Escheburg. Die Ukrainerinnen aus Escheburg: Wir berichten regelmäßig darüber, wie es den drei Frauen und ihren Kinder in Deutschland ergeht.
Jörn Stenner und Doris Rathje sowie deren Schwester Ina Rathje und Jürgen Wirobski wohnen gemeinsam in einem geräumigen ehemaligen Bauernhaus in Escheburg. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben sie sieben Flüchtlinge, drei Frauen mit ihren Kindern, und einen Hund am 10. März 2022 bei sich aufgenommen. Wir begleiten die „Ukrainerinnen aus Escheburg“ während ihrer Zeit in Deutschland und berichten, wie es ihnen hier ergeht.
Für den zwölfjährigen „Vanja“, der eigentlich Ivan heißt, und die gleichaltrige Alina war Freitag der große Tag: der erste Schultag in Deutschland. Knapp zwei Wochen nach ihrer Ankunft sind sie am Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) mit vier weiteren Kindern aus ihrer Heimat eingeschult worden. Am OHG gibt es drei DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) in die mittlerweile elf Kinder aus der Ukraine gehen.
„Wir haben schon zwölf Wörter gelernt. Mir hat es besser gefallen, als in der Schule in der Ukraine“, sagt Vanja. Alina, die in eine Parallelklasse geht, hat bereits Kontakt zu einer argentinischen Mitschülern geknüpft, die ebenfalls in Escheburg wohnt. „Wir hatten ein gutes Gefühl, nachdem wir sie in die Schule gebracht hatten“, sagten ihre Mütter Lesya und Ganna (gesprochen Anna) einstimmig.
Die Erwachsenen lernen bald Deutsch an der Volkshochschule Dassendorf
Nach Schulschluss kauften sie in Geesthacht noch schnell Schulhefte, am Montag wird dann noch einmal gemeinsam mit den Erwachsenen der Schulweg mit dem Bus geübt. Ab Dienstag sollen Vanja und Alina alleine fahren.
Der Andrang an Flüchtlingen ist so groß, dass das Otto-Hahn-Gymnasium nach den Osterferien eine vierte DaZ-Klasse einrichtet. Im Kreis Herzogtum Lauenburg waren am Donnerstag 1092 Menschen aus der Ukraine registriert, privat Untergebrachte nicht mitgerechnet. Sobald die Kinder im Alter zwischen zehn und 16 Jahren gewisse Deutsch-Kenntnisse erlangt haben, werden sie Stück für Stück in den normalen Schulbetrieb integriert.
„Wir haben ihnen aber zu einem Sprachkurs geraten“
Nach den Osterferien steht dann auch Deutsch für die Erwachsenen auf dem Stundenplan. An der Volkshochschule Dassendorf hat Ina Rathje einen Crashkurs organisiert, Erst-Orientierungskurs genannt. Diese werden vom Bund finanziert. An vier Tagen in der Woche steht für jeweils drei Stunden bis in den Sommer hinein der Spracherwerb auf dem Programm. Nach 300 Unterrichtseinheiten sollen sich die Teilnehmer im Alltag auf Deutsch zurecht finden können.
Zunächst wollten die Frauen arbeiten, hatten auch einige Möglichkeiten als Putzkraft in der Vamed-Klinik Edmundsthal oder bei der Bäckerei Zimmer. „Wir haben ihnen aber zu dem Sprachkurs geraten. Sprache ist erst mal wichtiger“, sagt Gastgeber Jörn Stenner.
Weitere Ukrainerinnen können ihre Heimat nicht verlassen
Er hat beobachtet, dass die anfangs verschlossen Frauen etwas aufgetaut sind. „Sie lachen jetzt häufiger. Hier ist richtig Leben in der Bude“, so Stenner. Die Ukrainerinnen helfen im Haushalt, kochen oft. Und am Donnerstag gab es abends Kartoffelsalat mit Würstchen.
Bis zum 16. April wohnen die Ukrainerinnen noch bei ihnen gemeinsam im Haus, anschließend wird eine Mietwohnung frei, die Stenner und Doris Rathje gehört. „Wir haben bald auch noch eine zweite Wohnung frei. Und das Schöne ist: Die alte Mieterin überlässt ihr Mobiliar den Flüchtlingen“, ist Jörn Stenner stolz. Denn bei den sieben Ukrainerinnen in Escheburg soll es nicht bleiben.
Sie waren die ganze Nacht und die meiste Zeit des Tages im Keller, hatten große Angst
Liudmyla versucht weitere Freunde aus der Ukraine zu holen. Ein Ärztin und deren Tochter können das umkämpfte Sumy im Nordosten des Landes aber nicht verlassen. „Oksana ist dort eine bekannte Ärztin. Wir haben sie am Donnerstag angerufen. Sie waren die ganze Nacht und die meiste Zeit des Tages im Keller. Sie haben große Angst“, erzählt Liudmyla.
Auch eine andere Bekannte aus Liudmylas Heimatstadt Kropywnyzkyi in der Zentral-Ukraine will sich mit ihrer Tochter auf den Weg nach Deutschland machen. Das trauen sich die Frauen jedoch nicht auf eigene Faust. „Jeden Tag versuchen sie, Personen zu finden, die sie sicher bis zur polnischen Grenze bringen können. Sie warten auch darauf, dass sich eine Gruppe gebildet hat. Wir hoffen wirklich, dass sie noch kommen können“, ist Liudmyla um die Sicherheit ihrer Bekannten besorgt.