Geesthacht. Bevorzugt wird eine Straßen-/Stadtbahn, die Geesthacht mit dem Bergedorfer Bahnhof verbindet und auch den Sander Damm befährt.
Der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (Nah.SH) wird am Mittwoch in Kiel die lang erwartete Machbarkeitsstudie für die Potenziale der Bahnstrecke Geesthacht-Bergedorf vorstellen. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP), Hamburger Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhoff (SPD) und Landrat Dr. Christoph Mager (CDU) aus dem Kreis Herzogtum-Lauenburg sind dabei, Vertreter aus Geesthacht wurden zu dem Termin nicht eingeladen.
Dennoch lässt die Machbarkeitsstudie in Geesthacht Herzen höher schlagen – noch bevor die Ergebnisse offiziell vorgelegt wurden. Nach unbestätigten Angaben gehen die Experten davon aus, dass auf den Schienen Straßenbahn- als auch Zugbetrieb möglich wäre. Bevorzugt wird aber eine Straßen-/Stadtbahn, die stellenweise mit bis zu Tempo 80 unterwegs sein könnte, ohne dass alle Bahnübergänge beseitigt werden müssten.
Zehn- oder 20-Minutentakte werden anvisiert
Die Fahrtdauer für die gut 14 Kilometer lange Strecke soll 22 Minuten betragen, anvisiert werden Zehn- oder 20-Minutentakte. Obwohl die Strecke nicht elektrifiziert ist, könnte eine elektrisch angetriebene Straßen/Stadtbahn verkehren, deren Akkus in Geesthacht oder Bergedorf oder Nettelnburg aufgeladen werden.
Auch wenn es derzeit keine entsprechenden Fahrzeuge gibt, wird erwartet, dass die Industrie in den kommenden Jahren geeignete Bahnen anbieten wird. Alternativ müssten Triebwagen mit Dieselantrieb eingesetzt oder die Strecke aufwendig elektrifiziert werden. Verworfen wurde offenbar die Idee, auf der „Karoline“-Trasse Schnellbusse einzusetzen.
Auf dem Sander Damm in Richtung Bahnhof
Ein Knackpunkt ist die Anbindung an das S-Bahnnetz in Bergedorf oder Nettelnburg. Die Studie empfiehlt als bevorzugte Variante eine Verbindung zum Bergedorfer Bahnhof. Die Stadtbahn müsste in Höhe der Kreuzung Sander Damm/Weidenbaumsweg vom alten Schienenstrang auf den Sander Damm geführt werden. Sie würde vor der Bahnunterführung an der Busrampe zum ZOB nach rechts Richtung Bahnhof abbiegen und vor der Bergedorfer Straße/B 5 enden. Fahrgäste müssten den Rest des Weges zu Fuß gehen.
In einer anderen Variante würde die Bahn erst hinter der Unterführung scharf rechts abschwenken, dann über eine steile Rampe an das Gleis 5 auf der Lohbrügger Seite des Bergedorfer Bahnhofs angebunden. Dies wäre deutlich teurer. Die Studie geht – je nach Variante – von Investitionskosten von 40 bis 60 Millionen Euro aus.
Betriebskosten von 17 Millionen Euro im Jahr
Die Betriebskosten schätzen die Studienautoren – die Ingenieurgesellschaft für Verkehrs- und Eisenbahnwesen (Hannover) und das Forschungs- und Beratungsinstitut für Infrastruktur und Gesundheit (Berlin) – auf 16 bis 17 Millionen Euro pro Jahr.
Potenzial für die Geesthachter Stadtentwicklung
Es ist ein nüchterner Satz, aber er birgt großes Potenzial für die Geesthachter Stadtentwicklung. „Die Studie hat ergeben, dass eine Reaktivierung mit attraktiven Fahrtzeiten für die Reisenden möglich ist“, so das Fazit der Planer zur erhofften Bahnverbindung nach Bergedorf. Die Reaktivierung der Bahntrasse könne ein Erfolg werden.
Einer, der sich für das Projekt seit Langem in Geesthacht stark gemacht hat, ist Ali Demirhan. Erste Impulse seien bereits 1997 erfolgt, sagt der Fraktionschef der Stadt-Grünen. Die Aussicht auf eine positive Studie lässt ihn jubeln. „Ohne enormen Druck wären wir nicht so weit gekommen“, meint er. Seit 2012 gab es einen mächtigen Partner für die Grünen, die CDU begeisterte sich ebenfalls für das Projekt. Und auch Bürgermeister Olaf Schulze (SPD), damals Landtagsabgeordneter in Kiel, war dafür, weiß Demirhan.
Demirhan: Bahnanbindung wird kommen
Er meint, dass die Bahnanbindung nun zwangsläufig komme. „Im Vertrag der Kieler ,Jamaika-Koalition’ steht ja drin, dass stillgelegte Strecken reaktiviert werden können, sofern sie positiv bewertet werden“, erklärt er. Doch die Trasse verläuft auch auf Hamburger Gebiet, soll über Geesthacht, Escheburg, Börnsen und Bergedorf-Süd zum Bahnhof Bergedorf führen. „Anrainer müssen sich keine Sorgen machen“, meint Ali Demirhan. Er geht von einem „flüsterleisen“ Betrieb aus.
Die Studie geht von nur knapp 2500 Nutzern täglich aus. Demirhan erwartet 4500, setzt auf eine große P+R-Anlage, die auch Nutzer von außerhalb anlockt. Außerhalb von Geesthacht könnte ein Pendlerparkplatz östlich der Kreuzung der A 25 und der B 404 neben der Bahn entstehen. Dort soll es vor Escheburg einen weiteren Halt geben.
Während von der anderen Elbseite Dr. Susanne Dahm, Leiterin der Verkehrskoordination des Landkreises Harburg, nach Kiel zur Präsentation fährt, ist Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze nicht eingeladen. Gastgeber ist der bei der Planung federführende Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein Nah.SH. „Im Grunde ist nur Verwaltung eingeladen worden“, hat die Geesthachter Landtagsabgeordnete Kathrin Wagner-Bockey (SPD) als mögliche Erklärung vor Ort in Kiel in Erfahrung gebracht.
Bürgermeister Schulze: Ein langer Weg
Olaf Schulze nahm es sportlich: „Ich gehe davon aus, dass die Nah.SH uns informiert.“ Die positive Bewertung freue ihn natürlich. „Umso schneller der Bahnanschluss kommt, umso besser ist es.“ Aber es werde ein langer Weg, weiß Geesthachts Bürgermeister.