Geesthacht. Stadtwerke investieren viele Millionen in Fernwärme-Ausbau und großen Sonnenkollektor-Park. Wer davon profitiert.

Stadt und Stadtwerke Geesthacht werden nicht müde, für die Vorzüge der Fernwärmeversorgung zu trommeln. In nicht allzu ferner Zukunft soll etwa ein Viertel der in Geesthacht benötigten Wärme von den Stadtwerken geliefert werden, derzeit liegt der Anteil bei 16 Prozent.

Neben dem hohen Investitionsbedarf in Millionenhöhe und der für später geforderten CO-Neutralität der Energieversorgung gibt es ein weiteres Problem: Manche Bürger, die sich anschließen lassen möchten, fühlen sich ungenügend informiert oder hingehalten.

Fernwärme Geesthacht: Bürger klagen über schleppende Informationen

Beschwerden erreichen die Redaktion in unregelmäßigen Abständen. Von Geesthachtern, die auf die Frage, ob und wie ihr Haus ans Fernwärmenetz angeschlossen werden kann, die nüchterne Nachricht erhalten, das sei nicht möglich. Auf Nachfrage gibt es dann Auskünfte wie die, in der Nähe liege keine Fernwärmeleitungen. Aber keine Erläuterung, wann dies möglicherweise geändert wird – oder warum eben nicht.

Solche Erfahrungen kennt auch Michael Schröder. Er will seinen Schwiegereltern helfen, die im eigenen Anfang der 1970er-Jahre errichteten Einfamilienhaus wohnen.

Fernwärme Geesthacht: Wohnhaus aus den 1970er-Jahren wird nicht angeschlossen

Die alte Heizung ist marode. Was lag also näher, als darüber nachzudenken, ob nicht Fernwärme-Versorgung eine Alternative ist. „Dafür wird in Geesthacht viel geworben. Doch meine Schwiegereltern sagen mir, sie hätten schließlich nur die Auskunft erhalten, sie anzuschließen sei nicht möglich.“

Fernwärme Geesthacht: Infos, warum kein Anschluss möglich ist, sind dünn gesät

Der Rat eines Energieberaters, das Haus besser zu dämmen und auf Photovoltaik plus Wärmepumpentechnik umzurüsten, überzeugt den Schwiegersohn nicht: „Meine Schwiegereltern sind über 80, welche Bank gibt ihnen denn einen Kredit über etwa 100.000 Euro, um das alles zu finanzieren?“

Wenig überzeugend findet der Mittfünfziger auch den Online-Auftritt der Stadtwerke. „Ich musste selbst lang suchen, bis ich das Verzeichnis der Straßen und eine aussagekräftige Karte des Versorgungsgebietes gefunden habe“, so der Ingenieur. „Unter dem Icon ,Satzung über die Versorgung mit Fernwärme‘ vermutet man doch weder Straßenverzeichnis noch Karten.“

Fernwärme Geesthacht: Karte zum Versorgungsgebiet ist gut versteckt

Die Erreichbarkeit dieser Infos soll erleichtert werden, heißt es auf Nachfrage von den Stadtwerken. Mit einer neuen Pressemitteilung versuchen sie, die Aufmerksamkeit für ihr Angebot zu verbessern. Man habe feststellen müssen, dass die von der Stadt Geesthacht beschlossene Satzung zum Anschlusszwang https://www.abendblatt.de/region/kreis-lauenburg/geesthacht/article230848612/Mit-Fernwaermeausbau-die-Klimaschutzziele-retten.html an das vorhandene Fernwärmenetz noch nicht hinreichend bekannt sei, bedauert Stadtwerke-Prokurist Frank Schumacher.

Wer in den erschlossenen Gebieten neu baut, muss ans Fernwärmenetz. https://www.abendblatt.de/region/kreis-lauenburg/geesthacht/article234159151/Fernwaerme-Anschlusszwang-fuer-viele-Bauherren.html. Darüber hinaus wollen Stadt und Stadtwerke Immobilieneigentümer in den Versorgungsgebieten davon überzeugen, dass Fernwärme für sie im Falle einer anstehenden Heizungserneuerung die bessere Alternative ist.

Mit Fernwärme hohe Investitionen sparen

„Wer sich für Fernwärme entscheidet, erspart sich nicht nur weitaus höhere Investitionen in eine neue Heizung und Zusatzkosten, um den vorgeschriebenen Anteil von 15 Prozent regenerativer Energien zu erzeugen, etwa über zusätzliche Solarkollektoren“, sagt Schumacher. Für ein Einfamilienhaus addieren sich Kosten samt Technik und notwendigem Pufferspreicher schnell auf 25.000 Euro.

Stadtwerke übernehmen CO2-Einsparung

Fernwärmenutzer müssten sich für die Zukunft auch keine Sorge machen, wie sie den geforderten steigenden Anteil regenerativer Energien beziehungsweise die sich verschärfenden Vorschriften für CO2-Einsparungen realisieren. „Diese Aufgabe geben unsere Kunden an uns weiter“, so Schumacher:

Voraussichtlich 2035 solle die Fernwärmeversorgung CO-neutral geschehen. Die Stadtwerke würden etwa 30 Millionen Euro binnen kurzer Zeit investieren, um dem Ziel näher zu kommen.

Mehr Biomasse und sieben Hektar Solarkollektoren

„Wir erzeugen derzeit fast 60 Prozent der Fernwärme CO2-neutral, mit dem angestrebten Ausbau der Versorgung würde diese Quote jedoch zunächst auf etwa 40 Prozent fallen“, weiß Schumacher. Die Lösung sollen Biomassehttps://www.abendblatt.de/region/kreis-lauenburg/schwarzenbek/article234250463/Vision-fuer-Doerfer-Heizen-mit-Gruenabfaellen.htmlund eine Solarthermie-Anlage bieten: Zusätzliches aus Biomasse gewonnenes Gas, das in Blockheizkraftwerken Wärme und Energie erzeugt, und von einer großen Solarthermie-Anlage erzeugte Wärme, die unmittelbar ins Netz gespeist werden soll.

Wo findet das Solarthermiefeld Platz?

„Die Frage ist nicht, ob wir aus Solarkollektoren gewonnene Wärme ins Netz einspeisen, sondern wo wir diese gewinnen“, stellt Schumacher klar. In Planung sei eine etwa sieben Hektar große Anlage, deren Standort bislang noch nicht öffentlich ist. „Wir stehen in Verhandlungen über eine Fläche im Raum Geesthacht, es gibt Machbarkeitsstudien und eine Vorplanung.

Auch an Stromgewinnung über Fotovoltaik sei gedacht. Das Ziel ist wachsende Unabhängigkeit von fossilen Energien. Schumacher: „Wir wollen unsere Kunden bald von Mai bis Oktober CO2-frei mit Wärme versorgen.“

Bei maximal 30 Prozent Abdeckung ist Schluss

Steigende Nutzerzahlen für die Fernwärme wollen die Stadtwerke Geesthacht vor allem durch die Verdichtung in den Gebieten erreichen, in denen schon Leitungen liegen, die schon an die Versorgung angeschlossen sind. Besonders in und um die Innenstadt wollen Wohnungsunternehmen wie Vonovia das Angebot nutzen.

Tatsächlich fällt es vielen schwer, den geforderten 15-Prozent-Anteil regenerativer Energien beim Einsatz herkömmlicher Heizungen sicherzustellen, weil etwa die Hausdächer ungeeignete sind oder nicht genug Platz bieten für Solarthermie- oder Fotovoltaik-Kollektoren. Mit Vonovia ist eine Absichtserklärung unterschrieben, dass die Stadtwerke für rund 1200 der 1600 Wohnungen in Geesthacht die Fernwärmeversorgung sicherstellen.

Nur vereinzelt sollen zusätzliche Gebiete angebunden werden, etwa in Düneberg an der Beethovenstraße und der Silberbergschule. Angeschlossen werden sollen auch, wenn noch nicht geschehen, Schulgebäude in der Oberstadt wie auch das neue Kreisgesundheitsamt (das jetzige Impfzentrum). Stadtwerke-Prokurist Frank Schumacher: „Die 600 Meter neue Fernwärmeleitung, die wir dort verlegen, schlagen allein mit 1000 bis 1100 Euro je Meter zu Buche.“ Eine Komplettversorgung oder auch nur weitgehende Anbindung der Stadt ans Netz sei weder geplant noch finanzierbar: „Nach derzeitigem Stand sind maximal 30 Prozent denkbar.“