Geesthacht. Für Holm Lilie aus Geesthacht gehörte das Schiff des Nachbarjungen zu seinen liebsten Kindheitserinnerungen. Wie es zu ihm fand.
Als der bekannte Geesthachter Künstler Holm Lilie ein kleiner Junge war, spielte er oft mit dem ein Jahr älteren Klaus Gehrmann von nebenan. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war ihr größter Schatz ein metallenes Dampfschiff in Spielzeugformat, das mittels einer mit Spiritus betriebenen Maschine fahren konnte. Lilies Großonkel Arthur hatte es Klaus, einem Flüchtlingskind, geschenkt. Die beiden Jungen spielten oft damit in einem toten Arm der Elbe, dort wo heute das Wasser- und Schifffahrtsamt ist.
Eines Tages aber passierte das Malheur: Der Spiritus-Brenner lief im Rumpf aus, und das geliebte Boot brannte völlig aus, war hinterher völlig verkohlt. „Danach gab es Ach- und Wehgeschrei“, erinnert sich Lilie. Das ramponierte Boot verschwand hernach von der Bildfläche, doch vergessen hat es der heute 83-Jährige nie. Nach über 70 Jahren hat das Dampfschiff nun wieder den Weg nach Geesthacht gefunden und wird sogar im Dezember Bestandteil einer Ausstellung vom Heimatbund und Geschichtsverein.
Szenenwechsel. Der inzwischen ergraute Künstler sitzt hinter seiner Werkbank im Lilie-Hof. Auf dem Tisch das alte Boot. Die gröbsten Schäden hat er notdürftig behoben. Lilie hat etwa das Krähennest angelötet. Nur die hintere Reeling ist lose und ein Rettungsboot fehlt. Das ist in der Elbe verloren gegangen. „Das Schiff ist wegen seines Tiefgangs immer schnell untergegangen“, erinnert sich Lilie.
Ausstellung Geesthacht zeigt auch die alte Dampfmaschine
Jetzt steht die Probe aufs Exempel an: Funktioniert die Maschine noch? Lilie schiebt brennenden Spiritus auf einem Schälchen in den Miniatur-Kessel und setzt die Aufbauten drauf. Tatsächlich: Nach einigen Minuten ist genug Druck auf dem Kessel, Dampf kommt aus einem Schornstein.
Lilie wirft mit einem Finger die Schiffsschraube an und mit etwas Geratter läuft die Maschine. „Da kommen Erinnerungen an die Kindheit hoch“, sagt Lilie zufrieden. Etwa wie er mit Klaus Gehrmann mit selbst gebauten Flitzebögen Pfeile über das Elternhaus schoss, oder von Leuten, die nach dem Krieg in der Elbe mit Handgranaten gefischt haben.
Nachbarsjunge zog mit dem Boot aus Geesthacht weg
Doch irgendwann zog Klaus Gehrmann aus Geesthacht weg, wohnt inzwischen in Osnabrück. Bei den sporadischen Wiedersehen erkundigte sich Holm Lilie immer nach dem alten Schatz. „Ich hatte Interesse daran, doch er wollte es nicht so recht rausrücken“, sagt Lilie. Einen neuen Anlauf nahm er, als er jüngst Gehrmanns Neffen traf. „Danach habe ich Klaus dann angerufen und wollte es ihm abkaufen. Er meinte aber, nee, er schenkt es mir. Das hat mich sehr gefreut“, berichtet Lilie.
Jetzt steht das Boot, das rund 70 Jahre im Keller beim Freund aus Kindheitstagen gestanden hatte, also wieder in Geesthacht. Lilie recherchierte anschließend im Internet und fand heraus, dass Boote dieser Art bereits um das Jahr 1880 herum gebaut wurden. „Damals, und auch noch als ich Kind war, war das Hightech“, betont er.
Gleichzeitig heißt es aber auch, dass wohl bereits zumindest Großonkel Arthur, den alle nur Onkel Ramm nannten, auch schon mit dem alten Dampfschiff gespielt haben muss. Und vor ihm wohl auch schon dessen Vater.
Wer hat außergewöhnliches altes Spielzeug zu Hause?
Im Dezember kommt das alte Dampfschiff noch mal groß raus. Es wird Bestandteil einer Ausstellung vom Heimatbund und Geschichtsverein im Krügerschen Haus über altes Spielzeug. „Wir wollen altes Spielzeug ab dem Jahr 1900 herum bis in die 1950er-Jahre aus unserer Sammlung zeigen. Wir freuen uns auch über Außergewöhnliches, das uns Bürger zur Verfügung stellen“, sagt der Vorsitzende Helmut Knust.
In der Ausstellung sicher Platz finden ein alter Baukasten (um 1900), ein Kaufmannsladen aus den 1930er-Jahren, eine alte Eisenbahn, Puppenstuben, altes Blechspielzeug und vieles mehr. Wer außergewöhnliches Kinderspielzeug zur Verfügung stellen will, meldet sich bei Helmut Knust unter Telefon 04152/749 76.