Geesthacht. WVG kritisiert die neue Regelung in der Leibnitzstraße und der Mercatorstraße. Wie Geesthachts Bürgermeister sie rechtfertigt.

Die Parkprobleme an der Geesthachter Leibnizstraße beschäftigen auch die Wirtschaftliche Vereinigung. „Die WVG wurde im Rahmen der Planung zur neuen Regelung nicht einbezogen“, teilt Alexander von Strombeck, Vorstand der Wirtschaftlichen Vereinigung Geesthacht, mit und widerspricht damit einer Aussage aus dem Fachdienst Öffentliche Sicherheit.

Hintergrund: Seit Mitte November stehen Schilder mit einem eingeschränkten Halteverbotszeichen auf beiden Seiten der Zufahrt zum neuesten Geesthachter Gewerbegebiet. Andrej Wink aus der Stadtverwaltung ging es darum, den Begegnungsverkehr in der Leibnizstraße zu gewährleisten. Er hatte Sorgen, dass Lkw nicht mehr aneinander vorbeikommen würden, wenn Fahrzeuge am Straßenrand parken.

Die Halteverbotsschilder stoßen bei WVG auf wenig Gegenliebe

Die neuen Schilder – nicht nur in der Leibniz-, auch die in der Mercatorstraße – stoßen bei Alexander von Strombeck auf wenig Gegenliebe: „Grundsätzlich müssen aus Sicht der WVG in einem Gewerbegebiet ausreichende Flächen, auch an der Straße, zur Verfügung stehen, auf denen wartender Lieferverkehr oder Besucher temporär auch tagsüber stehen können. Ein eingeschränktes Halteverbot für Lkw tagsüber ist keine praxisorientierte Lösung“.

WVG-Vorstand Alexander von Strombeck ist freischaffender Diplom-Ingenieur und hat sein Büro im Sommer auf seinem Schiff im Yachtclub auf der Elbinsel eingerichtet.
WVG-Vorstand Alexander von Strombeck ist freischaffender Diplom-Ingenieur und hat sein Büro im Sommer auf seinem Schiff im Yachtclub auf der Elbinsel eingerichtet. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Auch Volker Samuelsson von der im Zillmann-Handwerkerquartier ansässigen Fahrschule VBZ kann sich weiterhin nicht mit der Situation abfinden – trotz der Beschwichtigung von Andrej Wink, hauptsächlich längerfristig parkende Fahrzeuge im Visier zu haben und nicht Fahrer, die sich in der Nähe aufhalten und beschäftigt seien, etwa mit Entladen oder einer Prüfung.

„Ein Auge zuzudrücken ist keine Dauerlösung“, findet Samuelsson auch bezüglich der Rechtssicherheit. „Man könnte doch zumindest den Anliegern die Möglichkeit geben, hier zu stehen. ,Anlieger frei’ wäre auch für die Mercatorstraße eine Lösung“, meint Samuelsson. Und Alexander von Strombeck fragt: „Woher soll ein Fahrer wissen, dass ein Auge zugedrückt wird, wenn er nicht aus Geesthacht kommt?“

Ein Abschleppen kann teuer werden – bis zu 800 Euro

Die Sorge wegen der Ahndung von zu langem Halten hat durchaus ihre Berechtigung. Denn Andrej Wink hat Kontrollen angekündigt. Und ein Abschleppen im Falle einer Gefährdung kann teuer werden – bis zu 800 Euro kann es kosten.

Ob die Situation es noch einmal auf die Agenda der Stadtpolitik schafft, scheint fraglich. „Jede Fraktion hat die Planungen gesehen und etwas sagen können, sie sind auch noch nicht so alt“, sagt Gerhard Boll (Grüne), der Vorsitzende des Ausschusses für Stadt- und Verkehrsplanung. Der Abwägungs- und Satzungsbeschluss wurde am 22. Oktober 2018 in seinem Ausschuss verhandelt. Die Straßensituation spielte keine Rolle. Die CDU legte dann im Februar-Ausschuss 2019 zwar noch einmal mit einem Antrag nach, doch der drehte sich darum, dass sich zur Entlastung der Innenstadt auch Tankstellen ansiedeln sollten – was mehrheitlich abgelehnt wurde.

„Wenn die Straße breiter wäre, hätte das etliche 1000 Euro mehr gekostet, hätte aber den Verkaufserlös geschmälert, weil die Grundstücke kleiner geworden wären. Die Stadt hätte weniger eingenommen“, zeigt Gerhard Boll Verständnis. Die Fläche wurde von einem Landwirt gekauft, der nördliche Teil ging an die Stadt, der südliche Teil an die Wirtschaftsförderung Herzogtum Lauenburg.

In anderen Gewerbegebieten weisen Straßen, etwa die Mercatorstraße und die Vierlander Straße, sehr wohl begleitende Abstellflächen auf ihrer gesamten Länge auf. „Das war dort von der bautechnischen Seite her eine andere Situation“, weist Bürgermeister Olaf Schulze Vorwürfe einer Fehlplanung zurück. An der Leibnitzstraße gebe keine lange gerade Strecke. Gleich nach der Einfahrt folgt eine Links-, dann eine Rechtskurve, dann erst ein gerades Stück.

Keine Bordelle: B-Plan schreibt vor, wer sich ansiedeln darf

Olaf Schulze verweist auf den B-Plan vom 28. Februar 2019, der vorschreibt, wer hier Gewerbe treiben soll, wer nicht und wo die Stellplätze sein sollen. An der Straße jedenfalls nicht. „Nebenanlagen, Stellplätze und Garagen sind ausschließlich innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen und in den festgesetzten Flächen für Stellplätze und Garagen zulässig“, steht im Bebauungsplan Nr. IV/ 5 Gewerbegebiet Nord II. Und weiter: „Zwischen öffentlicher Verkehrsfläche und Baugrenze sind Stellplätze ausgeschlossen. Entlang der inneren Erschließung sind circa 15 öffentliche Stellplätze vorgesehen, die ausschließlich für PKWs sind“.

Nicht erwünscht im Gebiet sind außer Tankstellen auch Einzelhandel mit Waren und Gütern des täglichen Bedarfs ebenso wie Betriebswohnungen, Bordelle, Beherbergungsbetriebe, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, reine Geschäfts-, Büro-, Lager- und Verwaltungsgebäude und Vergnügungsstätten. Erwünscht ist dagegen die Ansiedelung von Handwerks-, Produktions-, Dienstleistungs- und Großhandelsbetrieben – auch, um Betrieben, die die Entwicklung in der Innenstadt stören, Flächen zur Umsiedelung anzubieten. Im Rahmen eines Direktmarketing können sie ihre Produkte auch an Endverbraucher verkaufen.

Das bedeutet aber: Zusätzlich zum Verkehr von Mitarbeitern, Anlieferern und Geschäftsfreunden kommt es eben auch zu Fahrten von Kunden, die zusätzlich für eine Verschärfung der Lage sorgen – besonders dann, wenn alle Firmen ihr Areal bezogen haben werden. Durch die Ansiedlung der umstrittenen Radiologie könnte zudem Anreiseverkehr durch Patienten hinzukommen.

So strebt zumindest die WVG weiterhin eine Verbesserung der Situation an. Für den Februar ist das Aufleben der Gewerbegebietstreffen mit Bürgermeister Olaf Schulze im Gewerbegebiet Nord geplant. Ziel: „Gemeinsam besprechen, wie wir die Kuh vom Eis bekommen“, meint Alexander von Strombeck.