Geesthacht. Neues Forsteinrichtungswerk legt fest, was in den nächsten zehn Jahren geschieht. Montag entscheidet Ausschuss. Breites Bündnis steht.

Die Aufforstung der Geesthachter Heidberge hat Dr. Lutz Fähser als Kind miterlebt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vor allem Lärchen und Fichten auf dem 100 Hektar großen Areal gepflanzt. Gleiches gilt für die Besenhorster Sandberge (130 Hektar), die heute zusammen den Geesthachter Stadtwald bilden.

„Als ich Kind war, waren die Bäume drei bis vier Meter hoch. Wir sind oft im Winter zum Schlittenfahren da gewesen“, erinnert sich Fähser, der 1964 sein Abitur zusammen mit dem früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel am Otto-Hahn-Gymnasium gemacht hat.

Geesthachts Stadtwald auf dem Weg zum „Urwald“

Das Schicksal des Stadtwaldes liegt dem renommierten Diplom-Forstwirt, der in Forstlicher Betriebswirtschaft promoviert hat, am Herzen. Sein „Lübecker Konzept“, dass er als Forstdirektor des Lübecker Stadtwalds für eine naturnahe Waldnutzung entwickelt hat, soll nun auch in Geesthacht Anwendung finden.

Dafür hat sich ein Pakt aus mehreren Parteien, Naturschutzverbänden und einer Anwohner-Interessengemeinschaft gebildet.

Ausschuss-Mehrheit für eine Umwandlung bahnt sich an

Ihr Ziel: Wenn der Ausschuss für Umwelt und Energie am kommenden Montag (18 Uhr, Berliner Straße) über das neue Forsteinrichtungswerk berät, das für zehn Jahre festlegt, was im Stadtwald geschehen soll, werden sie für das „Lübecker Konzept“ plädieren. Bündnis 90/Die Grünen haben die SPD, Die Linke und Bürger für Geesthacht auf ihrer Seite und damit eine Mehrheit von sieben Stimmen unter den elf Ausschussmitgliedern.

Dr. Lutz Fähser hat das „Lübecker Konzept“ für Waldnutzung entwickelt.
Dr. Lutz Fähser hat das „Lübecker Konzept“ für Waldnutzung entwickelt. © Unbekannt | Privat

„In den vergangenen 20 Jahren haben wir den Wald so geformt, wie er jetzt ist. Damit sind wir gut gefahren. Jetzt soll es ein naturnaher Urwald werden“, sagt Ali Demirhan, der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Anders, als jetzt praktiziert, sollen keine großen Bäumen mehr entnommen werden, um mehr Licht an den Boden zu bekommen.

Viel Schatten und wenig Wind wichtig für den Wald

„Dadurch käme mehr Trockenheit und Hitze in den Wald. Das fördert den Klimawandel“, betont Lutz Fähser. Wichtig sei, dass im Wald viel Schatten ist und wenig Wind weht. Zudem verweist Ali Demirhan auf eine Studie des Nabu, nach der sich 90 Prozent der Bäume im Wald aussähen.

Die Teile des Geesthachter Stadtwaldes, die sich in gut 70 Jahren schon naturnah entwickelt haben und gut mit Buchen oder Eichen durchmischt sind, sollen komplett sich selbst überlassen und zum Urwald werden.

Heidberge könnten als nächstes unter Naturschutz gestellt werden

Eingriffe sollen sich auf Verkehrssicherung entlang der Wege oder besondere Flächen wie die Heidepflanzen im Kuhgrund beschränken. Auch eingeschleppte Pflanzen wie die Spätblühende Traubenkirsche aus Nordamerika können „bekämpft“ werden.

Die Geesthachter Verwaltung soll auf Wunsch der Befürworter des Urwaldes zudem prüfen, ob die Heidberge unter Naturschutz gestellt werden können. „Nicht, dass es falsch verstanden wird: Alle Menschen sollen unseren Wald auch weiterhin bewusst erleben können“, sagt Ali Demirhan.

Greenpeace hat Fähsers Konzept weltweit übernommen

Sollte der Wald unter Naturschutz gestellt werden, können dafür sogar Fördermittel vom Land beantragt werden. Diese lägen laut Demirhan deutlich über den bislang rund 12.000 Euro, die die Bewirtschaftung des Stadtwaldes bislang einbringt.

Derweil, und das könnte die bislang nicht überzeugten Mitglieder von CDU und FDP umstimmen, ist eine teilweise Bewirtschaftung der noch nicht naturnahen Bereiche des Stadtwaldes möglich. „Auch der Lübecker Stadtwald ist ein Wirtschaftswald. Das ist ja der Clou“, betont Lutz Fähser. Die Umweltorganisation Greenpeace hat sein Konzept begutachtet und weltweit übernommen.

„Der Wald ist kein Acker, sondern ein natürliches Ökosystem“

„Der Sinn der Waldwirtschaft ist, dass der Wald sich aus sich selbst heraus trägt. Der Wald ist ja kein Acker, sondern ein natürliches Ökosystem“, sagt Lutz Fähser und ergänzt: „Waldkonzepte sind immer langfristig und sollten sich nicht an politischen Mehrheiten ausrichten.“