Geesthacht. Die Stadt ist der Planungsbezirk mit der größten Unterversorgung in Schleswig-Holstein. Nun wirbt Geesthacht um Mediziner.

Im Februar 2020 war Dr. Monika Schliffke zu Gast im Sozialausschuss von Geesthacht. Die damalige Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) berichtete, was eine Stadt attraktiv für junge Ärzte macht, um sich niederzulassen. Hintergrund waren die neuen Niederlassungs­erlaubnisse der KV, 12,5 Stellen für Hausärzte waren Geesthacht zugestanden worden. Eine der empfohlenen, kurzfristig umzusetzenden PR-Maßnahmen: Die Stadt sollte für sich als Standort auf der Seite der KVSH werben.

Gesagt, getan. Der Text mit dem Porträt von Geesthacht – „vielfältige Freizeit- und Erholungsangebote, moderne Sportanlagen, Theater und Museum, ÖPNV im 10 bzw. 20 Minuten Zeittakt“ – ist seit anderthalb Jahren eingebettet zwischen Büchen und Kastorf online. Als Ansprechpartner wird Wirtschaftsförderer Andreas Dreyer aufgeführt. Gebracht hat es nichts. Der Auftritt sei „bisher ohne Resonanz“, teilt die Stadt jetzt auf Anfrage mit.

Geesthacht wirbt um neue Hausärzte

Markus Knöfler wundert das nicht. „Ich bin überzeugt, es gibt keine kurzfristigen Lösungen“, sagt er. Diesmal war es der Geschäftsführer des Praxisnetzes Herzogtum Lauenburg, der als Gast auf dem jüngsten Sozialausschuss zu Gast war, um zum gleichen Thema zu referieren wie Dr. Monika Schliffke, nämlich zur „Stärkung des ärztlichen Standortes Geesthacht“.

„Geesthacht ist der Planungs­bezirk mit der größten Unterversorgung in ganz Schleswig-Holstein“, urteilte Markus Knöfler. Der Versorgungsgrad liegt demnach bei etwa 85 Prozent, noch zehn Hausarztplätze könnten besetzt werden. Hintergrund: Der Planungsbezirk Metropolregion Südost wird seit 2020 in kleine Mittelbereiche aufgeteilt, erst durch diesen neuen Zuschnitt – 18 Hausärzte werden durch die statistischen Grenzen erfasst – wird die magere Versorgungslage für Geesthacht darstellbar.

Entwicklungsplan soll Ärzte nach Geesthacht locken

Knöfler ist ein Experte, wie eine Stadt oder Region sich gut aufstellt in Sachen medizinischer Versorgung – hierzu zählt er auch Dienstleistungen wie Pflege und Apotheken. Geesthacht hatte ihn angesprochen für den Vortrag. Er ist auch Geschäftsführer des „Landarzt MVZ Rhön“, einem Verbund aus Haus- und Fachärzten.

Das noch junge Versorgungszentrum wirbt für sich mit „wohnortnaher Medizin außerhalb der Großstadt“. Es entstand als Reaktion auf einen drohenden Zusammenbruch der ärztlichen Versorgung, „vier Hausärzte hatten angekündigt, aufzuhören“, berichtet Markus Knöfler.

Dieses Konzept könne man „auf jeden Fall“ auch als Beispiel für Geesthacht sehen, sagt er. Knöfler rät zu einem Entwicklungsplan wie für die Industrie. Er fordert, Konzepte, die man in anderen Bereichen anwendet, auch im Gesundheitswesen anzuwenden. Wenn man in die nötigen strukturellen Prozesse einsteige, könne hier in zwei bis drei Jahren eine attraktive Umgebung entstehen.

Geesthacht: Vorbildlicher Mix im Viertel rund ums KTS

Einen für ihn vorbildlichen Mix hat er ausgemacht im Viertel rund um das KTS mit Apotheken, dem Zentrum für Schwerkranke, dem MVZ, einem Optiker, Hörgeräteakustiker und Facharzt auf engem Raum. Solch eine Infrastruktur gilt es zu entwickeln, in so einer „Cluster-Bildung“ fühlten Mediziner sich wohl.

„Und es ist ja auch eine große Chance in Zeiten, wo Innenstädte aussterben.“ Werbung für den Standort dürfte dann auch über Mund-zu-Mund-Propaganda laufen. „Ärzte kennen Ärzte, sie machen Fortbildungen, so funktioniert das.“