Geesthacht. Umweltschützer mahnen: Ohne rasche Sanierung droht Zusammenbruch der Fischpopulation. Online-Diskussion stößt auf breites Interesse.

Selbst der Veranstalter, der Grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz, war positiv überrascht: Dass mehr als 60 Interessierte die Online-Diskussion um die Instandsetzung der Geesthachter Fischtreppe verfolgten, zeige doch, wie groß das Interesse an einer Lösung ist. Wer der Expertenrunde mit einem knappen Dutzend Teilnehmer bis zum Schluss folgte, konnte einerseits erfahren, dass noch viel Zeit bis 2023 verstreichen soll, bis die größten Hürden auf der Nord- und auch der Südseite der Elbe beseitigt sein sollen. Und dass andererseits genau diese Zeit fehlt.

Neben von Notz und den Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer (SPD, Herzogtum Lauenburg) und Dr. Julia Verlinden (Grüne, Niedersachsen) hat auch der Kieler Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) teilgenommen, außerdem Landes- und Lokalpolitiker sowie Vertreter der Umweltorganisationen Nabu und BUND und vom Bündnis „Rettet die Elbe“.

Bund signalisiert Interesse und will die Geesthachter Fischtreppe abkaufen

Die größten Erkenntnisse konnten die Zuhörer aus den Äußerungen von Prof. Hans-Heinrich Witte von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ziehen. Auf ein Schreiben an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gibt es laut Scheer bisher keine Antwort. Doch Witte stellte in der Diskussion klar: „Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung hält die Passierbarkeit des Wehres Geesthacht für unverzichtbar.“

Zugleich widersprach Witte jedoch der SPD-Abgeordneten und Umweltpolitikerin: Der von ihr beauftragte wissenschaftliche Dienst des Bundestages habe auch festgestellt, dass der Energiekonzern Vattenfall „zu 100 Prozent für die Heberanlage zuständig ist“. Als Notlösung errichtet, habe sie funktioniert, die Fische per Lockströmung zur Fischtreppe geführt. Dann habe die Anlage jedoch witterungsbedingt demontiert werden müssen. Angesichts von Forderungen der SPD-Landtagsabgeordneten Kathrin Bockey, den Druck auf Vattenfall zu erhöhen, mahnte Witte, seinem Haus Zeit zu geben: Es dauere, mit Vattenfall in „nicht ganz einfachen Verhandlungen“ zu einer Gesamtlösung für die Fischtreppe zu kommen.

Gutes Signal: Bund akzeptiert seine Verantwortung

Genau diese Zeit halten Umweltschützer jedoch für überaus knapp. „Soll es denn heute darum gehen, wie wir Fischen das Fliegen beibringen können?“, fragte etwa Biologe Thomas Behrends (Nabu). Es sei jedoch zumindest ein gutes Signal, dass der Bund seine Verantwortung akzeptiere, auch wenn die Anlage bislang Vattenfall gehöre.

Wie Behrends machte auch Klaus Baumgardt vom Förderkreis „Rettet die Elbe“ klar, dass die Aufstiegshilfen für die Fische nicht außer Betrieb bleiben dürfen, bis alle notwendigen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten an Nord- und Südufer abgeschlossen sind. „Wenn es noch zwei Jahre dauert, beschleunigt dies die Abwärtsspirale.“ Mit jeder Fischgeneration, die gehindert werde, die Laichgewässer elbaufwärts zu erreichen, verringere sich die Population. „Wenn dies so weitergeht, gibt es in 15 Jahren keine Forellen, keine Lachse und vermutlich auch keine Stinte mehr, die die Elbe hochwandern.“

Aktuell machen viele Schwarzangler an Nord- und Südufer reiche Beute

Dass eine Lösung mehr Geld kosten wird als Reparatur-, Bau- und Planungskosten, ahnt nicht nur Konstantin von Notz: „Soll der Bund die von Vattenfall verantwortete Anlage jetzt kaufen? Vattenfall kann doch die Fische nicht als Geiseln nehmen, um damit ein Geschäft zu machen.“

Sein Amt verhandele mit Vattenfall, „um das Bauwerk zu übernehmen“, bestätigte Witte. „Das ist nicht ganz trivial, daher hoffen wir auch auf Unterstützung aus Schleswig-Holstein.“ Dazu blieb der Kieler Umweltminister Albrecht eine Antwort schuldig.

Immerhin sage er zu, gemeinsam mit dem Kreis Herzogtum Lauenburg ein Augenmerk auf die Fischereiaufsicht zu legen. Derzeit nutzen nicht nur Möwen die sich stauenden Fische besonders vor der niedersächsischen Elbseite als reich gedeckten Tisch. Auch viele Schwarzangler an Nord- und Südufer machen aktuell reiche Beute.