Geesthacht. Neues Rohr ist deutlich dünner als das alte. Wie es derweil mit dem Atommüll-Zwischenlager weitergeht.

Ein imposantes Schauspiel gab es am Mittwochmittag an der Elbe am stillgelegten Kernkraftwerk Krümmel: Ein riesiger 400-Tonnen-Kran hat eine etwa 70 Meter lange Abwasserleitung vom Parkplatz vor dem Atomkraftwerk in die Elbe gehoben. Manch Spaziergänger und Autofahrer hielten spontan an, um zuzugucken.

Damit die Leitung auf voller Länge eingebracht werden konnte, hing sie an einer aus sieben Dreiecken bestehenden Traverse. Am obersten Haken hing ein Dreieck, darunter zwei kleinere und an jedem von diesen zwei weitere noch kleinere. Das Ganze erinnerte ein wenig an aneinander hängenden, überdimensionalen Triangeln. An denen wiederum hing das mit Beton ummantelte PVC-Rohr. Der Rohr-Durchmesser kam mit zehn Zentimetern vergleichsweise zierlich daher, derweil war das gesamte Gebilde etwa 40 Meter hoch.

Krümmel: Taucher verankern die Leitung am Grund der Elbe

Bei der Ausrichtung an die gewünschte Position zogen ein Binnenschiff von der Wasserseite sowie Arbeiter am Ufer und von kleinen Booten aus – die Strömung in der Elbe ist nicht nur an dieser Stelle tückisch.

Am Nachmittag war es schließlich so weit: Die Abgabe-Leitung war an Schwimmpontons befestigt und ausgerichtet. Noch bis zum Donnerstag, 16. März, verankern Taucher die Leitung am Grund der Elbe. Wenn die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt ist, geht sie in Betrieb. Die Vorarbeiten laufen, wie berichtet, bereits seit Jahresbeginn.

Krümmel: Kühlwasservolumen ist stark zurückgegangen

Als das Kernkraftwerk noch in Betrieb war, wurde das Abwasser gemeinsam mit dem zuvor aus der Elbe entnommenen Kühlwasser für die Brennelemente in den Fluss geleitet – und zwar 250.000 Kubikmeter in der Stunde.

„Der alte Kühlwasserkanal hat die Dimension eines U-Bahn-Schachts“, sagte Sprecher Karsten Wulff. Heute gelangt ein Bruchteil davon als über Verdampfer gereinigtes Abwasser in den Strom. Der derzeit nur mit einer Spundwand verschlossene Kanal erhält zeitnah eine Wand aus Beton.

Vattenfall rechnet jederzeit mit der Rückbaugenehmigung

Auf die Genehmigung für den Rückbau Krümmel wartet der Energiekonzern seit fast sieben Jahren. 2015 wurde das extrem komplexe Verfahren beantragt. Wie viele Aktenordner an die Aufsichtsbehörde geschickt wurden, hat Vattenfall nicht gezählt – so viele sind es.

Zuständig ist im schleswig-holsteinischen Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (kurz MELUND) die Abteilung Reaktorsicherheit und Strahlenschutz. Die Aufsicht richtet sich nach dem kerntechnischen Regelwerk, unter anderem dem Atomgesetz (Paragraf 7, Absatz 3), Verwaltungsvorschriften und Richtlinien. „Es ist ein Verfahren mit sehr vielen detaillierten Fachberichten aus verschiedenen Themengebieten, die geprüft werden müssen“, sagt Vattenfall-Sprecher Stefan Müller. Mit dem Abbau soll sofort begonnen werden, wenn die Genehmigung vorliegt. Vorarbeiten sind bereits gelaufen. Trotzdem wird es noch etwa 15 Jahre dauern bis zu einer grünen Wiese in Krümmel.

Decke des Atommüll-Zwischenlagers ist fertig gegossen

Derweil sind die Arbeiten an der einen Meter dicken Hallendecke für das Atommüll-Zwischenlager auf dem hinteren Kraftwerksgelände abgeschlossen. Sie hatten kurz vor Weihnachten begonnen und waren in drei Abschnitten erfolgt. Vattenfall baut ein „Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle am Zwischenlager“ (kurz LasmAaZ, gesprochen Lasma-A-Z). In der 65 Meter langen, 48 Meter breiten und 16 Meter hohen Halle finden 1200 Konrad-Container, benannt nach dem vorgesehenen Endlager Schacht Konrad, Platz. Etwa zwei Prozent der Abbaumasse in Krümmel, das seit dem Transformatorbrand 2007 praktisch nicht mehr am Netz war, sind schwach- und mittelradioaktive Stoffe.

Sie müssen hier so lange sicher aufbewahrt werden, bis das Bundesendlager in Betrieb ist. Das könnte ab 2027 der Fall sein. Vattenfall ist übrigens nur für die Errichtung des LasmAaZ zuständig. Im Herbst soll der Bau abgeschlossen sein. Betrieben wird es von der Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), die auch beim benachbarten Atommüll-Zwischenlager zuständig ist.