Vattenfall inspiziert die Anlage an der Elbe. Wie ist es um das giftige Sediment aus DDR-Zeiten bestellt?
Geesthacht. Das Geesthachter Pumpspeicherwerk liegt in der Regel recht einsam auf dem Geesthang über der Elbe, in diesen Tagen allerdings herrscht geschäftiges Treiben. Männer mit Werkzeugen arbeiten in Schräglage am steilen Beckenrand, gesichert von Seilen, die an Windenwagen befestigt sind, gelbe Baufahrzeuge umkurven derweil das Wasserbecken.
Turnusmäßig ist dieser Herbstputz in der vom Energiekonzern Vattenfall betriebenen Anlage nicht. Mit den mit Giftstoffen belasteten untersten Sedimentschichten im Wasser (wir berichteten) haben diese Arbeiten aber nichts zu tun. Wenn bei den regelmäßigen Begehungen Risse in der Asphaltschicht über dem Wasserspiegel festgestellt werden, werden sie zunächst dokumentiert. Ab einer bestimmten Menge rückt dann stets ein Spezialunternehmen zur Reparatur an. Ende Oktober sind die Ausbesserungen abgeschlossen.
Pumpspeicherwerk in Geesthacht: Tritt Wasser aus? Auch das beobachten die Prüfer
Auch, ob Wasser wegen einer Undichtigkeit im Oberbecken abläuft, wird getestet. Hierzu wird das Becken vollgepumpt und dann der Pegel beobachtet. Das passierte zuletzt Anfang Juni, alles blieb stabil vorbehaltlich des zu erwartenden Verdunstungsschwundes. „Wir haben einen sehr, sehr stabilen Wasserstand“, berichtet Vattenfall-Sprecher Lutz Wiese.
Sollte sich doch mal durch Absinken des Pegels zeigen, das irgendwo eine Leckage ist, würde das Wasser in vier Stunden abgelassen werden können, erklärt Thomas Beyer, der Leiter Betriebliche Steuerung bei Vattenfall. „Das ist aber reine Theorie“, ergänzt Lutz Wiese „Bei unseren Anlagen ist das bislang nicht vorgekommen.“
Risse halten die Experten für ausgeschlossen
Rissentstehung wegen eines sich verändernden Bodens halten die Vattenfall-Experten für ausgeschlossen. „Der Untergrund arbeitet so gut wie nicht“, meint Thomas Beyer. Auch die Rohre sind beweglich gelagert, so wird Spannung vermieden, die durch die Ausdehnung des Metalls während Erwärmungsphasen entstehen könnten. Deswegen sind sie auch mit einem wasserdichten Stecksystem miteinander verbunden, sogenannten Stopfbuchsen.
Nicht ausgeschlossen, dass man sich bei Vattenfall noch tatkräftig mit der Entfernung der Sedimente befassen wird. Denn zurzeit läuft eine breit angelegte Untersuchung über den genauen technischen Zustand des voll funktionsfähigen Pumpspeicherwerkes. Und ob die Sedimente aus dem Wasser kommen oder nicht, spielt dabei auch eine Rolle.
Je mehr Sediment, desto weniger Ertrag für Vattenfall
Vattenfall verliert bares Geld durch die Einträge. Je mehr Sedimente sich ansammeln, desto weniger Wasser passt ins Becken. Das nutzbare Volumen beträgt 3,3 Millionen Kubikmeter, der Anteil der Sedimente lag 2016 bei 640.000 Kubikmetern. Tendenz steigend, denn einen Filter für Schwebstoffe und dergleichen gibt es nicht. Beim Ablassen des Wassers wird der Strom erzeugt, mit dem Geld verdient wird. Und je weniger Wasser nach unten fließen kann, desto geringer ist der Ertrag.
Ende nächsten Jahres soll die Untersuchung abgeschlossen sein. Wie es nach Fertigstellung der Expertise weitergehen könnte, sei Spekulation, meint Lutz Wiese. „Die Anlage ist von der Wirtschaftlichkeit her am Ende unserer Kette. Wir schauen uns den Zustand der Anlage genau an, um zu verstehen, welche Investitionen in die Anlage nötig wären.“ Immerhin: Zehn Mitarbeiter arbeiten zurzeit am Standort, die Zahl soll um drei bis fünf aufgestockt werden.
Vattenfall: Anlage nicht gefährlich für Wasserqualität
Derweil tritt Vattenfall Befürchtungen entgegen, die Anlage könnte gefährlich sein für die Wasserqualität. Im Geesthachter Umweltausschuss war im August einstimmig gefordert worden, dass die Verwaltung durchsetzen solle, dass gegen Ende von Ablaufphasen Proben durch ein unabhängiges Institut genommen würden.
„Die Anlage ist sicher“, entgegnet Lutz Wiese. „Wir werden mit Behauptungen konfrontiert, die durch nichts zu belegen sind. Wir können guten Gewissens sagen, dass wir alles für die Sicherheit der Anlage machen, wozu wir verpflichtet sind. Den gewünschten unabhängigen Probenentnahmen stehen wir offen gegenüber.“
Umweltbeirat hatte zuerst Fragen aufgeworfen
Der Geesthachter Umweltbeirat, der den Antrag im Ausschuss angestoßen hatte, macht sich Sorgen, dass freiliegendes Sediment Trockenrisse bekommen und einlaufendes Wasser dann bis in die aus früheren Zeiten kontaminierten Sedimente gelangen könnte. Beim nächsten Ablassen könnten so Problemstoffe zurück in die Elbe geschwemmt werden. Bis zur Wende in den 90er-Jahren galt der Fluss durch die Einleitungen ansässiger osteuropäischer Industrien als schwer belastet.
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„Das Problem sehen wir nicht“, meint indessen Thomas Beyer. Zweimal im Jahr würden bereits Wasserproben von einem unabhängigen Wasseranalyselabor entnommen. „Es ist keine Giftbrühe, die da herumschwimmt. Die betroffenen Sedimente liegen eingeschlossen im unteren Bereich.“ Zudem stehe die Anlage unter behördlicher Überwachung. Erst am Dienstag vor einer Woche erfolgte die Jahreskontrollbegehung durch die Untere Wasserbehörde. Alle Vorgänge, die die Stauanlagensicherheit betreffen, werden dokumentiert und in einem Jahresbericht zusammengestellt, der der Behörde übermittelt wird.
Irritiert das Pumpspeicherwerk Fische?
In Sachen weiterer Sorgen, die von Fischerei und Anglern geäußert wurden, ist die Anlage mittlerweile aus dem Schneider. Die Befürchtung, dass durch den Ansaugbetrieb in großem Stil Fische getötet werden würden, ist nach einer umfangreichen Untersuchung 2014 nicht haltbar. Demnach führt der „Kombinationsbetrieb“ aus Pumpbetrieb und Turbinenbetrieb dazu, dass die Fische aus der Zone am Unterwasserkanal der Anlage flüchteten.
Übrigens wird auch die Windkraftanlage am südöstlichen Ufer demnächst Ziel von Arbeitern. Der markante einsame Windspargel ist 27 Jahre alt und wird abgebaut, der Genehmigungs- und Ausschreibungsprozess läuft. Die Rotorblätter sollen recycelt werden.