Geesthacht/Ratzeburg. Die Pandemie droht viele Kliniken wegen Einnahmeausfällen in die Pleite zu treiben: Kiel schiebt Verantwortung nach Berlin.
Von der Öffentlichkeit unbemerkt hat der Kieler Landtag vergangene Woche über die Krankenhausfinanzierung in der Corona-Pandemie einen Beschluss gefasst. Ohne Beratung wurde eine Vorlage der Jamaika-Koalition verabschiedet: CDU, Grüne und FDP wollen den Ball zurück an den Bund spielen.
Derweil droht bundesweit vielen kleinen Kliniken die Luft auszugehen, weil sie seit Herbst keine Ausgleichszahlungen für besondere Maßnahmen in der Corona-Pandemie, für Auslastungsbeschränkungen und schwindende Patientenzahlen mehr erhalten.
Krankenhausfinanzierung: Wer rettet die kleinen Kliniken?
Auch der Kieler Koalition sind wachsende Existenznöte nicht entgangen. Dass Kliniken der „Basisnotfallversorgung“ nur unter der Voraussetzung finanzielle Unterstützung erhalten, dass der Anteil freier Intensivbetten unter 15 Prozent sinkt (für größere Kliniken gelten 25 Prozent als Schwellenwert), ist auch aus Sicht von CDU, Grünen und FDP ein Fehler im System, ebenso die Festlegung einer Mindestinzidenz: „Auch bei niedriger Inzidenz“ könne es erforderlich sein, Betten frei zu halten, „um eine räumliche Trennung von infektiösen und nicht infektiösen Patienten sicherzustellen“, so der Antrag.
Im Gegensatz zum abgelehnten Vorstoß der SPD-Fraktion schweigt sich die Koalition zur Rolle des Landes jedoch aus. Anders die Opposition: „Das Land muss, sofern die Lage einzelner oder aller Krankenhäuser es erfordert, auch selbst mit eignen Finanzmitteln hierfür eintreten“, fordert die SPD. Es dürfe nicht riskiert werden, „dass der Bestand der Krankenhauslandschaft massiv gefährdet wird“.
Kathrin Bockey (SPD): „Ein Teil der Basiskrankenhäuser soll ausbluten“
Kathrin Bockey (SPD) ist ärgerlich: „Der Bund hat die Zuständigkeit und die Mittel für die Unterstützung der Krankenhäuser an die Länder abgegeben“, stellt die Geesthachter Landtagsabgeordnete klar. Die Bedarfsplanung sei grundsätzlich Aufgabe der Länder, ebenso die dafür notwendigen Investitionen.
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Wer wie die Kieler Landesregierung kleinen Krankenhäusern finanzielle Hilfe aus vorhandenen Mitteln verweigere, verfolge offensichtlich andere Ziele. Bockey: „Ein Teil der Basiskrankenhäuser soll ausbluten, auf diesem Weg die Kliniklandschaft ausgedünnt werden.“
Finanzielle Unterstützung fehlt, die der Bund bis Herbst 2020 noch geleistet hat
Für den Kreis Herzogtum Lauenburg ein beängstigendes Szenario: Die einzigen Krankenhäuser in Geesthacht (Johanniter) und Ratzeburg (DRK) sind beide kleinere Häuser der Grund- und Regelversorgung und damit im Nachteil gegenüber größeren Häusern wie etwa in Reinbek oder Bergedorf „Auch uns fehlt die finanzielle Unterstützung, die der Bund bis Herbst 2020 geleistet hat“, bestätigt Dr. Robert Preuss, Chefarzt der Inneren Medizin in Ratzeburg.
Zwar habe man, anders als Geesthacht, nicht komplette Stationen schließen müssen, um den Bestimmungen für die Behandlung von Covid-19-Patienten zu genügen. Doch Beschränkungen wie auch die Angst anderer Patienten vor einer Infektion ließen ein Viertel bis ein Drittel der Betten unbelegt. Preuss: „2021 ist eine kritische Situation. Aber da wir in den Vorjahren nie Rote Zahlen geschrieben haben, haben wir noch ein wenig Luft.“
Gesundheitsminister Spahn erwägt Neuregelung anhand von Inzidenzwerten
Carsten Schwaab, Geschäftsführer des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht, begrüßt, dass Jamaika-Koalition wie SPD-Opposition erkannt haben, dass alle von der Pandemie betroffenen Kliniken Unterstützung benötigen.
Er setzt darauf, dass in Schleswig-Holstein eine von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigte Neuregelung greift: Sie soll vorsehen, dass Länder anspruchsberechtigte Krankenhäuser ab einer Inzidenz von 50 statt bislang 70 benennen können, wie die „Ärzte-Zeitung“ berichtet.
Inwieweit dies für Ratzeburg und Geesthacht greifen kann, bleibt unklar. Beide Krankenhäuser gelten nur als Standorte der Regel- und Grundversorgung. Eine Idee: Sie könnten mit den Krankenkassen einzeln über einen Ausgleich für Einnahmeausfälle verhandeln.
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