren haben“, sagt Kunert. Die FDP wird es dennoch schwer haben, sichtbar zu bleiben. Mit nur noch zwei Ratsmitgliedern haben sie – wie auch die AfD – nach der von der schwarz-grünen Landesregierung eingeführten neuen Gemeindeordnung keinen Fraktionsstatus mehr. Dafür sind in Geesthacht drei Abgeordnete nötig.
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Das heißt, die FDP stellt keine Mitglieder in den Ausschüssen, in denen die Entscheidungen vorbereitet werden. Sie können auch keine Anträge einbringen oder haben dort Rederecht. Das ist jeweils auf die Ratsversammlung beschränkt. Für Kunert stellt es „eine heftige Beschädigung des Ehrenamtes“ dar. Zumal, so Kunert: „Die anderen an der Bildung einer Fraktionsgemeinschaft in dieser Konstellation natürlich kein gesteigertes Interesse haben. Aber mal sehen, was das Landesverfassungsgericht sagt.“ Dort haben FDP und SSW gegen die Gemeindeordnung geklagt. Aber trotz allem: In der Geesthachter Ratsversammlung könnte die FDP bei den knappen Mehrheiten das Zünglein an der Waage werden.
Mit der AfD will keine Partei zusammenarbeiten. Die Rechtspopulisten erhielten in den vier Wahlkreisen zusammen 338 Stimmen. Das entspricht auf ganz Geesthacht betrachtet 3,7 Prozent, in den vier Wahlkreisen reicht es es jeweils zu einem zweistelligen Ergebnis. Die Wahlbeteiligung in Geesthacht lag bei 37,7 Prozent (+1,5).