Geesthacht. Wo Leitungen liegen, müssen Neubauten oder Gebäude, die eine neue Heizung brauchen, angeschlossen werden. Es geht um die Klimabilanz.

Seit wenigen Tagen gilt in Geesthacht eine von der Ratsversammlung beschlossene Fernwärmesatzung. Neubauten wie auch Gebäude, deren Heizung erneuert werden muss, sollen künftig, wo vorhanden, an das Fernwärmenetz der Stadtwerke angeschlossen werden.

Den Begriff „Anschlusszwang“ mögen die Verantwortlichen nicht. Sie betonen, die Umstellung auf Fernwärme mache nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes Sinn: Ein Wechsel könne Kunden helfen, sich gegen steigende Kosten fossiler Brennstoffe und wachsende Kohlendioxid-Abgaben zu wappnen.

Noch ist nicht das ganze Stadtgebiet von Geesthacht mit Leitungen durchzogen

Zugleich soll die Satzung Stadt und Stadtwerken helfen, gesetzliche Vorgaben einzuhalten, Strafzahlungen zu vermeiden. Doch es ist keinesfalls das gesamte Stadt­gebiet von Fernwärmeleitungen durchzogen.

Zu den vorhandenen gut 16 Kilometern im Zentrum, in der Oberstadt und Düneberg sollen in absehbarer Zeit etwa drei Kilometer hinzukommen. Wobei jeder Ausbau-Kilometer mit rund einer Million Euro zu Buche schlägt.

2800 Wohnungen sind aktuell ans Fernwärmenetz angeschlossen

Das Ziel: Vor allem die dicht bebauten Areale und die Wohnblocks ­sollen erschlossen werden. Auch wer an einer Fernwärmetrasse in den eigenen vier Wänden lebt, erhalte die Chance, sich an das Netz anzuschließen, erläutert Stadtwerke-Prokurist Frank Schumacher, im Unternehmen zuständig für Wärmeversorgung und Klimaschutz. Aktuell werden in Geesthacht rund 2800 Wohnungen von den Stadtwerken mit Fernwärme versorgt, die meisten in Mietshäusern.

„Wenn ein Haus neu errichtet wird oder eine neue Heizungsan­lage eingebaut wird, ist es vorgeschrieben, dass die Gebäude Fernwärme nutzen – vorausgesetzt in den betroffenen Straßen liegen betriebsfertige Leitungen“, erläutert Jürgen Pflantz, Fachdienstleiter Umwelt der Stadtverwaltung.

Öffentliche Gebäude sollen mit Fotovoltaik-Anlagen ausgestattet werden

Beim Thema Klimaschutz sehen die Verantwortlichen Geesthacht auf einem guten Weg. „Wo es möglich ist, werden die öffentlichen Gebäude beispielsweise mit Fotovoltaik-Anlagen ausgestattet“, sagt Bürgermeister Olaf Schulze. „Es ist wichtig, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, die Klimaschutzziele zu erreichen.

Mit den Stadtwerken Geesthacht haben wir einen zuverlässigen Partner, mit dem wir vieles bewegen können.“ Die neue Satzung enthalte nicht nur die Forderung, neue Anlagen ans Fernwärmenetz anzuschließen, sondern auch das Recht dazu, diese klimafreundlichere Variante zu nutzen.

Anteil regenerativer Energie muss bis 2025 verdoppelt werden

Die Verantwortlichen stehen unter Druck: Bis 2025 muss der Anteil regenerativer Energie an der Heizwärme gut verdoppelt werden, auf mindestens 22 Prozent, hatten die Stadtwerke bereits vor einem Jahr vorgerechnet. Ansonsten drohe Geesthachts Verbrauchern eine zusätzliche Kohlendioxid-Abgabe.

Die Stadtwerke nutzen zur Energiegewinnung Blockheizkraftwerke: Einige werden mit Biogas befeuert, andere noch mit Erdgas. Die bei der Stromproduktion anfallende Abwärme wird mit hoher Energie­effizienz für die Fernwärmeversorgung genutzt. Die Stadtwerke nennen Zahlen: 60 Prozent der Wärme und zehn Prozent des Strombedarfs ihrer Kunden werden heute in BHKW erzeugt – doch eben nur zum Teil ohne Einsatz fossiler Brennstoffe.

Anschlussquote für Fernwärme muss bis 2025 verdoppelt werden

„Die Satzung über die Versorgung von Grundstücken mit Fernwärme ist ein Baustein zur Minderung der Treibhausgasemissionen und zur CO-freien Wärmeversorgung, die zukünftig ohne fossile Brennstoffe auskommen muss“, wirbt Markus Prang, Geschäftsführer der Stadtwerke. Diese stehen, wie auch die Stadt selbst, unter Druck, müssen die Kohlendioxid-Emissionen bis 2045 auf Null bringen.

„Wir werden die Anschlussquote für Fernwärme etwa verdoppeln, die Stadtwerke müssen dabei aber zugleich auch selbst den CO2-Ausstoß reduzieren“, erläutert Prokurist Frank Schumacher. Damit dieser Spagat gelingen kann, plant das Unternehmen mehrgleisig. Große Solar-Anlagen sollen helfen, den Energiebedarf emissionsfrei zu decken.

Stadtwerke setzen auf grünen Wasserstoff

Die Stadtwerke „haben mehrere Flächen im Auge“, Verhandlungen liefen, doch die Genehmigungsverfahren sind langwierig, klagt Schumacher: „Es ist doch kurios, wenn Umweltschutzauflagen Maßnahmen für den Klimaschutz entgegenstehen. Das muss in Einklang gebracht werden.“

Für den künftigen Betrieb der BHKW setzen die Stadtwerke außer auf Gas aus Biomasse auf grünen Wasserstoff. „In Deutschland produziert, wäre der viel zu teuer, den werden wir exportieren“, so Schumacher. Weitere Blockheizkraftwerke sollen den wachsenden Strom- und Wärmebedarf decken. „Das BHKW Hafencity wird durch ein zweites ergänzt werden“: Sie sollen 1500 Wohnungen versorgen.

Exportierter grüner Wasserstoff soll Erdgas ersetzen

Etwa 15.000 Euro werden im Schnitt für einen neuen Fernwärmeanschluss fällig, sagt Schumacher. Aus seiner Sicht eine lohnende Investition. Jüngst geänderte Gesetze zwingen Hauseigentümer im Falle eines Heizungstauschs, mit der neuen Anlage 15 Prozent des Wärmebedarfs mit regenerativer Energie zu decken.

„Wer neben einer neuen Heizung auf Solarkollektoren oder Wärmepumpen setzt, landet schnell bei 15 bis 20.000 Euro Gesamtkosten und mehr.“ Wer mit älteren, schlecht gedämmten Häusern einen höheren Anteil regenerativer Energie erreichen will, zahlt noch mehr.