Geesthacht. Die dienstälteste Lehrerin geht nach 34 Jahren am Geesthachter Otto-Hahn-Gymnasium in Pension. Was sie ihren Nachfolgern rät.

Ein blaues Plastikkörbchen gehört bei Lehrerin Ulla Viebrock zur Grundausstattung. Darin liegen in der Regel: Brillenetui, Schlüsselbund, Trillerpfeife und – ganz wichtig – zwei Tennisbälle. Letztere waren für ihre „Frühchen“ gedacht. So nennt Viebrock die Kinder, die beim Sport immer am schnellsten umgezogen waren und vor dem eigentlichen Unterrichtsbeginn eine Beschäftigung benötigten.

Apropos Grundausstattung: Ulla Viebrock, die eigentlich Ursula heißt, gehört am Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) Geesthacht selbst zum Inventar. Am 15. August 1988 trat sie ihren Dienst am Neuen Krug an. 34 Jahre unterrichtete sie außer Sport auch Französisch und evangelische Religion. Damit ist mit Ende dieses Schuljahres Schluss. Dann geht das dienstälteste Mitglied des Kollegiums in Pension.

Otto-Hahn-Gymnasium: 1988 gab es noch keine Computer

„Ich bin zwar die dienstälteste Lehrkraft, aber nicht die Älteste“, betont Viebrock, die sich mit 65 Jahren, also ein Jahr früher, in den Ruhestand verabschiedet. „Es ist gut, jetzt aufzuhören“, sagt Viebrock, die in Grünhof wohnt.

Als sie 1988 anfing, gab es am OHG noch nicht einmal Computer. Im heutigen Computerraum war damals das Sprachlabor untergebracht, dass sie für ihre Französisch-stunden aber nie nutzte. „Das war damals schon out“, erinnert sie sich.

Wenn man sich bei Schülern nach Frau Viebrock erkundigt, wird häufig genannt, dass sie leise spreche. Was ein jüngerer Schüler wiederum auf ihr Alter zurückführte.

Vor dem Schwimmunterricht immer einen Apfel gegessen

Weitere Attribute, die ihr zugeschrieben werden: isst immer einen Apfel vor dem Schwimmtraining, kommt meist fünf Minuten zu spät zum Schwimmen, fährt einen „frechen“, blauen Golf und – was die Lehrerin wohl selbst am meisten freuen dürfte – ist immer nett und fair sowie „hat Ahnung“.

Das Lob gibt sie gern zurück. „Das beste an der Schule sind die Schülerinnen und Schüler“, so Viebrock, die am OHG das Gefühl hatte, „dass manche Kinder unser Land noch mal voranbringen können“. Auch wenn sich das Verhalten der Kinder im Laufe der Zeit verändert habe. Früher habe sie viele Schüler privat im Freizeitbad angetroffen, heute hingen viele stattdessen häufig an ihren Smartphones. „Aber ich will das gar nicht negativ bewerten“, betont Viebrock.

Ulla Viebrock liebte die internationale Arbeit

Sie hat immer gern mit Kindern und Jugendlichen zusammengearbeitet, liebte vor allem die internationale Arbeit an der Europaschule, die das Otto-Hahn-Gymnasium ist. Ob es nun Oberstufenfahrten mit Kollege Matthias Fleischhauer nach Bombannes in Frankreich oder Schüleraustausche nach Tatabanya (Ungarn) oder Plaisir in Frankreich waren.

Aufgewachsen ist Ulla Viebrock in der Nähe von Rhade (Niedersachsen), studierte in Kiel und kam nach dem Referendariat in Lübeck sowie Übergangsjobs in einer Bewegungsklinik sowie als Reiseleiterin ans OHG in Geesthacht. Künftigen Kollegen gibt sie mit auf den Weg: „Sei authentisch, offen und höre zu, was die Schüler sagen!“

„Ich will hier lachend rausgehen“

Schulen sollten derweil digital gut aufgestellt sein. Aber: „Nur durchs digitale Arbeiten wird der Unterricht nicht besser.“ Ulla Viebrock wünscht sich, dass Schüler nie wieder Homeschooling erleben müssen. Sich selbst hat sie derweil fest vorgenommen, nicht zu heulen. Weder am Donnerstag bei der Verabschiedung im Kollegenkreis, noch am Freitag, wenn sie während der Projektwoche zum letzten Mal Aufsicht hat.

Ihre letzte Schulstunde war bereits am vergangenen Freitag, 24. Juni. „Ich will hier lachend rausgehen. Ich habe das Gefühl, hier viele gute Jahre gehabt zu haben“, sagt Viebrock, die sich fortan in der St. Salvatoris-Kirche engagieren und 2023 mit dem Fahrrad (Viebrock: „Kein E-Bike!“) nach Cabourg an der französischen Kanalküste fahren will.

Zwei weitere langjährige Lehrerinnen hören auf

Außer Ulla Viebrock verabschieden sich zwei weitere langjährige Lehrerinnen vom OHG. Gesa Schultze unterrichtete stolze 30 Jahre Mathe und evangelische Religion, Sylvia Uken brachte 15 Jahre lang Kindern Englisch und Französisch bei. „Alle drei waren Vollblut-Lehrerinnen und werden uns sehr fehlen“, sagt OHG-Leiterin Kirsa Siegemund.

Mit Ulla Viebrock hat sie allerdings bereits gescherzt, dass diese in Zeiten des Lehrermangels bestimmt als „Senior Expert“ wiederkommen werde. „Das überlege ich mir in Ruhe, wenn es soweit ist. Jetzt will ich erstmal einen Schlussstrich ziehen“, sagt Viebrock.

Derweil will Siegemund Signale erhalten haben, dass Viebrock beim Schwimmunterricht bereit sei, auszuhelfen. Vielleicht lässt diese sich ja mit ein paar Äpfeln bestechen ...