Geesthacht. Das Unternehmen aus Geesthacht ist zufrieden mit der Entwicklung. Aber in einem Punkt gibt es Nachholbedarf.

Das Schild am Lichtmast an der Geesthachter Hansastraße weist dezent auf die Veränderungen hin, die sich am Spakenberg getan haben. Leuchtturm Gruppe, steht dort auf dem Richtungspfeil, der an der Kreuzung gen Osten weist. Und darunter Torquato. Keine Rede ist vom Albenverlag. Bemerkenswert, denn im Bereich Sammelsysteme für Briefmarken und Münzen sind die Geesthachter Weltmarktführer, unter dem alten Namen Leuchtturm Albenverlag ist das Unternehmen groß geworden. 2017 wurde 100-jähriges Bestehen gefeiert.

„Wir sind nicht mehr die Firma wie vor zehn Jahren“, erläutert Max Stürken die Veränderungen. 80 Jahre lang wurden fast ausschließlich Briefmarkenalben hergestellt. Nun hat die Gruppe deutlich mehr zu bieten. Zusammen mit seinem älteren Bruder Axel Stürken ist er Hauptgesellschafter der Firma, die mittlerweile ein Großunternehmen ist. „Über Jahrzehnte gab es nur das eine Thema, und das ist in den Köpfen immer noch so hängengeblieben. Aber wir haben neue Geschäftsbereiche, die Firma wächst stark“, erklärt Max Stürken. Nämlich zu einem „Multi-Markenunternehmen“, so die Eigenwerbung. Acht Marken sind mittlerweile unter dem Dach der Leuchtturm Gruppe versammelt. Sie haben alle ihre Eigenständigkeit und eigene Teams.

Briefmarken spielen immer noch eine starke Rolle

Seit 2014 geht es Schlag auf Schlag. Zunächst wird die Schreibwarenmarke Semikolon zugekauft, 2014 die Schreibwarenmarke Treuleben und Bischof, im selben Jahr wird zudem die Marke Legendär angemeldet. 2016 kommt die Hamburger Firma Bethge hinzu mit hochwertigen Leder- und Papierwaren, jüngste Marke im Portfolio ist seit dem Erwerb 2021 Stilform, ebenfalls eine Schreibgerätemarke.

Bereits 2005 wurde die Schreibwarenmarke Leuchtturm1917 aufgebaut, 2000 das Versandhaus Torquato als Tochtergesellschaft gegründet. Im Katalog finden sich hochwertige Dinge aus den Bereichen Haus, Wohnen, Küche, Kleidung, Schuhen, Lebensart bis hin zu Spielzeug. Es gibt viele stylische Hingucker: vom gusseisernen Teegeschirr aus Japan bis zum englischen Clubsessel aus feinstem Leder.

Die Leuchtturm Gruppe hat seit den 1960er-Jahren ihren Standort am Spakenberg.
Die Leuchtturm Gruppe hat seit den 1960er-Jahren ihren Standort am Spakenberg. © Dirk Palapies

„Briefmarken spielen immer noch eine starke Rolle“

Nicht zu vergessen: Die bei Sammlern so geschätzte Marke Leuchtturm ist nicht von der Bildfläche verschwunden, sie existiert weiterhin gleichrangig mit den anderen. „Briefmarken spielen immer noch eine starke Rolle“, sagt Axel Stürken. „Ein sehr stabiler Markt. Es ist vielen nicht klar, aber dieser alte Leuchtturm macht noch zehn Prozent unseres Umsatzes aus.“ Er rechnet damit, dass sich die Sammelleidenschaft über Jahrzehnte nicht wesentlich ändern wird.

Und es kämen immer wieder neue und manchmal überraschende Phänomene hinzu – wie der Trend der analogen Fotografie. „Eine erstaunliche Entwicklung“, findet Axel Stürken. Er setzt beim Erkennen von Themen nicht auf Marktforschung. „Als Unternehmer muss man sich auch auf sein Bauchgefühl verlassen. Wir haben große Teams, die Input geben. Wirkliche Innovation entsteht nicht durch Marktforschung.“ Auch Polaroids, Schallplatten und Produkte der Popkultur sind Themen, die die Leuchtturm-Gruppe in Sachen Sammelutensilien im Blick hat.

Die Transformation zum Lifestyle-Unternehmen soll eine Kampagne bekannt machen

Der Umsatz insgesamt lag im vergangenen Jahr bei 100 Millionen Euro. Vor 15 Monaten, bei der Auslagerung von Abteilungen in Hallen des Kelter-Verlages an der Düneberger Straße, hatte ihn Max Stürken noch mit 70 Millionen Euro für 2020 angegeben. Auch damals lag man schon auf Wachstumskurs.

Zu den wichtigsten Aufgaben gehört nun, die Transformation nach außen deutlich zu machen: weg vom reinen Anbieter von Alben oder Vitrinen für diverse Sammlungen, hin zu einem Lifestyle-Unternehmen. Max Stürken kündigt für dieses Jahr eine Kampagne an, um in der Region mehr bemerkt zu werden. Großflächige Werbeplakate in den Straßen werden die Geesthachter aber nicht zu sehen bekommen, sie läuft vor allem über digitale Kanäle.

50 Mitarbeiter sind es am Spakenberg, 40 in Düneberg

Die Strategie zielt auch darauf ab, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Denn sie sind ein wichtiger Faktor der Wachstumsplanungen. Weltweit 500 Mitarbeiter an neun Standorten auf vier Kontinenten werden geführt, 250 Mitarbeiter sind es am Spakenberg, 40 in Düneberg. Zehn Prozent mehr dürfen es Ende des Jahres in Geesthacht sein. 29 offene Stellen listet die Homepage zurzeit auf.

Ein Strecke von Bögen für Briefmarkensammler. Die zu dem jeweiligen Thema von der Post ausgegebenen Briefmarken sind in schwarz-weiß vorgedruckt, der Sammler kann so sehen, welche Marke ihm noch fehlt.
Ein Strecke von Bögen für Briefmarkensammler. Die zu dem jeweiligen Thema von der Post ausgegebenen Briefmarken sind in schwarz-weiß vorgedruckt, der Sammler kann so sehen, welche Marke ihm noch fehlt. © Dirk Palapies

„Die Logistik ist eine der größten Herausforderungen“, sagt Axel Stürken. Zu händeln sind über 20.000 Artikel. „Der Platz reicht jetzt schon nicht. Wenn wir weiter wachsen, werden wir mehr Platz brauchen“, meint er. Mittelfristig werde es nicht möglich sein, alles am Spakenberg zu machen. Vor Ort wurde das Hochregallager 2007 auf 8000 Palettenplätze erweitert, in Billstedt gibt es seit 2016 einen Lagerstandort mit 5000 Palettenplätzen.

Es geht um Anbindung an die Autobahn: „Daher ist Düneberg ein guter Standort“

Vielleicht können in Düneberg beim Kelter-Verlag weitere Räumlichkeiten angemietet werden: „Wir sind in Gesprächen, ob es für uns eine Option ist“, berichtet Axel Stürken. Auch ein Grundstück im neuen Geesthachter Gewerbegebiet an der Leibnizstraße weckte das Interesse, „aber das war damals nicht der richtige Zeitpunkt“, so Max Stürken. „Uns geht es um Anbindung an die Autobahn, und da ist Düneberg ein wirklich guter Standort“. Ein Umzug gänzlich weg vom in den 1960er-Jahren bezogenen Standort am Spakenberg steht aber nicht an.

„Die Schönheit der wirklichen Dinge“, hat sich die Leuchtturm Gruppe als beschreibende Richtschnur zum Motto gegeben. Dabei sind Produkte wie zum Beispiel hochwertige Stifte oder ledergebundene Kalender und Notizbücher. Ist so etwas nicht ein Anachronismus in der heutigen digitalen Zeit?

„Wir halten es für ein Missverständnis, dass es haptischer Erlebnisse nicht mehr bedarf“, sagt Max Stürken. „Es ist ein generelles Bedürfnis. In der digitalen Welt informieren wir uns. Aber in unserer Umgebung geht es immer um wirkliche Dinge.“ Axel Stürken führt zwei weitere, kaum zu schlagende Argumente an: „Ein Kalender kann nicht gehackt werden, und er kann nicht abstürzen.“