Geesthacht/Bergedorf. Die Bahnanbindung steht im neuen Koalitionsvertrag. Grüne haben eine Idee, wie das Projekt schnell umgesetzt werden könnte.
Bislang hat die Bahnanbindung Geesthachts über Bergedorf nach Hamburg nur wenig Berücksichtigung in den Papieren des Verkehrsministeriums in Kiel und im Landesnahverkehrsplan (LNVP) gefunden. Der neue Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün weist diesem Projekt nun eine hohe Bedeutung zu. Was dies konkret bedeutet, wird sich in der gerade begonnenen fünfjährigen Legislaturperiode zeigen.
Dass die Erwähnung im Koalitionsvertrag kein Selbstgänger war, lässt sich erahnen: Dort stehen für die Förderung des Schienenverkehrs Vorhaben wie S-Bahnverlängerungen (S 4 und S 21), mehr Güter von der Straße auf die Bahn zu holen, die Reaktivierung weiterer Bahntrassen und vor allem die Elektrifizierung im Land. Bereits „bis 2030 sollen alle Nahverkehrszüge emissionsfrei fahren“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Bahnlinie Geesthacht–Bergedorf: Hohe Bedeutung im Koalitionsvertrag
In einem Land, in dem bislang nur ein Bruchteil der Trassen elektrifiziert ist, ist schon dies eine Mammutaufgabe. „Bis dahin werden wir elektrisches Fahren mit Akku-Triebwagen und Strominseln ermöglichen.“
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Der noch amtierende Landesverkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) hatte im Landtagswahlkampf vertreten, die Komplett-Elektrifizierung sei ein Projekt, das erst in fernerer Zukunft zu realisieren wäre. Ebenso eine Schienenanbindung Geesthachts – wenn überhaupt. „Es gibt viele andere Projekt hoher Priorität, aber mit der Aufnahme in den Koalitionsvertrag ist ein wichtiger Schritt getan“, sagt Andrea Tschacher. Die Christdemokratin vertritt den Wahlkreis Lauenburg-Süd in Kiel.
Kiel soll Mittel des Bundes abfordern
Die Finanzierung müsse geklärt werden, fordert die Aumühlerin mit Blick auf den aktuellen LNVP. Der nennt schon zur Finanzierung der dort als vorrangig eingestuften Vorhaben eine Lücke von gut 100 Millionen Euro. „Der Bund hat die Mittel für den Bereich aufgestockt, das Geld muss vom Land nun auch abgefordert werden.“
Zweifel an einer beschleunigten Realisierung der Bahnanbindung äußert dagegen Samuel Walter Bauer, Verkehrsexperte der Geesthachter SPD: „Die CDU wird voraussichtlich den neuen Verkehrsminister in Kiel stellen. Die Grünen werden ihren Koalitionspartner überzeugen müssen, tatsächlich ist die Begeisterung in der CDU im Land wie auf Kreisebene doch eher begrenzt.“
Mit Stadtbahn Schienenanschluss realisieren
Deutlich optimistischer ist dagegen der Bahnexperte der Geesthachter Grünen: „Konzentrieren sich die Verantwortlichen auf das rasch Umsetzbare, könnten mit Ende der Legislaturperiode 2027 erste Bauarbeiten erfolgen“, wirbt Gerhard Boll. Am schnellsten zu realisieren sei eine Stadtbahn.
Für eine schnelle Realisierung, etwa noch in diesem Jahrzehnt, müsste jedoch alles gut zusammenlaufen. „Das Vorhaben wird uns die Legislaturperiode über beschäftigten“, sagt die Wahlkreisabgeordnete Andrea Tschacher (CDU). Wobei vor Ort weiterhin Stimmen mahnen, besser auf eine rasche Verbesserung des Busverkehrs und engere Takte als auf eine Bahnanbindung in fernerer Zukunft zu setzen.
Für Zuganbindung müssten Bahnübergänge weichen
Solle die vorhandene Bahntrasse für reguläre Züge genutzt werden, bleibe es bei einem Problem, das schon ein Gutachten zu Zeiten des inzwischen verstorbenen Geesthachter Bürgermeisters Peter Walter aufgezeigt habe, erinnert Bürgervorsteher Samuel Walter Bauer (SPD): „Die vielen Bahnübergänge auf Schienenniveau müssten geschlossen oder ersetzt werden.“
Hinzu komme die teils enge Wohnbebauung entlang der Trasse. Bauer: „In Teilen von Bergedorf stehen Wohnhäuser in zehn bis zwölf Metern Entfernung.“
Wohnhäuser stehen teils in zehn Metern Entfernung
Diese Probleme wie auch weitere versucht Gerhard Boll, Verkehrsexperte der Geesthachter Grünen, im Blick zu behalten. „Allein die technische Sicherung einer Bahnquerung schlägt schnell mit 500.000 Euro zu Buche.“ Ganz abgesehen von den Kosten einer Vielzahl Tunnel oder Brücken.
Solle eine Anbindung Geesthachts in überschaubarem Zeitrahmen realisiert werden, ist aus Bolls Sicht eine Stadtbahn die richtige Option. Anders als Regionalzüge oder S-Bahnen darf sie auf Strecken mit Kreuzungsverkehr fahren, biete weitere Vorteile: „Moderne Stadtbahnen fahren so leise, dass sie mit Akustiksignalen versehen werden müssen, dass Fußgänger sie wahrnehmen.“
Dazu komme die Chance, sie mit Akkus zu betreiben. Boll: „Kurze Abschnitte Oberleitungen wären dann nur in Bergedorf und Geesthacht notwendig.“