Geesthacht. Weil die geselligen Kurstreffen coronabedingt ausfallen, lehrt Günter Lemke aus Geesthacht Niederdeutsch nun via Smartphone.
Das Leben benötigt Rituale. „Erst mache ich die Küchenarbeit, dann schreibe ich“, sagt Günter Lemke. Wenn er sein Werk auf dem Handy vollendet hat, drückt er auf Senden. 15 Mobiltelefone in der Region um Geesthacht melden dann den Eingang einer neuen Nachricht. Und 15 Menschen versuchen anschließend, etwas vom Hoch- ins Plattdeutsche zu übersetzen. So geht das nun seit einem Jahr an fast jedem Sonnabend. Seit März 2020, als die Einschränkungen wegen des Corona-Virus begannen.
Günter Lemke hatte im Oktober 2017 in Hamwarde erst eine Plattdeutsch-Runde für Fortgeschrittene ins Leben gerufen, knapp ein halbes Jahr später noch eine für Anfänger. Damit diese ihre erworbenen Sprachkenntnisse nicht wieder verlieren, weil die Treffen im Gemeinderaum im Hamwarder Pastorat in der Pandemie nicht möglich sind, hat der ehemalige Bauunternehmer eine WhatsApp-Gruppe gegründet: Plattdütsche Geschichten heißt sie.
Austausch in der WhatsApp-Gruppe "Plattdeutsche Geschichte"
Das jüngste Mitglied ist 25 Jahre alt, die ältesten sind etwa Mitte 50. Günter Lemke selbst ist Jahrgang 1940 und möchte, dass das Plattdeutsche vor Ort nicht ausstirbt. Interessenten können sich gern bei ihm melden unter 04152/726 03.
Die Mitteilungen, die er in sein Handy spricht und als Tondatei versendet, dauern knapp eine Minute. Eingebettet in kleine An- und Abmoderationen op Platt findet sich ein Satz auf Hochdeutsch. Dieser wird von den Anfängern übersetzt und zurückgeschickt.
Lemke übersetzt auch Lieder und Witze ins Plattdeutsche
Der Bezug ist oft tagesaktuell. „Heute am 20. März um 17.45 Uhr bekam ich meine erste Impfung“, lautete eine der Übungsaufgaben. „Die meisten haben Probleme mit Uhrzeiten und Zahlen“, sagt er. Darum sind sie in vielen Mitteilungen von ihm zu finden. „Hüt an’ twinndigsten drütten um Klock viertel vör söss bekaam ik miene erste Impfung“, lautete die richtige Übersetzung. „Wenn ich merke, es ist zu schwierig, weil sich weniger melden, rudere ich zurück“, sagt er. „Unser Platt ist dem Mecklenburger Platt ähnlich“, erklärt Lemke, der als Kind mit der Plattdeutschen Sprache aufgewachsen ist. „Die Hamburger dagegen machen das A zum O, sagen also Woder statt Wader.“
Günter Lemke hofft, dass zum Oktober wieder die regulären Treffen möglich sein werden, donnerstags von 17 Uhr an kamen vor Corona die Anfänger, freitags um 17 Uhr setzten sich die Fortgeschrittenen zusammen. Es sind bunte Abende.
Lemkes Ziel: Platt soll mal richtig ,in’ werden
Lemke liest aus eigenen Geschichten, ihm schwebt vor, sie mal in einem Buch zusammenzufassen. Es werden Volkslieder gesungen – allerdings meistens auf Hochdeutsch. Lemke hat zwar einige ins Platt übersetzt, aber da waren Text und Melodie nicht mehr passgenau, so hat er es eingestellt. Erfolgreicher sind da schon die Witze, die er übersetzt hat.
„Wenn so etwas keiner macht, ist die Sprache weg“, erklärt er seine Aktivitäten. Die Hoffnung: „Vielleicht kommt mal eine andere Zeit, wo Platt wieder richtig ,in’ wird. Das ist mein Ziel.“