Geesthacht. Bürger für Geesthacht bekommen Zuwachs von den Linken. Christoph Hinrichs wechselt die Fraktion. Das ist der Grund.

Diese Nachricht wirbelt die politische Landschaft in Geesthacht gehörig durcheinander: Christoph Hinrichs verlässt die Partei Die Linke und wechselt mit sofortiger Wirkung zu den Bürgern für Geesthacht (BfG).

Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen – vor allem für Die Linke, die ihren Fraktionsstatus verliert – , aber auch hinsichtlich der Besetzung der sieben Fachausschüsse der Stadt. Diese Gremien müssen wahrscheinlich nun alle ein Jahr vor der kommenden Kommunalwahl 2023 neu besetzt werden.

Fachausschüsse müssen neu besetzt werden

Bevor Christoph Hinrichs am Montag seine Entscheidung der Stadtverwaltung und seiner bisherigen Partei schriftlich mitteilte, war Die Linke in der Ratsversammlung durch Egon Bargisen und eben Hinrichs vertreten. Für die Bildung einer Fraktion sind mindestens zwei Mitglieder vorgeschrieben.

Einen Nachrücker kann die Partei auch nicht berufen, weil die Ratsmandate personenbezogen sind und Christoph Hinrichs seinen Posten behalten will.

Der BfG steht jetzt ein Ausschussvorsitz zu

Ohne Fraktionsstatus aber darf die Partei Die Linke keine Mitglieder mehr in die Ausschüsse entsenden. Das ist besonders bitter, weil hier die wichtige politische (Vor-)Arbeit erledigt wird, die von der Ratsversammlung häufig nur noch abgenickt wird.

Nur Mitglieder eines Ausschusses können auch politische Anträge stellen, also die Zukunft der Stadt konkret mitgestalten. Egon Bargisen darf den Sitzungen als Ratsmitglied lediglich noch beiwohnen und genießt auch Rederecht – allerdings ohne wirklichen Einfluss.

SPD stellt künftig vier anstatt drei Mitglieder

Die Besetzung der elf Sitze in den Fachausschüssen, zu denen etwa die Finanz- oder die Stadt- und Verkehrsplanung gehören, wird fortan unter den anderen fünf Parteien aufgeteilt. Dies geschieht nach dem komplexen sogenannten Höchstzahlverfahren nach Sainte Laguë/Schepers und hat zur Folge, dass die SPD künftig vier anstatt vorher drei Mitglieder stellt. Für die anderen ändert sich nichts, allerdings gäbe es jetzt eine rot-grüne Ausschuss-Mehrheit (siehe Grafik).

Was den jeweiligen Vorsitz der Ausschüsse angeht, verliert die SPD wiederum nach dem Höchstzahlverfahren einen ihrer drei Posten. Die CDU bleibt bei zwei, Grüne und FDP bei einem. Neu ist: Auch der BfG steht jetzt ein Sitz zu. „Wir werden diesen auch in Anspruch nehmen und haben vor allem Interesse am Bildungs- oder am Sozialausschuss“, betont der Fraktionsvorsitzende Volker Harburg.

Eine Absprache auf dem kurzen Dienstweg mit der SPD schließt er aus. Hintergrund: Die Parteien haben in der Reihenfolge SPD, CDU, Grüne, SPD, CDU, FDP, BfG Zugriffsrecht auf den Ausschussvorsitz. Wenn also die anderen Parteien erneut wie bei der ursprünglichen Vergabe entscheiden, müsste die BfG bei der nächsten Sitzung der Ratsversammlung am 13. Mai den Ausschuss nehmen, der am Ende übrig bleibt.

Christoph Hinrichs war erst 2016 von den Piraten zu den Linken gekommen

Christoph Hinrichs war nach Umzug 2016 in Die Linke eingetreten. Zuvor engagierte er sich in Preetz bei den Piraten und davor in der CDU. Noch bei der vergangenen Bundestagswahl trat er als Direktkandidat im Wahlkreis an.

Mit der Linie des Bundesvorstands konnte er sich danach nicht mehr identifizieren und trat zum Jahreswechsel aus den Linken aus. „Die waren mir zu dogmatisch, vor allem in der Sozial- und Friedenspolitik, die ich dann in Geesthacht auch vertreten musste. Ich bin von meiner Ausrichtung aber Kommunalpolitiker. Ich möchte etwas für Geesthacht erreichen“, erklärte Hinrichs.

Bis zum Ende der Legislaturperiode wollte er dies mit den Linken tun, doch es kam zum Zerwürfnis mit Bargisen. Als erste Konsequenz trat er zum 1. Februar als Fraktionsvorsitzender zurück. Damals angeblich aus beruflichen Gründen. „Ich wäre auch jetzt treu geblieben, wenn es auf sachlicher Ebene geblieben wäre“, sagte Hinrichs.

Linken-Fraktion erneut vorzeitig auseinandergebrochen

Für Egon Bargisen kam der Entschluss überraschend, wenngleich er zugibt: „Herr Hinrichs hat mit den Vorstellungen der Linken nicht viel im Sinn.“ Bereits die vergangene Wahlperiode hatte die Linken-Fraktion nicht bis zum Ende überdauert, damals hatte sich Bargisen, der den Ortsverband 2007 gründete, mit Birgit Gatermann und anderen Parteimitgliedern überworfen. Um die Zukunft der Linken in Geesthacht steht es schlecht. 2023 tritt der 75-jährige Bargisen nicht mehr an, andere Bewerber sind noch nicht bekannt. Derweil ist die Stimmung bei den Bürgern für Geesthacht blendend. „Wir freuen uns auf die fachliche und Unterstützung“, sagte der Vorsitzende Christian Barbarousis. 2018 hatten ehemalige Mitglieder der Freien Wähler die BfG gegründet.